Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Vitamin D ohne muskuloskelettalen Nutzen bei postmenopausalen Frauen


Bochum, 11. August 2015:

Vitamin D war bei postmenopausalen Frauen ohne Nutzen auf das muskuloskelettale System, auch wenn der 25-Hydroxyvitamin D – Spiegel auf Werte von >30 ng/ml gebracht und gehalten wurde. Es fand sich kein Unterschied zur Gruppe mit einem erreichten Spiegel von >20 ng/ml (1).

Hansen et al. (1) behandelten 230 Frauen nach dem Wechsel, bis zu einem Alter von 75 Jahren, ohne Osteoporose und mit 25(OH)-D Spiegeln zwischen 14 und 27 ng/nl für 1 Jahr in drei Armen randomisiert mit Plazebo (n=76), 1x täglich 800 IU (n=75) oder 2x monatlich 50.000 IU Vitamin D (n=79). Nach 1 Jahr stieg die Calcium-Absorption, gemessen mit 2 stabilen Isotopen, unter hochdosiertem Vitamin D um 1% (10 mg/Tag), bei niedriger Dosierung nahm sie hingegen um 2% (p=0.005 vs. Hochdosis) und bei Plazebo um 1.3% (p=0.03) ab. Abgesehen davon wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen beobachtet: weder in der Knochendichte (DXA-Technik) an Wirbelsäule, Gesamthüfte, Schenkelhals, noch am Gesamtkörper-Mineralgehalt, trabekulärem Knochen-Score, Muskelmasse oder dem „Timed Up-and Go-Test“ oder fünf „Sit to Stand -Test Scores“. Ebenso bestand kein Unterschied in der Anzahl der Stürze, der stürzenden Personen, der körperlichen Aktivität (Physical Activity Scale for the Elderly, mit Benjamini-Hochberg-Korrektur) oder dem Funktionsstatus (Health Assessment Questionnaire).

Kommentar

International und auch regional besteht keine allgemeine Übereinstimmung über die optimalen Spiegel für Vitamin D: Während manche einen Wert über 30 ng/ml (75 nmo/l) fordern, empfahl das Institute of Medicine (IOM) >20 ng/ml (50 nmol/l). In die vorliegende Arbeit wurden nur Probanden mit Ausgangsspiegeln zwischen 14 und 27 ng/ml aufgenommen. Zwischen der Gruppe, die >30 ng/ml erreichte und aufrecht erhielt, und derjenigen mit >20 ng/ml fand sich lediglich ein geringer Unterschied in der Calciumabsorption von 10 mg/Tag, der sich aber klinisch, gemessen an einer Vielzahl von Parametern, nicht ausgewirkt hatte. In ihrem Editorial zu dieser Arbeit im JAMA Intern Med. (2) schreibt Deborah Grady vom Department für Epidemiologie an der University of California San Francisco (UCSF): „It is possible that treatment beyond 1 year would result in better outcomes, but these data provide no support for use higher-dose cholecalciferol replacement therapy or indeed any dose of cholecalciferol compared with placebo”. Der Kommentator hat in den letzten Jahren in mehreren Pressemitteilungen und Kurzbeiträgen der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie auf deren Homepage stets einen abwartend-zurückhaltenden bis skeptischen Standpunkt zur breiten Vitamin-D-Gabe auf vielerlei Gebieten vertreten und ist dafür von Anhängern des „Sonnenhormons“ des öfteren sogar verbal heftig attackiert worden. Eine Ausnahme bildete für ihn das muskulosklelettale System. Auch hierfür ist nun in letzter Zeit eine Vitamin D -Wirkung von manchen angezweifelt worden, worüber vom Referenten ebenfalls berichtet wurde (3). Die jetzt vorgelegte Arbeit fügt sich in diese Reihe negativer Arbeiten ein. Kritisch muß jedoch vermerkt werden, dass bei Personen mit einem Ausgangs-Vitamin-D-Spiegel zwischen 14 und 27 ng/ml kein „schwerer Vitamin-D-Mangel“ vorgelegen hat und die Studie somit keine Aussage dazu treffen kann, ob bei Personen mit einem Spiegel unter 14 oder gar 10ng/ml eine Vitamin-D-Gabe über längere Zeit nicht doch einen muskuloskelettalen Nutzen bringt (vgl. die zwei Cochrane-Analysen Lit. 4 und 5). Die drei Studiengruppen waren mit 75-79 Teilnehmern auch nicht sehr groß. Es hat sich aber um eine prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte Interventionsstudie gehandelt, wie es im Zeitalter der evidenzbasierten Medizin zu fordern ist. Epidemiologische oder retrospektive (Observations-)Studien, auch mit viel größeren Zahlen, werden heute nur als „hypothesengenerierend“ angesehen.

Helmut Schatz

Literatur

(1) K. E. Hansen et al.: Treatment of vitamin D insufficiency in postmenopausal women. A randomized clinical trial.
JAMA Intern Med. Published online August 03, 2015. doi:10.1001/jamainternmed.2015.3874

(2) D. Grady: How much vitamin D is enough? Editorial.
JAMA Intern Med. Published online August 03, 2015. doi:10.1001/jamamed.2015.3937

(3) H. Schatz: Ernüchternde neue Metaanalyse über den Nutzen von Vitamin D.
DGE-Blogbeitrag vom 27. Januar 2014

(4) I.D.I Cameron et al.: Interventions for preventing falls in older people in care facilities and hospitals.
Cochrane Database Syst Rev. 2012 Dec 12;12:CD005465. doi: 10.1002/14651858.CD005465.pub3.

(5) L.D.L. Gillespie et al.: Interventions for preventing falls in older people living in the community.
Cochrane Database Syst Rev. 2012 Sep 12;9:CD007146. doi:10.1002/14651858.CD007146.pub3.

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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Eine Antwort auf Vitamin D ohne muskuloskelettalen Nutzen bei postmenopausalen Frauen

  1. Kritikus sagt:

    Liebe Marta, haben Sie das als Firmenwerbung gepostet? Wenn man die 5000E anklickt, kommt man nämlich zu einem Firmenprodukt. Warum machen Sie dafür Reklame? Haben Sie eigene Erfahrungen damit (n=1) ?

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