Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Normalgewicht bei Diabetesmanifestation – kürzere Lebenserwartung


Kürzlich wurde im DGE-Blog über Menschen mit Übergewicht („Happy/Healthy Obese“) berichtet, bei denen keine Insulinresistenz besteht (1). Das Gegenstück kann man in Menschen sehen, die bei Manifestation eines Typ-2-Diabetes normalgewichtig sind. Diese Patienten leben kürzer als das Gesamtkollektiv der neumanifestierten Typ-2-Diabetespatienten, wie die Auswertung von fünf Kohortenstudien jetzt ergab (2).

Mercedes Carneton und Mitarbeiter, Chicago, werteten die Daten von 2565 neumanifestierten Typ-2-Diabetespatienten aus, die bis zu 15 Jahre, im Mittel 10 Jahre lang nachbeobachtet worden waren (2). Davon waren zu Beginn 293 (11%) normalgewichtig (BMI 18.5-25 kg/m2). Alle zeigten bei Diabetesmanifestation keine kardiovaskulären Erkrankungen.

Im Laufe der Beobachtung verstarben insgesamt 449 Patienten, 178 davon an Herz-Kreislaufkomplikationen. Das Interessante an dieser Studie war, dass die Sterberate der bei Diabetesmanifestation Normalgewichtigen mit insgesamt 285 Todesfällen pro 10 000 Personenjahre gegenüber 152 bei anfangs Übergewichtigen signifikant höher lag. Die Todesrate aus kardiovaskulärer Ursache war auch tendenziell höher.

Normalgewichtige, aber „metabolisch adipöse“ Typ-2-Diabetespatienten werden heute zunehmend häufiger beobachtet (MONW, = Metabolically Obese Normal Weight – persons). Man vermutet, dass sie eine unterschiedliche genetische Ausstattung haben, die mit weiteren Krankheiten und einer erhöhten Sterblichkeit verbunden ist. Es könnten Unterschiede in den pathophysiologischen Mechanismen wie Inflammationsvorgängen oder Funktion der Betazellen vorliegen.

Kommentar: Dieser Befund unterstreicht grundsätzlich die Wichtigkeit einer individualisierten Diabetestherapie, wie sie auch die neuen Guidelines /das Position Statement der Amerikanischen und Europäischen Diabetesgesellschaften 2012 empfehlen (3). Insgesamt muss der pathophysiologische Hintergrund dieses Untertyps eines Typ-2-Diabetes noch genauer erforscht werden, vor allem um die heute schon verfügbaren und auch zukünftige Therapiemöglichkeiten noch gezielter einzusetzen zu können (4).

Literatur:
(1) H. Schatz: Paradigmenwechsel bei Leitlinie 2012 zur Behandlung des Typ-2-Diabetes: Von exakten Algorithmen zu individualisierter Medizin Pressemitteilung der DGE vom 23. April 2012.
(2) M. Carnethon et al., JAMA 2012. 308: 581
(3) H. Schatz: “Gesunde Dicke” – gibt es die wirklich? DGE-Blog-Beitrag vom 16. Juli 2012.
(4) H. Flores, S Castillo-Flores, JAMA 2012. 308: 619

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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