Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Bauchumfang älterer Menschen mit Konsum süßstoffhaltiger ‚Light‘-Getränke assoziiert


Bochum, 22. März 2015:

In der San Antonio Longitudinal Study of Aging (SALSA) wurde bei 745 älteren Menschen >65 Jahre untersucht, wie sich der Bauchumfang bei Konsum von „Diet Soda“ über eine Beobachtungszeit von insgesamt 9.4 Jahren verhält. Es wurden jeweils Zeiträume von 1992-1996 bis 2003-2004 verglichen. Die beobachtete Zunahme des Bauchumfanges war mit dem Ausmaß des Konsums von „Light“-Getränken assoziiert (1).

Die Daten wurden für den initialen Bauchumfang, demographische Charakteristika, körperliche Aktivität, Diabetes mellitus und Rauchen adjustiert. Bei den Personen, die nie Diet Soda tranken, nahm der Bauchumfang nur um 0.8 inches zu, bei gelegentlichem Konsum um 1.83 inches und bei täglichem Trinken um >3 inches. Die Autoren schließen aus ihren Resultaten, dass diese eindeutige Dosis-Wirkungsrelation in der Zunahme der abdominellen Adipositas ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei reichlichem Genuß von Light-Getränken bedeuten könne.

Kommentar

Nach der Publikation israelischen Autoren über ein möglicherweise durch Süßstoffe erhöhtes Diabetesrisiko (2) wurde eine potenziell schädigende Wirkung von Süßungsmitteln eingehend in der Fach- und Publikumspresse diskutiert. Auch die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat sich damit geäußert (3). Ein Einfluss auf das Mikrobiomdes Darmes wurde als eine Erklärungsmöglichkeit herangezogen. Freilich äußerten viele auch die Meinung, dass man, wenn man durch „Light-Getränke“ Kalorien einspare, psychologisch gesehen sozusagen „berechtigt“ sei, etwas mehr zu essen. Diese Erklärung wird auch für die Ergebnisse der neuen Studie an älteren Menschen diskutiert.

Helmut Schatz

Literatur

(1) S.P. Fowler et al.: Diet soda intake is associated with long-term increases in waist circumference in a biethnic cohort of older adults: The San Antonio Longitudinal Study of Aging.
J. Amer. Geriatr. Soc 2015. 17 March. DOI/10.1111/jgs.13376/full

(2) J. Suez et al.: Artificial sweeteners induce glucose intolerance by altering the gut microbiota.
Nature. 2014 Sep 17. doi: 10.1038/nature13793. [Epub ahead of print]

(3) K.D. Döhler: Süßstoffe könnten das Diabetes-Risiko erhöhen.
DGE-Blogbeitrag vom 23. September 2014

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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6 Antworten auf Bauchumfang älterer Menschen mit Konsum süßstoffhaltiger ‚Light‘-Getränke assoziiert

  1. Anja Krumbe sagt:

    Die Schlussfolgerungen aus der vorliegenden Arbeit zum Konsum von Diätgetränken bei älteren Menschen sollte man wegen der Beschränkungen der Studie eher mit Vorsicht behandeln.

    Die Studie weist mehrere Schwachpunkte auf. So handelt es sich bei der Studie um eine Kohortenstudie (epidemiologische Beobachtungsstudie), d.h. bereits das Studiendesign ist so angelegt, dass zwar ein möglicher Zusammenhang, nicht jedoch eine Ursache-Wirkungsbeziehung zwischen zwei Faktoren aufgezeigt werden kann.
    Die Aussagekraft wird zudem dadurch limitiert, dass die Daten aus der San Antonio Longitudinal Study of Aging (SALSA) aus den frühen 1990er Jahren und dem Followup aus den Jahren 2003- 2004 stammen, bei dem von den 749 ursprünglichen nur noch 375 Personen erfasst werden konnten. Dabei wurde nur bei 40 Probanden, die täglich mehr als ein „Diätgetränk“ zu sich nahmen, durch die Wissenschaftler ein erhöhtes kardiometabolisches Risiko festgestellt. Begründet wird dies durch einen nicht signifikant höheren BMI und Bauchumfang, im Vergleich zu der „non-diet soft-drinking“ Gruppe. Jedoch wurden keine Daten über tatsächlich stattgefundene kardiale Ereignisse erfasst.
    Nicht berücksichtig wurde bei der Interpretation der Ergebnisse, dass 87 Prozent der Teilnehmer, die mehr als 1 mal täglich zum Light-Getränk griffen übergewichtig oder adipös waren und somit das Getränk bereits Teil einer diätetischen Maßnahme gewesen sein kann, um eine weitere Gewichtszunahme zu verhindern. Das Gleiche gilt für die 24 Prozent der „Diät-Trinker“, die zum Zeitpunkt der Datenerfassung bereits eine Diabetes Erkrankung hatten und der Einsatz von süßstoffgesüßten Produkte als Reaktion auf ihre Erkrankung, um Blutzuckeranstiege zu vermeiden, verstanden werden kann. Aufgrund der fehlenden Informationen über diätetische Maßnahmen der Probanden, lassen sich entsprechend auch die Ergebnisse nicht eindeutig zuordnen.
    Gänzlich außer Acht gelassen wurde zudem die Tatsache, dass es ganz normal ist, dass alle Männer und Frauen im Alter Muskelmasse verlieren und es in der Regel dabei eine Zunahme im Bauchfett gibt.
    Wegen der aufgezählten Schwachstellen der vorliegenden Arbeit, insbesondere dem fehlen wichtiger Informationen wie z.B. Ernährungsprotokolle oder familiäre Dispositionen der Probanden, ist davon abzuraten auf Basis der Studienergebnisse Empfehlung bezüglich Diätgetränken zu formulieren.

  2. kritikus sagt:

    Eine Frage in Ehren: sind Sie in der PR-Abteilung der Süßstoffindustrie tätig?

  3. Lieber kritikus, habe auf deine Frage hin Anja Krumbe gegoogelt. Seit 2006 berät sie den Deutschen Süßstoffverband.

  4. Anja Krumbe sagt:

    Habe leider erst heute die Frage um meine Person hier gelesen. Es ist richtig, ich beschäftige mich bereits seit sehr vielen Jahren (seit 2001) mit der Thematik „Süßstoffe“ und mache daraus auch kein Geheimnis. Ich habe auch hier meine Kontaktdaten (Süßstoff Verband) angegeben. Wenn sie mich für unglaubwürdig halten, weil ich mich sehr intensiv mit der Thematik befasse, frage ich mich wie glaubwürdig dann die für sie sind, die zwar „unabhängig“ sind, aber Halbwissen verbreiten und damit nur Unsicherheit und Verwirrung verbreiten.

  5. Kritikus sagt:

    Liebe Frau Krumbe, Ich habe mir nur erlaubt, eine neutrale Frage zu stellen. Da von Ihnen 5 Tage keine Reaktion kam, hat sie dann Prof. Schatz wohl als der Betreuer des Blogs sachlich .beantwortet. Warum dann Ihre heftige verbale Reaktion mit Ausdrücken wie „Halbwissen“, „unglaubwürdig“ und Unsicherheiten und Verwirrung“?“

  6. Max sagt:

    Warum bezeichnen sie die Autoren der SALSA Studie als halbwissend, unglaubwürdig und Verwirrung verbreitend?

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