Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Alternierendes Fasten senkt Gewicht und verbessert Stoffwechselparmeter – mehr als tägliche Kalorienrestriktion?


Bochum, 10. September 2019:

Ende August 2019 diskutierte der Referent während seines Urlaubsaufenthaltes in Graz mit einem jungen Freund, der an „InterFAST“, einer Studie an der Grazer Universität über das alternierende Fasten (Alternate Day Fasting, ADF) mitgearbeitet hatte (1). Diese untersuchte den Einfluss von ADF auf den Stoffwechsel gesunder, nicht übergewichtiger Personen. Der Referent hinterfragte damals aufgrund des ihm geschilderten Designs der Studie und auch einer Vorstudie deren Aussagekraft. Jetzt ist die Studie in der hochrangigen Zeitschrift Cell Metabolism am 3. September 2019 erschienen (1).

In der von CellPress der Publikation vorangestellten Kurz-Zusammenfassung heißt es “In Brief”  „Stekovic et al. show in the clinic that alternate day fasting (ADF) is a simple alternative to calorie restriction and provokes similar improvements on cardiovascular parameters and body composition. ADF was shown to be safe and beneficial in healthy, non-obese humans not impairing immune function or bone health”.

Als “Highlights” werden anschließend angeführt:

* For healthy, non-obese adults, ADF is safe to practice for several months

* 4-week ADF decreases the body weight by 4.5% and improves the fat-to-lean ratio

* Cardiovascular parameters and the CVD risk are improved upon ADF

* ADF reduces T3 and periodically depletes amino acids, while increasing PUFAs

Dies sind klare, eindeutige Ausführungen. Für die praktische Ärzteschaft ist von Bedeutung, dass alternierendes Fasten sicher ist, wenn dies auch noch nicht über längere Zeitspannen gezeigt wurde.

Die sehr detaillierte Publikation umfasst 15 Seiten mit mehreren Tabellen und Abbildungen (1), gefolgt von einem mehrseitigen Anhang (2).

Eine eingebettete vorangegangene prospektive Kohortenstudie an 30 Personen mit ADF über mindestens 6 Monate verglich dessen Effekt mit den Werten von 60 gesunden Kontrollpersonen über den gleichen Zeitraum (3). Dann erfolgte die randomisierte kontrollierte Studie (RCT) über 4 Wochen  an den 60 Kontrollen: jeweil 30 Personen mit ADF  oder mit Standard-Ernährung.

Die Ergebnisse sind oben in der Kurz-Zusammenfassung sowie aufgelistet in den „Highlights“ wiedergegeben.

Kommentar

Die Aussagefähigkeit der Arbeit wurde zwischenzeitlich bereits in anderen Portalen von Ernährungsspezialisten eingehend und kritisch besprochen, insbesondere das Design. Dieses hatte der Referent schon Ende August noch vor Erscheinen der Publikation hinterfragt (s.o.). Dr. Stefan Kabisch von der Abteilung Klinische Ernährung des Deutschen Institutes für Ernährungsforschung (DIfE) in Nuthetal (geleitet von Prof. A.H.F. Pfeiffer, einem ehemaligen Mitarbeiter des Referenten in Bochum) sagte: „In der Arbeit wurde als RCT kein günstiger Vergleich gewählt: Probanden mit alternierendem Fasten nahmen gezielt ab, Kontrollpersonen sollten das Gewicht halten. Sinnvoller wäre ein Vergleich zu kontinuierlicher Kalorienreduktion gewesen“ (4). Prof. Jürgen König, Leiter der Abteilung Ernährungswissenschaften an der Universität Wien wies darauf hin, dass der „von den Autoren postulierte besondere Effekt des alternierenden Fastens“, durch das Studiendesign bedingt, nicht auf ADF zurückgeführt werden könne. Denn das Essverhalten der Kontrollgruppe sei unverändert geblieben und die Effekte der ADF-Gruppe könnten durch die Kalorienreduktion (vgl. 5) hervorgerufen worden sein. Bei der ADF-Gruppe betrug nämlich die Kalorienreduktion 37.4%, im Vergleich zu 8.2% in der Kontrollgruppe (bekannter Studieneffekt bei den Kontrollen!) (4). Die Gewichtsabnahme lag bei 3.5 kg  vs. 0.2 kg. Für Dr. Tilman Kühn, Leiter der Arbeitsgruppe Ernährungsepidemiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg erhebt sich die Frage, ob ADF auch therapeutisch eingesetzt werden könne. Dazu würden Studien fehlen. „Für übergewichtige Nicht-Diabetiker scheint Intervallfasten auf mittlere Sicht nicht durchzuhalten zu sein. Selbst bei milderem 5:2 Intervallfasten gelinge das nur über einige Wochen. Nach 6 Monaten drohe die Gefahr eines JoJo-Effektes. Es gibt bis jetzt keinen Hinweis darauf, dass Intervallfasten Vorteile gegenüber der herkömmlichen, täglichen Kalorienreduktion hat“ (4). In der in Graz anlaufenden InterFAST-2-Studie soll jetzt das intermittierende Fasten bei Typ-2-Diabetespatienten, die Insulin benötigen, studiert werden (6).

Helmut Schatz

Literatur

(1) Slaven Stekovic et al.: Alternate Day Fasting Improves Physiological and Molecular Markers of Aging in Healthy, Non-obese Humans.
Cell Metabolism 30 (1-15), September 3, 2019.

(2) STAR + METHODS, Cell Metabolism 30 (1-15). e1-e5, September 3, 2019

(3) Franz Zuckriegl und Gudrun Pichler: Länger Leben durch Kalorienrestriktion – Das Online-Magazin der Uni.
https://news.uni-graz.at/de/detail/article/laenger-leben-durch-kalorienrestriktion/

(4) Per Intervallfasten rasch und effektiv abnehmen: In einer kontrollierten Studie funktioniert´s – und im Alltag?
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/490818

(5) Rita Rubin: Modest Calorie Reduction Can Improve Cardiometabolic Health.
JAMA published online August 28, 2019. doi:10.1001/jama.201912314

(6) Kleine Zeitung, Graz: Bericht über die „Interfast-Studie“. September 2019

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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3 Antworten auf Alternierendes Fasten senkt Gewicht und verbessert Stoffwechselparmeter – mehr als tägliche Kalorienrestriktion?

  1. Beppo sagt:

    ADF ist allerdings weit weg von dem, was landläufig unter Intervallfasten verstanden wird. Jeden 2. Tag nichts zu essen, würde auch ich für zu forciert halten. Aber warum man 5:2 nicht auf Dauer machen kann, sehe ich nicht. Ich habe vor Jahren umgestellt auf 16:8, esse also nur morgens und mittags. Und damit fühle ich mich super und habe 25 kg abgenommen in 3 Jahren. Keine Rede von Jojo. Der Vorteil des Intervallfastens ist banal, aber wirkungsvoll. Ich bin ein Genuss-Esser, und 3 oder 5 Minimahlzeiten, jedesmal ohne richtig satt zu werden, kann ich nicht dauerhaft aushalten. Ich esse morgens und mittags großzügig satt, und danach kann ich mühelos die Pause bis zum nächsten Morgen ertragen. Ich schlafe sogar besser mit leerem Bauch.

    Aber ich sehe das wohl zu unwissenschaftlich? Bloß es klappt wunderbar, Abnehmen mit Wohlbefinden.

  2. S. K. sagt:

    Beim Fasten entsteht der Effekt, dass lebensnotwendige Enzyme erst dadurch gebildet werden. Vermutlich auch noch andere Affekte, außer nur das abnehmen. In der Natur wäre dies natürlich, immer wieder mal längere Zeit keine Nahrung aufzunehmen. Ich vermute zahlreiche wichtige und positive Nebeneffekte beim Fasten. Auch das Gefühl, einmal „Ohne“ aushalten zu können, hat einen psychischen Effekt auf die psychische Autonomie.
    Das bedeutet, insgesamt wird die Persönlichkeit gestärkt und autonomer bzw. souveräner. Unabhängiger. Außerdem tritt die notwendige Entgiftung des Körpers ein, aber eben auch der Psyche.

  3. Helmut Schatz sagt:

    Annette Schürmann und Tim J. Schulz publizierten mit mit ihren Mitautoren in Metabolism (Quinclet et al., 2019. 97:9-17) eine tierexperimentelle Studie, die ebenso wie in der oben besprochene Untersuchung am Menschen für die übergewichtigen Mäuse unter Intervallfasten eine nicht sehr zweckmäßige Kontrollgruppe wählte: Mäuse mit ständig freiem Zugqang zu Futter. Diese Arbeit stammt aus dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke (Nuthetal), dessen Angehöriger Stefan Kabisch ist, der die Grazer Studie am Menschen mit Intervallfasten wegen dieses Designs kritisiert hatte.

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