Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Berichte in Ratgebern rund um die Medizin: Beobachtungen des Blog-Beauftragten der DGE


Graz, 4. Juni 2018:

Ratgeber zur freien Entnahme etwa in Apotheken bringen für unterschiedliche Zielgruppen medizinische Berichte, bei deren Erstellung immer wieder die Pressestelle der DGE um Mitarbeit und um Informationen gebeten wird. Der Referent ersucht in solchen Fällen die Journalisten, im Text auch die DGE als die für Hormone und Stoffwechsel zuständige Fachgesellschaft zu nennen, da wir ja um mehr Aufmerksamkeit („awareness“) für unser Fach bemüht sind. Auch wird gebeten, den Text vor Abdruck gegenlesen und von DGE-Seite fachlich beurteilen zu können, was in der Regel geschieht. Kürzlich mußte der Referent aber erleben, dass ein Journalist einen Text vorlegte, der wiederholt Angaben von Seiten der DGE nicht umsetzte. Er schrieb vielmehr, dass die gelieferten Informationen, etwa von der US Preventive Services Task Force (USPSTF) oder von Cochrane-Analysen zwar „für die Berichterstattung des Blattes eine maßgebliche Referenz“ seien, jeder Beitrag aber darüber hinaus mehrfach „von einem Team aus Ärzten und Pharmazeuten fachlich geprüft“ würde. Dies ist an sich im Prinzip lobenswert. Doch im konkreten Fall wurden von der Ratgeber-Redaktion die vom Referenten geschilderten ernsten unerwünschten Nebenwirkungen des besprochenen Medikaments aus der USPSTF-Empfehlung und der Cochrane- Analyse anfangs überhaupt nicht berücksichtigt und weggelassen. Diese hatte die USPSTF folgendermaßen beurteilt: „…..the task force discourages use because of moderate or high certainty of no net benefit or that harms outweigh benefits”. Die Nebenwirkungen wurden detailliert genannt. Auch der Autoren der Cochrane-Analyse äußerte sich dazu eindeutig negativ. Erst nach mehrfachem Einspruch des Referenten wurde im Text des Ratgebers das erhöhte Risiko für diese Nebenwirkung erwähnt, relativiert durch ein vorangestelltes „möglicherweise“.

Natürlich bleibt es jedem Journalisten und jedem Ratgeber-Blatt unbenommen, eine eigene Meinung zu äußern. Dann sollte aber besser nicht die DGE genannt werden. Manchem mag sich der Eindruck aufdrängen, die Interessen der Apotheker und der pharmazeutischen Industrie würden stärker berücksichtigt als die Stellungnahmen von unabhängigen Institutionen. Dies wollen wir nicht hoffen.

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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3 Antworten auf Berichte in Ratgebern rund um die Medizin: Beobachtungen des Blog-Beauftragten der DGE

  1. Dr. Jochen Stendhal sagt:

    Das Nicht-Nennen oder Herunterspielen von Nebenwirkungen erlebt man als niedergelassener Arzt ständig durch Firmenvertreter. Eine Analyse ergab einmal, dass 80-90 % und mehr von der Zeit in einem Gespräch mit den Ärzten von den Firmenvertretern den positiven Aspekten eines Medikaments gewidmet wird und höchstens 10 %, meist weniger, oft erst auf Nachfrage des Arztes, den unerwünschten Nebenwirkungen. Das geschilderte Verhalten des Redakteurs eines Apotheken-Ratgebers paßt genau in dieses Bild.

  2. Helmut.Schatz sagt:

    Sehr geehrter Herr Kollege Stendahl, im DGE- Blog vom 3.Mai 2013 habe ich über eine Studie zu diesem Thema berichtet. Die tendenz, Nebenwirkungen nicht oder nur kurz zu erwähnen ist wohl weit verbreitet.. Helmut Schatz

  3. Helmut Schatz sagt:

    Nicht nur Journalisten für Apotheken-Ratgeber, sondern auch für Zeitungen von Weltformat des deutschsprachigen Auslands berichten einseitig und lassen kurzerhand die von der USPSTF dezidiert genannten Nebenwirkungen weg, welche zu deren Herabstufung der Bedeutung von Vitamin D geführt haben: „…..the task force discourages use because of moderate or high certainty of no net benefit or that harms outweigh benefits”. Die „harms“ sind das erhöhte Risiko für Nierensteine. Zahlreiche Telefonate und Mails des Referenten mit der Journalistin, die auch Ärztin ist, haben nichts genützt. Den endgültigen Text hat er trotz Zusage auch nicht zu lesen bekommen. Schließlich mußte er in der Zeitung verwundert den Titel sehen: „Vitamin D vermindert die Sturzgefahr bei Senioren“, also genau das Gegenteil der Aussage der USPSTF. Der Text beginnt dann: „Laut neuen US-Richtlinien benötigen gesunde ältere Menschen kein zusätzliches Vitamin D. In Europa sieht man das anders“. Der Referent mußte da schmunzeln: Er ist also kein Europäer?

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