Bochum, 10. April 2017:
Während des 13. Internationalen Kongresses über M. Alzheimer und M. Parkinson (PD) Ende März 2017 in Wien präsentierte Yi-Chun Kuan, Neurologin am Shuang Ho – Hospital der Taipei Medical University die Auswertung der Daten von mehr als 9000 Patienten mit Typ-Diabetes (T2D) unter Metformin aus der National Health Insurance Research Database von Taiwan. Es wurden 4651 T2D-Patienten unter Metformin mit 4651 gematchten Kontrollen ohne Metformin verglichen (1). Nach Adjustierungen wie für Alter, Geschlecht und Schwere des Diabetes fand sich die kumulative Inzidenz für M. Parkinson und Demenz nach 12 Jahren signifikant erhöht (p <0.001).
Tabelle 1 zeigt die Outcomes mit und ohne Metformin. Tabelle 2 vergleicht die Daten in Abhängigkeit von der Dauer und Tabelle 3 von der Dosis der Metformintherapie. Das Erkrankungsrisiko wurde etwas mehr als verdoppelt, und es stieg mit der Dauer der Tabletteneinnahme und der Metformin-Gesamtdosis an. Ausgeprägt wurden diese Effekte nach mehr als 300 Tagen und ab 240 Gramm Metformin.
Kommentar
Dieses im Anschluss an die Präsentation viel diskutierte und heftig kritisierte Resultat steht im Gegensatz zu vielen positiven Berichten über pleiotrope Wirkungen von Metformin (2,3), es gibt aber auch negative Berichte über die Neurokognition unter diesem Biguanid (4). Von den Diskutanten wurde gefordert, entsprechende Daten über Insulin und Sulfonylharnstoffe zu liefern, was Dr. Kuan in Aussicht stellte. Des weiteren wurde bemängelt, dass nichts über die Berücksichtigung weiterer Confounder zu hören war, so nichts über die HbA1c-Werte. Auch im Internet wurde die Posterpräsentation heftig kritisiert. Als negative Wirkung wurde angemerkt dass, wie vom Referenten schon in den 1960er Jahren in Wien beschrieben, Vitamin B12 vermindert resorbiert werden kann. Dies könne zu Neuropathien führen oder diese zumindest veschlechtern, weshalb man unter Metformin regelmässig den B12-Spiegel kontrollieren und ggf. substituieren solle. Diese Forderung findet sich auch im neuesten Statement der US-amerikanischen Diabetologen, während es in Deutschland weniger Beachtung findet.
Insgesamt wurde die Studie trotz der großen Patientenzahl und der Dauer von vielen Diskutanten und Kommentatoren als „konfus“ und schlecht präsentiert beurteilt.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Yi-Chun Kuan, Präsentation auf dem 13. Internationalen Kongress über M. Alzheimer und M. Parkinson in Wien, 30. März 2017.
http://www.medscape.com/viewarticle/877965-print
(2) Helmut Schatz: Diabetesmedikament Metformin: Vom „Rattengift“ über den „Goldstandard bei Typ-2-Diabetes“ zum „Allheilmittel“?
DGE-Blogbeitrag vom 20. November 2014
(3) Helmut Schatz: Das Altern durch Medikamente aufhalten – Metformin auf dem Prüfstand.
DGE-Blogbeitrag vom 26. Juni 2015
(4) E. M. Moore et al.: Increased risk of cognitive impairment in patients with diabetes is associated with metformin.
Diabetes Care 2013.36:3850
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„Vitamin B12 vermindert resorbiert werden kann. Dies könne zu Neuropathien führen oder diese zumindest veschlechtern, weshalb man unter Metformin regelmässig den B12-Spiegel kontrollieren und ggf. substituieren solle.“
Die Realität sieht erschreckend aus. In den 15 Jahren Metformin-Therapie hat kein Diabetologe Vitamin B12-Spiegel, geschweige denn Holotranscobalamin, gemessen. Nicht mal den Beipackzettel von Metformin zu lesen, kann man von einem „Facharzt“ für Diabetologie erwarten.
Liebe Maya5, bitte im DGE-Blog seriös bleiben und keine nicht belegten Behauptungen, um nicht zu sagen „Alternative Fakten“ schreiben. Mir sind etliche Ärzte persönlich bekannt, die unter Metformintherapie Vitamin B12 messen. Nicht schon wieder „Ärzte – Bashing“! 6
Interssanterweise schreibe ich über meine eigene Erfahrung. Mit Laboruntersuchungen belegt. Besser belegt, als die Behauptung Ihrerseits. Wären Sie bitte so freundlich, seriös zu bleiben und aufzuhören mir, irgendwelche „Alternative Fakten“ schaffen zu wollen, zu unterstellen. Das ist nämlich beleidigend und wenig seriös. Danke.
Wenn Sie mit enem Feedback von Patienten nicht umgehen können/wollen, können Sie auch den Blog von der Öffentlichkeit ausschließen.
Guten Tag!
Nun wurde Februar 2018 diese Arbeit
http://www.aginganddisease.org/EN/10.14336/AD.2017.1202
veröffentlicht, in der der Autor Tseng aufzeigt, dass Metformin die Inzidenz von Demenz in Abhängigkeit der Dauer der Therapie senken kann. Die angegebenen RR sind recht beeindruckend und die Patienenzahl ebenfalls.
Wie kann man sich nun diesen Widerspruch erklären? Was denkt die Fachwelt inzwischen von der erstgenannten Arbeit von Frau Kuan?
Vielen Dank und Gruß
Beide Studien beruhen auf Registerdaten. Da kennt man nicht die grosse Zahl von Confounders, d.h.die Begleitfaktoren, die das Ergebnis beeinflussen können. Die im Blogbeitrag besprochenene Arbeit wurde diesbezüglich auch heftig kritisiert. Generell gilt: Retrospektive Studien, die auf Datenbasen beruhen, auch epidemiologische oder Kohortenstudien zeigen bestenfalls Assoziationen auf (banales Beispiel: Rückgang der Störche und Rückgang der Geburtenrate in einem Land sind „assoziiert“, beweisen aber nicht, dass Störche die Kinder bringen), sondern solche Studien sind „hypothesengenerierend“. Beweisend sind nur prospektive, doppelblinde, plazebokontrollierte Studien (RCT´s), die freilich aus ethischen Gründen nicht immer durchgeführt werden können.
Die Problematik mit Neuropathie und grenzwertig normalen oder niedrigen B 12 Spiegel
betrifft viele Patienten. Im Umfeld der Schwerpunktpraxen NO (bdsn) wurden in diesem Kontext
Daten erfasst die diese klinische Symptomatik belegen. Wir haben dies im mehren Veranstaltungen
diskutiert und Substituieren schon seit ca 2 Jahren systematisch B12.