Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Neues zu koronarer Herzkrankheit und Lipiden auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Barcelona 2017. Teil I: CANTOS-Studie mit Canakinumab (Ilaris®)


Graz, 1. September 2017:

Auf dem letzte Woche zu Ende gegangenen ESC-Kongress wurden einige auch für Endokrinologen wichtige Vorträge gehalten, über die hier zeitnah im DGE-Blog kurz mit Tabellen berichtet werden soll.

CANTOS-Studie: Diese ging der Frage der Bedeutung der Inflammation für die koronare Herzkrankheit nach. Die Tabelle unten zeigt, dass während der Dauer von 4 Jahren mit dem humanen monoklonalen Interleukin-1ß-Antikörper Canakinumab bei unverändertem LDL-Cholesterin das hochsensitive C-reaktive Protein (hsCRP) abgesenkt und das Herzinfarktrisiko – wenn auch nicht sehr stark – vermindert wurde (1,2). Canakinumab ist als Ilaris® (Novartis Pharma) mit der Indikation Gichtarthritis, CAP-Syndrom u.a. in Deutschland seit Dezember 2009 zugelassen.

Mit der CANTOS-Studie ist der Nachweis erbracht, dass neben dem LDL-Cholesterin auch eine Inflammation bei der Atherosklerose eine Rolle spielt. Die Autoren schlagen das in der Abbildung unten dargestellte differenzialtherapeutisches Vorgehen vor:

Bei trotz Statinen noch zu hohem LDL (links im Bild) stehen als weitere therapeutische Möglichkeit Ezetimibe, Colesevelam, PCSK9-Hemmer und zukünftig vielleicht Inclisiran zur Verfügung.
In Barcelona wurde mit Inclisiran eine Phase II-Studie des ORION-Programms vorgestellt (siehe Blogbeitrag vom 2. September 2017 über den ESC-Kongress 2017, Teil II). Bei hohem hsCRP und niedrigem LDL solle Canakinumab zum Einsatz kommen (Mitte des Bildes), und bei residualem Thromboserisiko durch Aspirin-Resistenz (HTPR = High Onset-Treatmet Platelet Reacticity, die von den Düsseldorfer Kollegen Poehl et al. (Abstract P1781) vorgestellt wurde), soll man andere Plättchenhemmer als Aspirin und Antikoagulanzien geben (rechts im Bild). Low-dose Aspirin vermindert nämlich, wie von diesen Autoren gezeigt, ausser der Plättchenadhäsivität auch die Inflammation.

Kommentar

Zugelassen für sehr seltene Erkrankungen wie etwa das CAP-Syndrom limitiert der extrem hohe Preis von Canakinumab seinen breiten Einsatz bei häufigen Erkrankungen, wie schon R. Harrington in seinem Editorial schreibt. Von höchstem Interesse ist die starke Absenkung von Todesfällen an und Neuauftreten von Lungenkarzinomen, andererseits kam es jedoch vermehrt zu Infektionen und Sepsis auch mit Todesfolge.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Paul M. Ridker et al.: Antiinflammatory therapy with canakinumab for atherosclerotic disease.
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoal1707914#t=article

(2) Robert A. Harrington: Targeting inflammation in coronary artery disease (Editorial).
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMe170990

(3) Poehl at al., ESC 2017, Abstract P1781

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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2 Antworten auf Neues zu koronarer Herzkrankheit und Lipiden auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Barcelona 2017. Teil I: CANTOS-Studie mit Canakinumab (Ilaris®)

  1. Lipidologicus sagt:

    Colesevelam wende ich iun meiner Praxis kaum an, da die Patienten dieses meist nicht gut vertragen und der Effekt auch nicht sehr groß war. Die im Blog erwähnten ernsten Nebenwirkungen bis zu tödlichen Sepsisfällen werden bei diversen Vorträgen auch im Internet meist nur recht kurz oder kaum erwähnt – warum? Sind diese vergleichsweise so selten, dass der Nutzen überwiegt? Interessant ist der ausgeprägt günstige Effekt beim Bronchialkarzinom.

  2. Helmut Schatz sagt:

    Sanjay Kaul, bekannt für seine kritischen Kommentare, schreibt im Internet über die CANTOS-Studie: “ I don’t foresee any clinical utility for canakinumab, given the modest effect, prohibitive cost, and fatal infection risk. „

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