Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Der Bergarzt Carl Arnold Kortum und seine „Jobsiade“


Dr. Carl Arnold Kortum, geboren 1745 in Mühlheim a.d. Ruhr, war jahrzehntelang angesehener Bergarzt in Bochum, wo er 1824 starb. Nach ihm ist die „Kortum-Medaille“ benannt, welche heute die Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität als hohe Auszeichnung an Persönlichkeiten verleiht, die sich um die Fakultät der verdient gemacht haben. Ausserhalb Bochums ist aber weitgehend vergessen ist, dass Kortum 1784 ein „grotesk-komisches Heldengedicht“, die „Jobsiade“ verfasst hat, welches in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als 4. Band in die Reihe „Humor der Weltliteratur“ eines Berliner Buchverlags aufgenommen wurde. In dieser war  als Band 2 immerhin Mark Twains „Ein  Yankee am Hofe des Königs Artus“ erschienen.

Das flotte deutsche Studentenleben vergangener Jahrhunderte ist wohl allgemein bekannt. Dennoch mag es für unsere Studierenden, eingezwängt in das heutige strenge Lern- und Leistungschema an den Hochschulen amüsant sein, Kortums köstliche Knittelverse über  Hieronimus Jobs zu lesen. Dieser verbummelte Student der Theologie, der als Nachtwächter endete, entsprach tatsächlich dem verbreiteten Klischee über vergangene Studententage. Auszugsweise sollen einige Passagen aus einer Ausgabe vom Jahre 1942 gebracht werden.

Dreizehntes Kapitel.
Wie Hieronimus auf der Universität gar fleißig die Theologie studiren thät.

Gleichergestalten und imgleichen fanden
Sich auch hier solche aus allerlei Landen
Und jährlich kamen noch viele herbei
Um zu studieren mancherlei.

Zum Exempel die Theologiam,
Jura, Medicin und Philosophiam
Was man sonst für gute Künste hält,
Zum Fortkommen dereinstens auf der Welt.

Die meisten aber, anstatt zu studiren,
Thaten nur ihre Gelder verschlemmiren
Und lebten lustig und guter Ding,
Indessen die edle Zeit verging.

Wein, Tabak und Bier war sein Leben,
Er that dabei die Stimme erheben,
Wenn er mit lautem und starken Klang
Das Gaudeamus igitur sang.

Im Raufen und Schlagen fand er Vergnügen,
Täglich that er in der Schenke liegen
Ging aber auch, alle zwei Monat einmal
Zur Abwechslung in den Kollegiensaal.

Vierzehntes Kapitel.
Welches die Kopei enthält von einem Briefe, welchen nebst vielen anderen der Student Hieronimus an seine Eltern schreiben thät

Ich melde hierbei
dass es mir fehlet an Gelde,
Habet also die Gewogenheit
Und schicket mir bald eine Kleinigkeit.

Ich studire täglich recht fleißig.
Sendet mir doch täglich die dreißig
Dukaten, sobald als möglich ist, her,
Denn mein Beutel ist jämmerlich leer.

Die Bettelei setzte sich seitenlang fort, die geforderte Summe wuchs und wuchs. Auch für die Pflege durch eine Wärterin bei einer vorgeblichen Erkrankung bat er um sieben Gulden. Der Vater aber durchschaute Hieronimus und antwortete:

Da auch eine Wärterin, wie ich gelesen,
In der Krankheit bei dir ist gewesen
So reichte für diese Aufwärterin
Statt sieben, ein einziger Gulden hin.

Wenn sie nicht etwa sonst, vor diesen,
Liebesdienste andrer Art dir erwiesen,
Denn lieber Sohn! Ich schließe dies
Schier aus den sieben Gulden gewiß.

 

Der Referent hat kürzlich die „Jobsiade“ von Carl Armin Kortum mit grossem Amüsement gelesen. Einige Wochen zuvor hatte er im Essener Folkwang-Museum wieder einmal die Bilder von Carl Gustav Carus gesehen, dem Dresdner Arzt und Maler, nach dem das heutige Dresdner Universitätsklinikum benannt ist. Da dachte er, als Bochumer Mediziner solle man auch etwas für das dichterische Werk eines weiteren Arztes und bedeutenden Künstlers, des Namensgebers unserer Fakultätsauszeichnung, der Kortum-Medaille tun. Sie werden, liebe Besucher des DGE-Blogs, ganz gewiß höchstes Lesevergnügen haben!

Helmut Schatz

Literatur

Die Jobsiade: Ein grotesk komisches Heldengedicht von D. C. A. Kortum. In drei Theilen. Neueste Original-Ausgabe.
Carl Stephenson Verlag Berlin 1942

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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2 Antworten auf Der Bergarzt Carl Arnold Kortum und seine „Jobsiade“

  1. Max Leitner sagt:

    Vielen Dank für den Hinweis auf die mir bisher unbekannte „Jobsiade“. Ich habe mir diese gleich als Taschenbuch besorgt und mit grossem Genuss die Knittelverse gelesen. Die letzten 3 Verse zeigen, dass Kortum dem eigenen Stand und seinen ärztlichen Kollegen gegenüber durchaus kritisch war. Zum Tod des Nachtwächters Hieronimus Jobs formuliere er:

    So war es nun auch gleichergestalten
    Mit dem Nachtwächter Hieronimus gehalten,
    Denn auch bei ihm stellte Freund Hein
    Sich nach vierzig Jahr und drei Wochen ein.

    Er bekam nämlich hitziges Fieber,
    Das wäre wohl nun bald gegangen über,
    Wenn man´s seiner guten Natur
    Hätte wollen überlassen nur;

    Jedoch ein berühmter Doktor im Kuriren
    Brachte ihn durch seine Lebenselixiren
    Nach der besten Methode gar schön
    An den Ort, dahin wir alle einst gehn.

  2. Dr.Heinrich Billeke sagt:

    Auch ich habe mir jetzt die „Jobsiade“ gekauft und gelesen. Die Knittelverse, die übliche deutsche Reimform des 15.und 16. Jhdts.für alle nichtgesungene Literatur (Lyrik, Epik und Dramatik), die Hans Sachs und auch noch Goethe gelegentlich gebrauchte, lässt die Wörter mit ihren Silben sowie im Wortzusammenhang in einem ganz neuen Licht erscheinen.

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