Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Vermehrte Verwendung von Alendronat assoziiert mit Rückgang von Knochenbrüchen


Bochum, 14. Juli 2016:

Am 4. Juli 2016 erschien eine Arbeit von Samuel Hawley et al., die zeigte, dass in England und Wales bei 10.800 Patienten mit stattgehabtem Schenkelhalsbruch die gestiegene Verwendung von Alendronat (zur Sekundärprävention) nach der  Empfehlung des NICE (National Institute for Health and Care Excellence) aus dem Jahre 2005 und der etwa zeitgleichen Verfügbarkeit preiswerter Generika für Alendronat mit einem signifikanten Absinken der Rate erneuter Knochenbrüche assoziiert war (1). Die retrospektive Analyse beruhte auf den Zahlen des Clinical Practice Research Data Link von 1999 bis 2013.

Der absolute Anstieg der Verschreibungsfrequenz von Alendronat betrug 17% innerhalb eines Jahres nach Hüftfraktur, der relative im Vergleich zur Vorperiode 79%. In der Vorperiode betrug der Prozentsatz nachfolgender  Major-Frakturen 6.3%, (definiert als Brüche von Schenkelhals, Becken, proximalem Humerus, Rippen, Wirbelkörper oder Unterarm/Handgelenk). Nach 2005 fand sich eine signifikante Reduktion um -0.19 % pro  6 Monate (p=0.01), insgesamt ein relativer Rückgang von 14% in 3 Jahren. Ähnlich sahen die Zahlen für den Schenkelhalsbruch aus: Vorperiode stabil 3.8%, nach 2005 Rückgang -0.17% pro 6 Monate und 22% in 3 Jahren.

Kommentar

Diese Zahlen unterstreichen die Wichtigkeit einer gezielten Osteoporosediagnostik und gegebenenfalls einer konsequenten Sekundärprophylaxe nach Knochenbrüchen, insbesondere auch nach Schenkelhalsfrakturen. Während seiner Tätigkeit an der Medizinischen Universitätsklinik Bergmannsheil Bochum überwies der damalige Unfallchirurg jeden Patienten, der an seiner Klinik versorgt worden war, an uns zur Osteoporosediagnostik (ausgenommen die jungen Menschen und Unfallopfer mit adäquatem Trauma). Damals war dies in der unfallchirurgischen Landschaft  Deutschlands keineswegs üblich. Oft wurden die Brüche auch bei Älteren und Alten osteosynthetisch oder mit einem Kunstgelenk versorgt und dann  entlassen, ohne auf Osteoporose zu testen. Mittlerweise hat sich dies wohl, so ist zu hoffen, geändert, wenn dem Referenten auch keine genauen Zahlen dazu bekannt sind.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Samuel Hawley et al.: Anti-osteoporosis medications prescriptions and incidence of subsequent fracture among primary hip fracture patients in England and Wales: An interrupted time-series analysis.
J. Bone Mineral Res., publication online 4 July 2016. DOI: 10.1002/jbmr2882

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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6 Antworten auf Vermehrte Verwendung von Alendronat assoziiert mit Rückgang von Knochenbrüchen

  1. Maja5 sagt:

    Hallo Dr. Schatz,

    viel interessanter fände ich, abwechslungsweise, nach der Ursache der Frakturen zu schauen. Nach den möglichen Ursachen zu forschen, um sie zu eliminieren, statt nur die Folgen zu behandeln, darin liegt die Aufgabe der Medizin, wie ich meine.

    Der Vitamin D3-Wert bei allen Deliquenten hätte, sehr wahrscheinlich, eine 100%-ige Korrelation zu Tage gefordert. Besonders bei älteren Patienten.

    Natürlich haben Pharmafirmen kein Interesse, nach der Ursache der Frakturen zu forschen, allerdings erwarte ich dies von der Ärzteschaft. Eine Primärprävention interessiert scheinbar keinen. Zu große Erwartungen???

    MfG
    Maja

  2. Stowasser sagt:

    Ein Delinquent ist ein Straftater oder jemand, der eine Ordnungswidrigkeit begangen hat (von lateinisch delinquere, einen Fehltritt tun.

  3. Maja5 sagt:

    Schon eine kleine Prise Humor würde Ihnen helfen, den – bewußt – angewandten Begriff in seinm Kontext, korrekt zu interpretieren.

    Ohne die besagte Prise bleibt es nur ein Straftäter…..

  4. Stowasser sagt:

    Oh pardon, natürlich hätte ich am weggelassenen „n“ erkennen müssen, dass der Ausdruck Deli(n)quent von Ihnen bewusst falsch geschrieben wurde, damit man sieht, dass er humorvoll gemeint war.
    Aber Spass beiseite, liebe fünfte Maja: Es gibt viele tausende interessante Fragen zu studieren. Packen doch Sie eine davon selbst an. Nur: Sie müssen an relevante Daten herankommen oder diese selbst erheben. Der von Hawthorn et al. verwendete Clinical Practice Research Data Link kann diese nicht von allen gespeichert haben, zumal sie gewiss nicht bei allen erhoben wurden. Wollen Sie, dass alle Menschen „gläsern“ werden? Soll ich abrufen können, mit wieviel Jahren Sie etwa die erste Regel bekommen haben, ob Sie wie lange die Pille genommen haben oder nicht, ob Ihre Leber gesund ist usw.? Das ist ja seit einigen Jahren die heisse Dikussion in der Öffentlichkeit. Wenn auch alle Laborwerte und anamnestischen Angaben in einer „datengeschützten“ Cloud gespeichert werden (etwa in Honolulu oder sonst wo), so garantiert Ihnen niemand, dass nicht irgend jemand auf diese Ihre Daten zugreifen kann, wenn er das auch nicht darf und es „unmöglich“ (?) sein sollte.
    Also machen Sie die von Helmut Schatz zitierte Studie von Hawley et. al. nicht schlecht. Sie zeigt eine Assoziation auf, aus der man Schlüsse ziehen kann oder auch nicht, die aber natürlich keine Kausalität beweist. Auch retrospektiv erfasste Vitamin-D-Werte bei Schenkelhalsbruchpatienten können keinen ursächlichen Zusammenhang beweisen. Assoziationsstudien sind nur hypothesengenerierend. Den Beweis können nur prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte Studien bringen. Solche laufen zur Zeit noch bis etwa 2018 (u.a. die VITAL- und die VIDAL-Studie).

  5. Maja5 sagt:

    Ich habe das „n“ nicht weggelassen, da man das Wort nicht mit „n“ schreibt. Man schreibt auch nicht „corpus delinkti“ sondern „corpus delicti“.

    Infinitiv: deliquere
    Praesens: deliquo
    Perfekt: deliqui
    PPP: delictum
    Bedeutungen: sich vergehen

    Das Verb „delinquo“ gibt es auch, hat aber mit mit „Deliquent“ nicht viel zu tun.

    Mir ist bewußt, daß man solche Studie, die Vitamin D3-Mangel als Ursache von Osteoporose (zumindest als eine der Ursachen) beweisen würde, nicht durchführen kann. Dafür müßte man bei einer größeren Population mehrere Jahrzehnte den Wert messen und auch dokumentieren. Um bewerten zu können, bei welchem Wert, nach wievielen Jahren im Mangel, Osteoporose festzustellen ist.

    Und so, bringt so eine Studie, wie oben besprochen, keine gesicherte Erkenntnisse. Vermutungen kann man auch ohne Studie anstellen.

    Ob und wann es zu Brüchen kommt, ist eine ganz andere Geschichte, daher würde ich eher die Knochendichtemessung als Kriterium verwenden, und mich nicht nur an den Brüchen orientieren. An den Knochenbrüchen etwas festzumachen, ist eher laienhafte Herangehensweise, wie ich meine. Besonders bei älteren Menschen, die meistens, auch in der Studie, seit Jahren mehrere Medikamente einnehmen, deren umfangreiche Wirkung nicht unbedingt gut erforscht ist, gelinde gesagt. Da bei 85-jährigen oft Verwirrtheit, mangelne Koordination der Bewegungen (aus vielen versch. Gründen), versch. Mineralien- und Vitaminmängel nicht selten sind, ist ja auch logisch, daß mehr Knochenbrüche vorprogrammiert sind.

    Es ist aber eher eine rein akademische Diskussion, da selten jemand nach Ursachen forscht.

    Abgesehen davon – die Zielsetzung einer Studie kann man oft schon an dem Titel ganz gut erkennen. Und da ist oft der Hund begraben….

    MfG
    Maja

  6. Stowasser sagt:

    Ein allerletztes Mal meldet sich Stowasser, dann wird er die fünfte Maja nicht mehr korrigieren: Was Sie schreiben , ist nicht richtig. Sehen Sie doch, bevor Sie in den PC tippen, erst nach: in einem neuen Deutschen Wörterbuch, im Duden, oder auch im Internet, von mir aus bei Wiklipedia oder sonstwo: Ein Straftäter wird als Delinquent bezeichnet – mit „n“.
    Dixi.

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