Bochum, 16. September 2015:
Am 11. und 12. September 2015 fand in Theodor Billroths ehemaligem Sommersitz, heute ein kleines Hotel in St. Gilgen am Wolfgangsee in Österreich unter der Leitung von Eberhard Windler, Hamburg und Hans Dieplinger, Innsbruck die Jahrestagung der „D-A-CH -Gesellschaft Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ mit Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. In Impulsreferaten mit eingehenden Diskussionen wurden auch die neuen Proprotein Convertase Subtilisin Kexin 9 – (PCSK9) –Hemmer zur Lipidsenkung besprochen. Es sind dies die in den USA bereits zugelassenen Substanzen Alirocumab (Praluent™, Sanofi/Regenoron) und Evolocumab (Repatha™, Amgen). In der EU ist Repatha® ebenfalls schon approbiert, Praluent® soll Ende September die EMA-Zulassung erhalten. In St. Gilgen berichtete Ulrich Laufs aus Bad Homburg an der Saar zum Thema „Statinintoleranz – was tun in der Praxis? Die Sitzung wurde vom Referenten moderiert, welcher in der Einleitung die 2 Tage zuvor, am 9. September 2015 publizierten Daten einer Kosten – Nutzen – Analyse des Institute of Clinical and Economical Review (ICER) vorstellte, einer unabhängigen nonprofit – Gruppierung (1). Diese zeigen vereinfacht die Tabellen 1 und 2.
Tabelle 1, nach Daten aus (1)
CVD: Cardiovascular Disease, LDL: Low Density Lipoprotein,
QALY: Quality-Adjusted Life Years
Tabelle 2, nach Daten aus (1)
CVD: Cardiovascular Disease, LDL: Low Density Lipoprotein
In der Diskussion wurde betont, dass die Indikation gemäß Zulassung und Packungsbeilage nicht sehr spezifiziert ist, sondern einen breiteren Einsatzbereich umreißt, dass PCSK9-Hemmer aber bei der derzeitigen Preislage und vor allem auch den noch fehlenden Daten aus Outcome-Studien zu klinischen Endpunkten und langfristige Verträglichkeit nur sehr gezielt eingesetzt werden sollten. Die Resultate der ODYSSEY- und FOURNIER – Langzeitstudien werden erst in einigen Jahren vorliegen. Auch die Nebenwirkungen an den Injektionsstellen, aber auch vor dem Hintergrund der vielfältigen Regulationen durch PCSK9 von Hirn bis Niere sind noch nicht in ihrem Ausmaß abzuschätzen. Immerhin wurde auch eine leukozytoklastische Vaskulitis beobachtet (2). Ein weiterer Diskussionspunkt war der Einsatz von PCSK9-Hemmern speziell bei Lipoprotein(a)-Erhöhung. Hier wird der reine Lipoprotein(a)-Effekt als nicht übermäßig groß im Vergleich zur LDL-Senkung eingeschätzt. Wohl aber erscheinen die Kosten gegenüber denen der Lipid-Apherese eher vertretbar zu sein, so dass diese Patienten eine erste Indikationsgruppe bilden könnten.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Michael O´Riordan: PCSK9 Inhibitors non cost-effective at current price: ICER Review.
(2) Helmut Schatz: PCSK9-Hemmung durch Antikörper zur Lipidsenkung: Neue Ergebnisse.
DGE-Blogbeitrag vom 4. Mai 2014
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Wie immer bei der Entwicklung und Einführung neuer Medikamente sind Kostenaspekte nicht unbeachtlich. Wir meinen allerdings, dass die Diskussion hier mit den für Deutschland relevanten Daten zu führen ist. In jedem Fall ist die Extrapolation von Schätzungen aus den USA wenig hilfreich. Letztendlich werden die Kosten pro gerettetem Lebensjahr unmittelbar vom Ereignisrisiko des zu behandelnden Patienten und damit von dessen klinischer Situation abhängen. Damit kann eine verantwortlich gestellte Indikation für die Behandlung mit PCSK9-Antikörpern sehr wohl auch kosteneffizient sein.
Auf der Jahrestagung der D•A•CH-Gesellschaft Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ging es aber primär um auf die bislang nie erreichte Wirksamkeit des Therapieprinzips der neuen und nunmehr zugelassenen PCSK9-Antikörper und die damit verbundenen Chancen für Patienten. Das LDL-Cholesterin kann um 50 bis 60 Prozent gesenkt werden, selbst zusätzlich zur der höchsten Statindosis. Das ist die gute Nachricht für all diejenigen, die bisher nicht ihren Zielwert für das LDL-Cholesterin erreichen konnten und unter den Folgen schwerer Arteriosklerose leiden. Im Vergleich zu den Behandlungskosten einer LDL-Apherese sind die Kosten schließlich moderat bis sehr günstig.
Eberhard Windler
Natürlich, Nur: wenn ausser Jahreskosten in EU Ländern noch keine detaillierten Informationen und
Berechnungen vorliegen, muss man doch zur Orientierung auf andere Länder schauen dürfen.Und Diskussion sollte doch immer erlaubt sein – oder?
Prof. Windler diskutiert auch „gerettete Lebensjahre“, ohne dass die Outcome-Daten schon vorliegen.
Am 12. November 2012 berichtet Medscape Deutschland (http://www.medscapemedizin.de/artikelansicht/4904270_print) über die von mir im obigen Blogbeitrag zitierte ICER-Analyse (s.o., Lit. 1) und schreibt unter der Überschrift: „Hersteller Amgen widerspricht, Sanofi prüft die Analyse“ : .. …Trotz des sehr guten Effektes der PCSK9-Hemmer warnen auch die Reviewer, dass die bisherigen Studien zu harten Endpunkten bislang zu kurz und zu wenig aussagekräftig sind. Ferner hätten andere Medikamente signifikante Reduktionen der LDL-Cholesterinspiegel gezeigt wie Torcetrapib und Niacin und dennoch harte klinische Endpunkte nicht reduziert.Die Ergebnisse der Endpunktstudien ODYSSEY (Alirocumab) und FOURIER (Evolocumab) werden frühestens 2017 verfügbar sein“. Sanofi erwartet, dass „die Versicherungen sicherstellen, dass der Statin-EInsatz zunächst optimiert wird, da viele Patienten heutzutage untertherapiert sind“.
die preise für diese beiden pcsk-9-hemmer sind immer noch unverschämt hoch und zeigen die gier dieser pharmafirmen