Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Triglyceride: bringt ihre Senkung einen kardiovaskulären Nutzen?


Bochum, 11. April 2017:

Vor 70 Jahren wurde schon auf das atherogene Potenzial triglyceridreicher Lipoproteine hingewiesen (1), und seit Jahrzehnten sind Vorträge und pro-/contra- Diskussionen über die Bedeutung von Triglyceriden für die Atherosklerose immer noch ein „Dauerbrenner“ auf Kongressen. Jetzt erscheint von Y. Handelsman und M.D. Shapiro eine Übersichtsarbeit über die publizierte Literatur und noch laufende, bei ClinicalTrials.gov gemeldete Studien zu diesem Thema (2). Ausgangspunkt sind das trotz Statintherapie immer noch verbleibende Restrisiko für das atherosklerotische kardiovaskuläre Outcome, epidemiologische Daten und neue genetische Befunde, die auf eine wichtige Rolle der Triglyceride in der Pathogenese der Atherosklerose hinweisen. Outcome-Studien mit Fibraten, Nikotinsäure (Niacin) oder Omega-3-Fettsäuren, den drei Klassen von triglycidsenkenden Medikamenten, ergaben bisher widersprüchliche Resultate: Von den Omega-3-Fettsäuren senkte Eicosapensäure in der JELIS-Studie bei statinbehandelten, hypercholesterinämischen Patienten schwere Koronarereignisse (3), mit extended-release – Niacin (Niaspan®) und Fenofibrat fehlte hingegen die überzeugende Evidenz aus Outcome-Studien, sodass sie als add-on zu Statinen in vielen Leitlinien nicht mehr empfohlen werden. Die gemeinsame Leitlinie 2016 der Europäischen Gesellschaften für Kardiologie und Atherosklerose führt Fenofibrat als add-on zu Statinen jedoch an (4). Zur Zeit laufen zwei Outcome-Studien, REDUCE-IT und STRENGTH, die prüfen, ob Omega-3-Fettsäuren bei trotz Statingabe weiterbestehender Hypertriglyceridämie von 200 bis 500 mg/dl einen Nutzen bringen (siehe Lit.2).

Kommentar

Während es durchgehend Beweise dafür gibt, dass Triglyceride in der Pathogenese der Atherosklerose eine Rolle spielen, sind die Ergebnisse über den kardiovaskulären Nutzen einer Triglycidsenkung weiterhin widersprüchlich. Man muss die zur Zeit laufenden Outcome-Studien mit hochdosierten Omega-3-Fettsäuren, zusätzlich zu Statinen gegeben abwarten, um den therapeutischen Nutzen einer Triglyceridsenkung für das kardiovaskuläre Outcome beurteilen zu können.

Helmut Schatz

Literatur

(1) JR Moreton: Atherosclerosis and alimentary hyperlipidemia.
Science 1947. 106:190-191

(2) M Yokoyama et al.: Effects of eicosapentaenoic acid on major coronary events in hypercholesterolaemic patients (JELIS): a randomized open-label, blinded endpoint analysis.
Lancet No. 9567, 31 March 2007. 369:1090-1098

(3) Y Handelsman, MD Shapiro: Triglycerides, atherosclerosis, and cardiovascular outcome studies.
Endocr. Pract. 2017. 23(1):100-112

(4) European Society of Cardiology (ESC) and European Arteriosclerosis Society (EAS): 2016 Guidelines on the management of dyslipidaemia
European Heart Journal 2016 – doi:10.1093/eurheartj/ehv272

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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Eine Antwort auf Triglyceride: bringt ihre Senkung einen kardiovaskulären Nutzen?

  1. E. Windler sagt:

    Sicherlich ist es interessant und wichtig, endlich eine mögliche kausale Bedeutung der Triglyzeride für die Atherogenese zu verifizieren oder auch auszuschließen. In der Tat sind die bisherigen Ergebnisse klinischer Studien nicht vielversprechend. Selbst bei der japanischen JELIS-Studie mit Eicosapentaensäure bleibt die Frage, inwieweit die Ergebnisse auf europäische Verhältnisse übertragbar sind, da der italienische Origin
    Trial und der amerikanische Alpha Omega Trial keine Effekte von Eicosapentaensäure, Docosahexaensäure und/oder Alpha-Linolensäure zeigen konnten.
    Zu bedenken ist allerdings, dass alle drei Studien mit nicht mehr als 1 g Omega-3-Fettsäuren durchgeführt wurden, was die Triglyzeride nicht effizient senkt. Insofern dürfen die laufenden Studien Reduce-it und Strength mit Spannung erwartet werden, da die geprüften Kapseln Vascepa 4 g bzw. Epanova 2 oder 4 g Omega-3-Fettsäuren enthalten.
    Selbst bei negativen bzw. neutralen Ergebnissen kann man nur hoffen, dass in diesen Studien nicht nur das Ergebnis an der ausgegebenen Dosierung gemessen wird, sondern auch an den Blutspiegeln. denn entscheidend kann sein, 1. ob die Kapseln eingenommen werden, 2. ob die Omega-3-Fettsäuren resorbiert werden (was erheblich davon abhängt, ob sie nüchtern eingenommen werden oder – was die Resorption ums Mehrfache erhöht – mit einer fetthaltigen Mahlzeit), und 3. ob die Probanden einen niedrigen oder hohen Ausgangsspiegel an Omega-3-Fettsäuren haben.
    Hinsichtlich Fibrate und Nikotinsäure sei erwähnt, dass die zu diesen Substanzen in den letzten Jahren publizierten Arbeiten vor dem Hintergrund einer geplanten (ACCORD, AimHigh) oder – wie in der Field-Studie – ungeplanten zusätzlichen Statintherapie keinen zusätzlichen Effekt zeigen konnten. Eine Kombinationstherapie ist damit zwar obsolet, aber frühere Studien ohne Verwendung von Statinen haben für beide Substanzgruppen positive Ergebnisse gezeigt, sodass sie als Alternative zum Beispiel bei Statinintoleranz immer noch ihren Platz haben bzw. im Falle von Nikotinsäure haben könnten. Beide Substanzgruppen senken allerdings nicht isoliert die Triglyceride, sodass von den Ergebnissen nicht auf den Nutzen einer isolierten Triglyzeridsenkung geschlossen werden kann.

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