Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Inkretine und Pankreaskrebs: NIDDK-Konferenz in Bethesda sieht derzeit kein erhöhtes Risiko-Signal


Bochum, 15. Juni 2013

Bei einer Konferenz am National Institute of Diabetes, Digestive and Kidney Diseases (NIDDK) in Bethesda vor 2 Tagen sahen die Experten zum jetzigen Zeitpunkt kein erhöhtes Pankreaskrebs-Risiko unter Inkretin-Mimetika (1). Die Tagung war im März 2013 angesetzt worden und kam nur wenige Tage nach Publikation der umfangreichen Untersuchungsergebnisse des British Medical Journal (BMJ) zu diesem Thema (2,3).

Referate wurden von Pankreasexperten, Pathologen, Diabetologen, Onkologen und Epidemiologen sowie von Vertretern der Hersteller-Firmen gehalten. Auch die FDA war vertreten. John Buse von der University of North Carolina, Chapel Hill sagte in seinem zusammenfassenden Kommentar nach der Tagung: „…the data suggest no signal for pancreatic cancer that can (currently) be detected. But it is going to take longer and larger studies to address this”. Es würde nach Buse noch weitere 1 ½ bis 2 Jahre dauern, bis substanzielle Daten zu diesem Thema verfügbar seien (1). David Whitcomb, Gastroenterologe von der Universität von Pittsburgh, Pennsylvanien sagte: „We just don´t see those kinds of signals“ . Die Rate an Pankreatitis und Pankreaskrebs sei wegen des Typ-2-Diabetes höher. Wenn man die richtigen Kontrollen wähle, bestünde kein Unterschied. Dann stellte er fest: „Cancer takes time to develop, so wether incretins are going to have an effect over 10 to 20 years, we don´t know”. Die Daten von Peter Butler, die dieser präsentierte, wurde aus mancherlei methodischen Gründen kritisiert. Dr. Whitcomb konstatierte beispielsweise, dass Alphazellhyperplasien kein Pankreaskarzinom seien (1).

Kommentar des Referenten

Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, ob zum jetzigen Zeitpunkt konkrete Hinweise für ein erhöhtes Pankreaskrebs-Risiko bestünden, was weitgehend verneint wurde. Das Thema „Pankreatitis“ wurde auch diskutiert und dabei auf die komplexen Interaktionen zwischen Diabetes, Pankreatitis und Krebs verwiesen. Die Frage der Unsicherheit der Pankreatitis-Diagnose wurde angesprochen, als einer „Vorläufer-Diagnose“ für den Pankreaskrebs. Exakte Diagnosekriterien müssten erst etabliert werden.
In den Augen des Referenten kann es somit keine langfristige Entwarnung geben, bedenkt man die – von den Tagungsteilnehmern auch angesprochenen – Zeiträume, die für eine Krebsentstehung nötig sind.

Helmut Schatz

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Literatur

(1) Lisa Nainggolan: Pancreatic Cancer and Incretins: No Signal as Yet at NIDDK.
http://www.medscape.com/viewarticle/806287_print

(2) Deborah Cohen, Investigations Editor: Has pancreas damage from glucagon suppressing diabetes drugs been underplayed? Brit.Med.J. 2013. 346:f3680

(3) Helmut Schatz: Sicherheit der Inkretin-Mimetika kritisch hinterfragt: Mehr Risiken als bisher gedacht? Sorgfältige Recherche des British Medical Journal
DGE-Blog-Beitrag vom 10. Juni 2013

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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Eine Antwort auf Inkretine und Pankreaskrebs: NIDDK-Konferenz in Bethesda sieht derzeit kein erhöhtes Risiko-Signal

  1. Harro sagt:

    Auch die amerikanische Endocrine Society hat jetzt auf der Jahrestagung 2013 in San Francisco in einem Statement betont, daß man zur Zeit noch keine Schlüsse über einen Zusammenhang zwischen Inkretin-basierten Therapien und Pankreaskrebs ziehen könne. Mehr Forschungsarbeit sei zu dieser Frage erforderlichi. Das laufende „Safety Evaluation of Adverse Reactions in Diabetes (SAFEGUARD) program“ in der Europäischen Union werde neue Daten liefern können.

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