Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Endokrinologisch doppelter Therapieansatz bessert Herzinsuffizienz: Angiotensin-Rezeptor – Neprilysin Inhibition (ARNI) durch den dualen Inhibitor LZ696 von Novartis


Bochum, 12. September 2014:

Hemmung des Angiotensin-1 – Rezeptors und der Endopeptidase Neprilysin durch den dualen Inhibitor LCZ696 der Firma Novartis verringerte im Vergleich zu Enalapril, einen Angiotensin Converting Enzyme (ACE)-Hemmer, die Mortalität und die Hospitalisationen bei Patienten mit Herzinsuffizienz relativ um etwa 20%. Diese PARADIGM-HF-Studienresultate wurden Ende August 2014 auf dem Europäischen Herzkongress in Barcelona vorgetragen und gestern im New Engl. J. Med. veröffentlicht (1).

LCZ696 ist eine molekulare Kopplung des AT-1-Rezteptorblockers Valsartan mit dem Neprilysin-Hemmer Sacubitril (AHU377). Neprilysin ist eine neutrale Metalloprotease, welche verschiedene vasoaktive Peptide wie die natriuretischen Peptide, Bradykinin und Adrenomedullin inhibiert (2, 3,4). Dadurch werden die Spiegel dieser Substanzen erhöht. Diese wirken der neurohumoralen Überaktivierung entgegen, welche zu Vasokonstriktion, Natriumretention und maladaptivem Remodeling führt. Bei kombiniertem Einsatz von ACE-Hemmern und einem Hemmer des Neprilysin, dem Omapatrilat, an Patienten mit Herzinsuffizienz (5) wurden schwere, auch lebensbedrohliche Angioödeme beobachtet. Allerdings hemmte Omapatrilat im Unterschied zu LCZ696 nicht nur das Neprilysin, sondern auch die Aminopeptidase P und das ACE (nicht den AT-1 – Rezeptor).

Mit LCZ696 fand man bei >8400 herzinsuffizienten Patienten im Vergleich zu 2×10 mg Enalapril, bisher der Goldstandard bei Herzinsuffizienz seit der SOLVD-Studie (6), relativ um etwa 20% weniger kardiovaskuläre Mortalität und Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz. Dieser primäre Endpunkt der Studie trat nach 27 Monaten unter LCZ696 in 21.8%, unter Enalapril hingegen in 26.5% auf (p<0.001). Unter LCZ696 wurden 19 Fälle von Angioödemen beobachtet, unter Enalapril 10, weshalb 3 bzw. 1 Patient hospitalisiert wurden (1).

Kommentar

Diese Studie ist ein überzeugendes Beispiel für die wichtige Rolle von Hormonen im Organismus, seien es die „klassischen“ Hormone aus den endokrinen Drüsen oder aber Hormone und Wirkstoffe aus den Organen und Geweben wie etwa dem Darm, dem Fettgewebe, dem Gehirn oder auch dem Herzen: so wird das Atriale Natriuretische Peptid, wie sein Name sagt, in der Herzvorhofwand gebildet. Störungen in diesen Systemen können zu schwerwiegenden Symptomen und Erkrankungen beitragen, Eingriffe in das alterierte endokrine System, wie die PARADIGM-HF-Studie schön zeigt, durch Hemmung der aus dem Ruder gelaufenen Wirkstoffe wieder zumindest Besserung bringen.

Kritisiert wurde an der PARADIGM-HF-Studie, dass nur relativ wenige Patienten mit schwereren Graden der Herzinsuffizienz in der Studie enthalten waren: 71% befanden sich im NYHA-Stadium II. Sie wurde vorzeitig wegen Erreichen des vorab definierten Vorteils der Studiengruppe abgebrochen. Bei vorzeitig beendeten Studien würden, wie ein Kommentator meinte, die positiven Resultate überbewertet, während die Risiken nach nur kurzer Zeit oft noch nicht erkennbar seien. Dennoch hat LCZ696 von der FDA den „Fast Track“ – Status zuerkannt bekommen, bei der EMA soll der Zulassungsantrag Anfang 2015 eingereicht werden.

Helmut Schatz

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Literatur

(1) J.J.V. McMurray et al.: Angiotensin – Neprilysin Inhibition versus Enalapril in Heart Failure.
New Engl. J. Med. 2014. 371:993-1004

(2) N.L. Cruden et al.: Neutral endopeptidase inhibition augments vascular actions of bradykinin in patients treated with angiotensin converting enzyme inhibition.
Hypertension 2004. 44:913-918

(3) M.T. Rademaker et al.: Neutral endopeptidase inhibition: augmented atrial and brain natriuretic peptide, haemodynamic and natriuretic responses in ovine heart failure.
Clin.Sci. (London) 1996.91:293-291

(4) I.B. Wilkinson et al.: Adrenomedullin (ADM) in the human forearm vascular bed: effect of neutral endopep0tidase inhibition and comparison with proadrenomedullin NH2-terminal 20 peptide (PAMP).
Br.J. Clin. Pharmacol. 2001. 52:159-164

(5) M. Packer et al.: Comparison of omapatrilat and enalapril in patients with chronic heart failure: the Omapatrilat Versus Enalapril Randomized Trial of Utility in Reducing Events (OVERTURE).
Circulation 2002. 106:920-926

(6) The SOLVD Investigators: Effect of enalapril on survival in patients with reduced left ventricular ejection fractions and congestive heart failure.
New Engl. J. Med. 1991. 325:293-302
http://dx.doi.org/10.1056/NEJM199108013250501

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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