Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Clomiphen bei männlichem Hypogonadismus vor der Zulassung?


Bochum, 28. Oktober 2015:

Am 3. November 2015 ist eine Sitzung des Beratergremiums der Amerikanischen Arzneibehörde (FDA) anberaumt, das eine Empfehlung über Enclomiphen-Zitrat, ein oral zu gebendes, rechtsdrehendes Isomer von Clomiphen abgeben soll. Beantragte Indikation: „Sekundärer Hypogonadismus bei Männern mit Übergewicht/Adipositas und dem Wunsch nach einer Wiederherstellung einer normalen Hodenfunktion“. Das sind Menschen mit generell noch erhaltener Fertilität. In Deutschland ist Clomiphen bei Frauen (etwa Clomifen FERRING®) schon seit Jahrzehnten zur Induktion einer Ovulation zugelassen. Im angloamerikanischen Raum wurde Clomiphen auch bei Männern bereits seit über zwei Jahrzehnten zur Therapie des Hypogonadismus bei gleichzeitig bestehendem Kinderwunsch eingesetzt. Jetzt soll wohl die Indikation bei Übergewicht und Adipositas in den Vordergrund gerückt werden. Eine Entscheidung der FDA wird für den 30. November 2015 erwartet (1).

Für Enclomiphen, einen nicht-steroidalen Östrogen-Rezeptor-Antagonisten war von der Firma REPROS Therapeutics Inc. der Handelsname „Androxal“ vorgesehen, der von der FDA aber nicht akzeptiert wurde, weil er an „Androgen“ erinnert, was Enclomiphen nicht ist. Im Dezember 2012 wurde eine Phase 2B –Studie gemäß FDA-Empfehlung bei Patienten mit sekundärem Hypogonadismus beendet, welche die Verträglichkeit und Sicherheit zeigte; es kam zu keinem Therapieabbruch. Nach erfolgreichen Wirksamkeitsstudien der Phase 3 wurde am 2. Februar 2015 der Zulassungsantrag bei der FDA als New Drug Application (NDA) eingereicht. Auch über die Europäische Arzneibehörde soll in einem speziellen Verfahren (Marketing Authorization Application) die Verfügbarkeit in der EU ermöglicht werden (1).

Kommentar

Ein Hypogonadismus findet sich nicht selten bei Übergewicht und Adipositas, oft zusammen mit Diabetes mellitus Typ 2. Diese funktionelle Störung ist reversibel, etwa durch Gewichtsabnahme und Sport. Interventionsstudien mit Testosterongabe hatten bei solchen Patienten widersprüchliche Resultate geliefert. Wenn sich die Sicherheit und gute Verträglichkeit von Enclomiphen über längere und lange Zeiträume bestätigen sollte, so wäre dieser Wirkstoff eine begrüßenswerte Behandlungsoption. Sieht man ins Internet, so erkennt man, dass jedoch ein breiterer Missbrauch der Substanz zu befürchten ist, ähnlich wie es bei „Low T“ jetzt schon der Fall ist: Testosterongabe ohne nachgewiesen erniedrigte Hormonspiegel, nur bei mehr oder minder unspezifischen Symptomen (2.). So kann man im Internet jetzt schon rezeptfrei Clomiphen auch für den Mann, insbesondere bei schlechter Spermienqualität über viele Quellen beziehen. Im Umfeld von Fitness-Studios gibt es Mischpräparate mit Testosteron und Clomiphen zu kaufen. Im Internet findet sich übrigens auch ein Präparat „HighT“, über das zu lesen ist (3): „Gegen den Testosteronmangel und für die natürliche Erhöhung des Testosteronspiegels“ sowie: „Ihr Testosteronspiegel ist der Schlüssel zu Ihrer körperlichen, geistigen und sexuellen Bestform als Mann“. Und dann eine Erklärung: „Erhöhung des Testosterons durch Stimulierung der körpereigenen Testosteron Produktion“, mit einem korrekten Schema des Mechanismus: Hypothalamus -> Hypophyse -> Lutropin (LH) -> Hoden -> Freies Testosteron. Nur findet man nirgendwo die Angabe, dass „HighT“ Enclomiphen enthielte. Vielmehr steht auf der Packung „Dietary Supplement“, und dass es „pflanzlicher Herkunft“ sei. Dieses Beispiel zeigt, dass man von einer Selbstmedikation über das Internet die Finger lassen sollte.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Form 10-Q for REPROS THERAPEUTICS INC.
http://biz.yahoo.com/e/150810/rprx10-q.html

(2) Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Wechseljahre des Mannes gibt es nicht: Altersbedingter Testosteronmangel betrifft nur wenige.
Pressemitteilung vom 16. März 2015

(3) Gegen den Testosteronmangel und für die natürlichen Erhöhung des Testosteronspiegels.
http://www.mensworld24.com/testosteron-booster/

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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20 Antworten auf Clomiphen bei männlichem Hypogonadismus vor der Zulassung?

  1. drk sagt:

    Gibt es zu Enclomiphen neuere Erkenntnisse?
    Wurde das Medikament mittlerweile zugelassen und gibt es Erfahrungen mit diesem Medikament?
    Dann würde Enclomiphen als Dauertherapie erfolgen und zur Einstellung der Dosis dient der Gesamttestospiegel?

    Mit freundlichen Grüßen

  2. Helmut Schatz sagt:

    Nach meinen Informationen wurde Clomifen nicht auch für den Mann zugelassen. Auf dem Doping-Markt boomt es, da es dem Schrumpfen der Hoden unter Doping mit Testosteron entgegenwirkt. Sollten Sie übergewichtig sein, evtl. auch mit Diabetes, als allererstes aber Gewicht abnehmen und körperliche Aktivität und noicht5 Testosteron oder off-label Clomifen.

  3. Jonathan sagt:

    Können Sie sagen, woran die Zulassung gescheitert ist? Gibt es einen echten medizinischen Grund oder hat es der Hersteller von Testogel erfolgreich verhindert?

    Würde man Clomiphen nun Off-Label einsetzen, wie hoch wäre die Dauerdosis? Ich bin weder übergewichtig noch leide ich an Diabetes. Und Steroide verwende ich auch nicht, denn genau dies möchte ich durch Clomiphen vermeiden.

    Wäre Tamoxifen ähnlich wirksam oder gar besser als Clomiphen? Wie stark sind die Nebenwirkungen insbesondere im Hinblick auf den Augeninnendruck?

    Vielen Dank für eine Antwort!

  4. Helmut Schatz sagt:

    Mehr als in meinem Beitrag steht kann ich Ihnen nicht sagen. Grundsätzliche Frage; Haben Sie einen sekundären Hypogonadismus? D.h. ein erniedrigtes LH bei erniedrigtem Testosteron? Wenn LH aber hoch oder erhöht ist, würde Clomifen nichts bewirken.

  5. Jonathan sagt:

    LH 4,5 [3,5 – 8,0]
    FSH 3,0 [3,2 – 8,0]
    FAI (freies Testosteron) 27,5 [36 – 111]
    Testosteron 13,7 [8,6 – 29,0]

  6. Helmut Schatz sagt:

    Wohl kein sekundärer Hypoginadismus, da LH und FSH normal bzw. nicht stärker erniedrigt sind. Ggf.noch einen GnRH-Test machen, aber eher nicht nötig, da bei Ihrer Kostellation der Hormone Clomiphen kaum etwas bringen würde.

  7. Smutje111 sagt:

    Wirkt clomifene auch bei Gewichtsreduzierung in Verbindung mit clenbuterol….

  8. Bulli sagt:

    Hej, Smutje111, dies ist ein Medizinisches Forum und keine Doping-Beratungsstelle. Ich liege doch nicht falsch?

  9. Gordon sagt:

    Lieber Herr Schatz,

    wird Clomiphen in Lateinamerika nur temporär beim Hypogonadismus mit Kinderwunsch eingesetzt? Ist dabei die gleichzeitige Anwendung von Testosteron ueberflussig? Sind Ihnen Daten zur Lebertoxizitaet bekannt?

    Mit freundlichen Gruß

    Gordon

  10. Helmut Schatz sagt:

    Lieber Gordon, diese Fragen kann ich spontan nicht definitiv beantworten Fragen Sie bitte unsere Fachleute aud diesem Gebiet (die beide Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie waren), Herrn Professor Jörg Gromoll, Zentrum für Reproduktionsmedizin der Universität Münster, oder Prof. Günther Stalla, Medicover München, Odeonsplatz. Frdl. Grüße! Helmut schtz

  11. Josua sagt:

    Lieber Herr Schatz,

    seit vielen Jahren lebe ich mit einer chronischen Schliddrüsenentzündung (Hashimoto). Mittlerweile mit L-Thyroxin ganz gut eingestellt. Leider sind meine Testosteron-Werte auch am unteren Ende und ich habe zunehmend mit Mangelerscheinungen zu kämpfen, besonders Libido und EDS machen mir sehr zu schaffen. Der Prolaktin Wert ist auch laufend erhöht, ohne das ein Prolaktinom vorliegt, MRT wurde gemacht. Dostinex senkt zwar den Spiegel, es bleibt aber trotz 1mg pro Woche ein Sockelwert in der Größenordnung von 20ng/ml bestehen. Eine Testosteron Therapie (Gel) hab ich vor Jahren versucht, ich hatte das Gefühl, mein Körper schüttete nur noch mehr Anti-Hormone aus um den Testosteronwert abzusenken. Überhaupt scheinen mir nicht die Hoden das Problem zu sein, sondern eher eine gestörte Hypophyse in Verbindung mit meinem Schilddrüsenproblem. Ich bin auf Clorifen aufmerksam geworden und erhoffe mir dadurch eine Verbesserung. Wie ist Ihre Meinung dazu? 25,7(FAI), 1,54 ng/ml

  12. Helmut Schatz sagt:

    Habe mit Clomifen keine Erfahrung. Hashimoto hat mit Prolaktin und Testosteron wohl kaum etwas zu tun. Besprechen Sie sich mit Ihrem Endokrinologen.

  13. Michael sagt:

    Hallo Herr Schatz,

    ich bin 28, leide an typischen Hypogonadismus Symptomen mit Blutwerten LH: 3.1 U/I FSH: 1.8 U/I und Ges.Testo:11.9 nmol/L, leicht erniedrigtes freies Testosterone und gesundes Spermiogramm.

    Aufgrund meiner Symptomatik habe ich nun Testogel verschrieben bekommen.

    Durch Recherche bin ich auf Clomiphen aufmerksam geworden, da ein Kinderwunsch in Zukunft besteht, wirkt es für mich deutlich sinnvoller als direkte Testosteronzugabe.

    Meine Frage, sind meine LH und FSH Werte niedrig genug um durch Clomiphen sich eine Wirkung zu erhoffen?

  14. Helmut Schatz sagt:

    Jeder Assay hat eigene Referenzbereiche, daher sind „nackte“ Zahlen schwer zu interpretieren. Suchen Sie einen Endokrinologen, der Sie befragen und untersuchen kann auf und mit dem Sie sich besprechen müssen.

  15. Gordon sagt:

    Hallo Michael,

    das Problem beim Regelkreis o. den Hormonen zu suchen muss nicht der richtige Ansatz sein. Sexualhormone sind Luxushormone die können schnell mal vom Koerper runter reguliert werden. Die Ursachen können z.B. sein, Entzuendung und Infektionen im Mundraum (z.B. Nicos), Schwermetalle (z.B. Amalgam), Xenobiotika, Funkstrahlung (Handy in der Hosentasche, wlan, 5G), Vitalstoffmangel, Mangel an Selbstwert und Sinn, Darmdysbiose bzw. Mastzellaktivierung, Ueber- und Untergewicht, Trauma usw. Bei manchen Hashimoto-Patienten kann z.B. eine Senkung des Histaminspiegels dazugehören das sie Ihre Schilddruesenmedikamente absetzen koennen. Daher kann ein ganzheitlich, ursachenorientierter Arzt oder Heilpraktiker eine bessere Adresse sein. .

    Alles Gute.

  16. Lars Glöckner sagt:

    Inzwischen gibt es eine neue Studie zu Clomiphencitrat, die wirklich hilfreich sein könnte, die Zulassung noch zu erwirken: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36998229/

  17. Helmut Schatz sagt:

    Sehr geehrter Herr Glöckner, es gibt schon seit Jnhren Studien in dieser Richtung. Danke für den Hinweis auf die neue Studie mit dem Literaturzitat. Damit nicht-ärztliche betroffene Patienten /Leser nicht falsche Schlüsse ziehen: Clomifen kann nur beim sekundär-tertiären Hypogonadismus wirken (beim hypogonadotropen Hypogonadismus), nicht beim primären (hypergonadotropen) Hypogonadismus, bei dem die Störung in den Hoden selbst und nicht in der Hypophyse oder im Hypothalamus liegt. Denn da sind die Gonatdotropine LH und FSH ohnedies schon durch die fehlende Rückkoppelung erhöht.

  18. HaEr sagt:

    Sehr geehrter Herr Dr. Schatz! Ich habe ebenfalls Clomiphen wegen hypogonadotropen Hypogonadismus verschrieben erhalten. Der Testosteronwert stieg von vor der Behandlung 2,18 ng/ml auf immerhin 3,86 ng/ml. Ich nehme allerdings nur jeden 2. Tag eine halbe Tablette. An Nebenwirkungen muss ich tatsächlich gewisse Sehstörungen (etwas verschwommenes Sehen) hinnehmen. Ist das ok??

  19. Helmut Schatz sagt:

    #HAER: wichtig ist: Nicht nur auf den Testo-Spiegel schauen, sondern auch, ob sich in Ihrem Befinden etwas geändert hat. Der Spiegel unter Clomiphen ist ja nur gering gestiegen.

  20. RLA sagt:

    @HAER:
    Wie lange hast Du es schon eingenommen als die 2. Messung durchgeführt wurde? Hast Du körperliche Veränderungen festgestellt? Ist Deine Einnahme, jeden 2. Tag eine halbe Tablette, die empfohlene Dosierung?

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