Bochum, 16. Juni 2023
Im Juni 2023 fand in Bukarest der Kongress der Central European Diabetes Association (CEDA) statt, die aus der Föderation der Internationalen Donausymposia über Diabetes mellitus (FID) hervorgegangen ist. Die FID wurde 1969 in Wien, im damals neutralen Österreich, das nicht der NATO angehörte, zur Überwindung des Eisernen Vorhangs auch für die „Nicht-Kaderdiabetologen“gegründet und tagte alle 2 Jahre mit Deutsch als Kongresssprache. Im Jahre 2003 wurde die FID unter der Präsidentschaft des Referenten (H.S.) als CEDA neu organisiert. Die Tagungen werden seither jährlich in englischer Sprache, alternierend in einer mittel- und einer osteuropäischen Stadt abgehalten. Im Jahre 2022 tagte man in Budapest, 2024 wird der CEDA-Kongress in Palermo stattfinden.
In diesem Jahr fungierte Bukarest vom 7. bis 10. Juni 2023 als Tagungsort. Kongresspräsidentin war Frau Prof. Anca Pantea Stoian, Bukarest (Bild links, mit H.S.). Bild rechts: der amtierende Präsident der CEDA Prof. Peter Kempler, Budapest mit seiner Gattin Eva, einer Neurologin und Psychiaterin, sowie H.S.
Frau Prof. Anca Pantea Stoian und ihre Mitarbeiter organisierten einen ganz hervorragenden Kongress, mit sehr zahlreichen hochkarätigen Referenten aus vielen Ländern und einer großen Teilnehmerzahl. Er fand in zwei großen Hörsälen mit einer gut bestückten Industrieausstellung im Pullman Bucharest World Trade Center statt, wo auch die Teilnehmenden untergebracht waren.
Im Folgenden sollen in Teil I und II zwei der vielen besprochenen Themen referiert werden.
Nanette C. Schloot: Updates on immunopreventive therapies in type 1 diabetes: Is there more than Teplizumab?
Der Vortrag wurde von Frau Oana Patricia Zaharia, Düsseldorf für die verhinderete Autorin präsentiert.
Seit Jahrzehnten versucht man, bei Babies, Kindern und Jugendlichen mit erhöhtem Risiko die Manifestation eines Typ-1-Diabetes, z. B. duch Insulingaben (TrialNet Oral Insulin-, TEDDY-Studie u.a.) zu verhindern oder zumindest hinauszuschieben, ohne das bisher ein durchschlagender Erfolg erzielt werden konnte (2).
In dem Vortrag von Nanette Schloot auf dem CEDA-Kongress 2023 werden einleitend die Stadien des Typ1-Diabetes dargestellt:
Stadium 1: Antikörper bei Euglykämie;
Stadium 2: Antikörper und Dysglykämie zufolge Betazellabnahme;
Stadium 3: Hyperglykämie und Insulinbedürftigkeit.
Dann folgt die Präsentation der drei neuen Verfahren zur Immunprävention bei Typ1-Diabetes.
Teplizumab
Bereits im Jahre 2019 wurde im DGE-Blog berichtet, dass der Ausbruch eines Typ-1-Diabetes bei Verwandten von Typ-1-Diabetespatienten mit hohem Risiko mit Teplizumab um etwa 2 Jahre verzögert werden konnte (siehe Lit. 1). Mittlerweile hat die US- Amerikanische Arzneibehörde FDA am 17. November 2022 Teplizumab unter dem Handelsnamen Tzield zur Verzögerung des Beginns eines Stadiums 3 eines Typ-1-Diabetes approbiert. Indiziert ist Tzield bei Erwachsenen und pädiatrischen Patienten ab dem 8. Lebensjahr, wenn sich diese im Stadium 2 befinden. Tzield wird als Infusion über 14 Tage täglich über 30 min intravenös verabreicht. Die Europäische Behörde EMA hat Teplizumab noch nicht zugelassen.
Verapamil
Dieser Kalziumkanalblocker reduziert die Thioredoxin-interagierende Proteinexpression und die Betazellapoptose und könnte eine Präservation der Betazellen nach Diagnose eines Typ-1-Diabetes bewirken. Nach Mäuseversuchen liegt eine RCT- Phase II-Studie an 24 Personen vor, die ein besseres mahlzeitenstimuliertes C-Peptid nach 3 und 12 Monaten fand sowie einen geringeren Insulinbedarf und weniger Hypoglykämien. Auch bei pädiatrischen Patienten (n=47 vs. 41) bewirkte Verapamil eine bessere Betazellpräservation.
Liraglutid + Anti-Interleukin (IL)-21 – Antikörper
IL-21 – Blockade vermindert den Influx von neuen CD8-Effektor-T – Zellen in das Pankreas, wodurch die Inflammation in der Bauchspeicheldrüse verringert wird. Liraglutid vermindert den Stress der Betazellen und verbessert die bei Typ1-Diabetes gestörte Konversion von Proinsulin zu Insulin. Es liegt eine RCT-Phase II-Studie mit 4 Armen bei 308 frisch diagnostizierten Typ-1-Diabetespatienten mit noch residualer Betazellfunktion vor. In der Verum-Gruppe blieb die basale Nüchtern-C-Peptidsekretion nach 54 Wochen fast völlig erhalten und der Bedarf an exogenem Insulin nahm um fast ein Drittel ab. Nach Absetzen der Therapie glichen sich die Therapiegruppen schnell wieder an. Phase III-Studien laufen jetzt an.
Kommentar
Es ist zu hoffen, dass den neuen Verfahren mehr und auch anhaltender Erfolg beschieden sein wird als den bisherigen Immuninterventionen mit Insulin (2).
Helmut Schatz
Literatur
(1) Helmut Schatz: Teplizumab, ein Anti-CD3-Antikörper, verzögert den Typ-1-Diabetes-Ausbruch bei Verwandten mit hohem Risiko.
DGE-Blogbeitrag vom 16. August 2019
(2) Helmut Schatz: Orale Insulingabe an Kinder zur Diabetes-Verhütung bei Verwandten von Typ-1-Diabetespatienten wirkungslos.
DGE-Blogbeitrag vom 25. November 2017
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