Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Cholesterinsenkung mit Inclisiran (Handelsname: Leqvio®) zur halbjährlichen s.c. Injektion


Bochum, 24. Februar 2021:

Inclisiran ist ein seit 1. Februar 2021 in Deutschland verfügbarer neuer Cholesterinsenker, welcher nur einmal im halben Jahr s.c. appliziert wird (nach anfänglicher Booster-Injektion nach 3 Monaten). Inclisiran ist eine siRNA (small interfering RNA), welche durch  sogenanntes „gene silencing“ die Translation des Proteins PCSK9 inhibiert. Durch Kopplung an das Kohlenhydrat N-Acetylgalactoasamin (GalNAc) gelingt ein Leber-spezifisches targeting, da die Hepatozyten Asialoglycoprotein-Rezeptoren exprimieren.

Schon 2017 wurde auf dem Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona über den Einsatz von Inclisiran berichtet: Es wurde  Orion 1, eine Phase II – Studie bei Patienten mit hohem atherosklerotischen Risiko vorgestellt. Die Substanz wurde in unterschiedlichen Dosen in verschiedenen Abständen s.c. injiziert und die LDL-Senkung hielt etwa ein halbes bis zu einem Jahr an (1).  Nach drei Phase III-Studien –  auf dem Europäischen Kardiologenkongress in Paris wurde am 2. September 2019 ORION 11 vorgestellt (2) – hat die Europäische Medizinbehörde EMA im Februar 2021 Inclisiran (Leqvio, Firma Novartis) zur  Cholesterinsenkung  approbiert (3,4).  Kurz zuvor wurde auch die Bempedionsäure (5),  Handelsname Nilemdo® zugelassen. Durch das halbjährlich s.c. zu injizierende RNA-Derivat Inclisiran wird die PCSK9-Synthese gemindert. Die LDL-Spiegel sinken etwa auf die Hälfte, da durch die RNA-Interferenz weniger PCSK9 gebildet wird, was dazu führt, dass mehr LDL-Rezeptoren auf der Zelloberfläche exprimiert werden und so das LDL-C im Plasma sinkt.

Der große Vorteil gegenüber den PCSK9-Hemmern wie Repatha® oder Praluent® ist, dass es nicht ein-  oder zweiwöchentlich injiziert werden muss, sondern nur alle halben Jahre. Nachteil ist ebenso wie bei den PCSK9-Hemmern der hohe Preis (s.u.). Zugelassen ist Inclisiran für Erwachsene mit primärer,  heterozygot familiärer und nichtfamiliärer  Hypercholesterinämie oder bei gemischter Dyslipidämie zusätzlich zu diätetischer Therapie  als Zusatz zu Statinen mit oder ohne weitere Lipidsenker wie etwa Ezetimib, wenn die neuen, strengen LDL-Ziele nicht erreicht werden. Auch bei Statinintoleranz oder eine Kontraindikation zu Statinen kann es verabreicht werden.

Als Nebenwirkungen treten an den Injektionsstellen Schmerzen, Erytheme oder Ausschläge auf, die als milde bis moderat beschrieben werden. Bei etwa jedem Fünften stiegen in den Zulassungstudien die Transaminasen an, häufiger als in den Plazebogruppen, bis zum Dreifachen der oberen Referenzgrenze.

Preise: Die Therapiekosten betragen pro Jahr mit Inclisiram (Leqvio) ~5.800 Euro, mit Evolocumab (Repatha)  ~6.300 Euro, mit Bempedoinsäure (Nilemdo)  ~1.700 Euro und mit Simvastatin ~70 Euro. Die Jahrestherapie mit  LDL-Apherese kostet gegenüber Inclisiram oder PCSK9-Hemmern hingegen ein Vielfaches.

Langzeitdaten über Endpunkte bei den Patienten fehlen noch. Die kardiovaskuläre Outcome- Studie ORION-4 läuft noch (seit 2018).

Helmut Schatz

Literatur

(1) Helmut Schatz: Neues zu koronarer Herzkrankheit und Lipiden auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Barcelona 2017. Teil II: ORION-Studien mit Inclisiran.
DGE-Blog 2. September 2017

(2) Helmut Schatz: Inclisiran, eine Ribonukleinsäure zur Halbierung des LDL-Cholesterins. Die ORION-11 Studie.
DGE-Blogbeitrag vom 16. September 2019

(3) Novartis: Fachinformation LEQVIO, Stand Dezember 2020

(4) EMA: Europäischer Beurteilungsbericht (EPAR) LEQVIO, Stand Oktober 2020.
https://www.a-turl.de?k=orxl

(5) Helmut Schatz: Bempedoinsäure zur Senkung des LDL-Cholesterins in den USA approbiert.
DGE-Blogbeitrag vom 3. März 2020

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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15 Antworten auf Cholesterinsenkung mit Inclisiran (Handelsname: Leqvio®) zur halbjährlichen s.c. Injektion

  1. Dr.techn.Helmut Kiendl sagt:

    Ich habe vor Jahren nach der Empfehlung von Prof. Schatz die Therapie mit Simvastatin ausgesetzt und meine Cholesterinwerte sind seitdem nur knapp außerhalb der empfohlenen Richtwerte. Nun ergibt sich natürlich die Frage, ob ich mit der Einnahme des neuen Mittels wieder in die Behandlung einsteigen soll. Nicht unerheblich ist auch die Frage, ob die Krankenkasse dieses teure Medikament bezahlen wird.

  2. Helmut Schatz sagt:

    Auf gar keinen Fall ! Wenn Dein Arzt und Du (im 84. Lj.! ) es aber wollen, sollten die Werte steigen, dann zuerst zusätzlich zum Lebesstil wieder ein Statin!.

  3. Ralf Becker sagt:

    Hallo, ich bekomme ab morgen dieses neue Medikament und habe bisher über 6 Monate Repatha gespritzt. Dabei wurde kein Anstieg der Transaminasen festgestellt. Diese Nebenwirkungen als Anstieg bis zum 3 Fachen der oberen Referenzgrenze des bei jedem 5. Studienteilnehmers verunsichert mich nun sehr, da dies ja auch ein Zellverfall von Leber u. ggf Herzzellen bedeutet…Können Sie mir dazu mehr sagen, ob auf lange Sicht diese Nebenwirkung nicht zu gefährlich ist bei diesem neuen RNAi- Therapeutikum, weil ja auch noch keine Langzeitstudien vorhanden sind. Danke u. VG Ralf Becker

  4. Blohm sagt:

    Ich heftige Nebenwirkung entwickelt..hab Nasennebenhöhlenentzüdung und starke Kopf und Gliederschmerzen über 10 Tage gehabt…Leqvio..

  5. JHP sagt:

    Alter : 72 191 cm 91 kg Lp(a) bei 640 nmol/l (234 mg/dl) !!!!
    Unter Atorvastatin + Ezetrol HDL C von 127 auf 83 Chol von 184 auf 140
    Gukoseveränderung unter Ezetrol von 95 auf 130!

    Weiter Medikation – Provas 160 + BelocZok mite + Hygroton 25
    Stents BAA+Iliaca (li) Nach Thrombose im Stent – Clopidogrel 75 (ASS-non-responder)

    Umstieg auf Inclisiran sinnvoll ( auch wg. Ezetrol und damit verbundem Anstrieg der Glukosewirkung (auf Diabetes)?
    Wer kann das beurteilen ??

  6. Dr. Junghans sagt:

    Inclisiran sollte zunächst so gehandhabt werden wie auch die Antikörpertherapien (Repatha und Praluent) –
    es kann also a.e. dann verordnet werden wenn > 12 Monate die LDL Zielwerte nicht erreicht werden trotz maximaler diätetischer und medikamentöser Therapie – mehrere Statine sollten probiert worden sein, Ezetimib sollte probiert worden sein, ggf. plus Bempedoinsäure – und zudem sollte schon eine kardiovaskuläre Erkrankung vorliegen (also z.B. KHK mit Z.n. Stent oder Bypass oder Infarkt oder Z.n. ischämischen Schlaganfall oder Carotisstenosen oder pAVK (Schaufensterkrankheit) oder aber eine gesicherte genetische FSW-Störung mit ungünstiger Familienanamnese (also frühe Herzinarkte oder Schlaganfälle bei Verwandten ersten Grades) –

    Bisher ist das NW Profil in den Studien sehr gut, lediglich vermehrt INjektionsstellenreaktionen – aber die klinische Erfahrung über die nächsten Jahre wird hier mehr zeigen.

  7. Leni sagt:

    Ich habe bisher zwei Spritzen bekommen. Mein LDL ist von 180 auf 100 gesunken . Mein Lpa von von 190 auf 124 !Mit den Nebenwirkungen Kopfschmerzen und Gewichtszunahmen konnte ich mich wohl oder übel arrangieren. Dass aber aus zunächst gelegentlich tauben Zehen , jetzt dauernd taube und schmerzende Zehen werden, die zeitweise schmerzhaft verkrampfen , kann ich nicht mehr tolerieren. Ich weiß nicht, ob ich die 3. Spritze nehmen soll

  8. Dr Junghans sagt:

    Liebe Leni

    Taubheit ist m.W. Weder im umfangreichen Studienprogramm bekannt noch habe ich es bisher bei meinen Patienten erlebt –

    Sie sollten das dringend mit ihrem Arzt besprechen damit er nach Ursachen für das Taubheitsgegühl fahndet –
    Und auch bei scheinbar Krämpfen im Blut einiges einfaches mit anschaut wie
    Eisen und elektrolyte etc. – haben sie einen Diabetes ?

    Gute Besserung und alles Gute Ihnen !

  9. Bernd Piarowski sagt:

    Starke Muskelschmerzen, Schmerzen in den einzelnen Bereichen der Wirbelsäule, ständig Müdigkeit und Probleme mit der Konzentration. Beschwerden mit der Muskulatur vor allem nach Belastungen. Und damit verbunden häufig Luftknappheit.

  10. Bernd sagt:

    Starke Muskelschmerzen, Schmerzen in den einzelnen Bereichen der Wirbelsäule, ständig Müdigkeit und Probleme mit der Konzentration. Beschwerden mit der Muskulatur vor allem nach Belastungen. Und damit verbunden häufig Luftknappheit.

  11. Lutz Vogt sagt:

    Ich soll morgen diese Spritze bekommen habe etwas Angst davor zwecks Nebenwirkung habe seit Jahren hohes collorsterin u 5 Stands aber Herz ❤ gut ich würde wissen ob ich diese Spritze nehmen soll habe alle Statine ausprobiert habe nicht vertragen

  12. Dr. Junghans sagt:

    Unsere bisherigen Erfahrungen sind erfreulicherweise sehr gut was die Verträglichkeit anbelangt.
    Die meisten unserer Patienten berichten über sehr gute Verträglichkeit, auch wenn sie vorher sehr vieles schon gar nicht vertragen hatten.
    Viel Erfolg bei der Therapie!

  13. Leqvio Anwender sagt:

    Erste Spritze Inclisiran am 20.07.22 Nebenwirkungen:
    Bein-/Rückenschmerzen,Kopfschmerzen,sehr starke Halsschmerzen plus Globus hystericus, Atemprobleme bei gleichzeitiger Verschlechterung des bestehendes allergischen Asthmas.Ständiger Übelkeit und Schwindel.
    Auf der linken Brustseite Druckgefühl&Schmerzen.
    UND sehr starke Blutdruckschwankungen 160-95 bis 100-70
    LEIDER werde ich weitere Spritze nicht mehr anwenden. :(

  14. Cl.Ju. sagt:

    Ich habe dieses Jahr (2023) im März meine 1.Leqvio bekommen und sehr gut vertragen. Ich hab nur große Angst das es nicht wirkt. ich habe Rheuma und nehme deswegen Kevzara, seither ist mein Cholesterin Spiegel nicht gesunken,sogar gestiegen wenn auch minimal trotz Crestor 20mg und Ezetemib 10mg.
    Kann mir jemand sagen ob dieses Medikament gut Erfolgsaussichten hat trotz des Biologikas?

  15. Schneggerle sagt:

    In der ersten Woche wurde ich nachts wegen stechender, starker Schmerzen im Darm wach.
    In der zweiten Woche bekam ich nach der abendlichen Einnahme von Nilemdo 180 mgh vier Abzesse auf der rechten Wange. Das war extrem schmerzhaft.
    Außerdem habe ich ein Wundgefühl in den oberen, vorderen Atemwegen. Verbunden mit Hustenreiz.

    Mein Arzt riet mir abzusetzen und abwarten, ob Besserung dieser Nebenwirkungen zu erwarten ist.

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