Bochum, 10. September 2021:
Am 2. September 2021 erschien im DGE-Blog ein Artikel über das Coronavirus und die Impfungen (1). Darin wurden, wie I. Schröter in einem Kommentar zu dem Beitrag schreibt, als „Variants of Concern“ Alpha, Beta, Gamma und Delta sowie als „Variant of Investigation” Kappa angeführt. Letztere Varianten werden auch als „Variants of Interest“ bezeichnet. Gestern, am 9. September 2021 nahm die WHO auch die Variante MU in die Liste der „Variants of Interest“ auf (im Englischen ausgesprochen M’yoo, oder MY, = griechischer Buchstabe µ). Die Europäische Arneimittel-Agentur EMA bezeichnet MY als „potenziell besorgniserregend“. MY wurde erstmals in Kolumbien zu Beginn des Jahres 2021 beschrieben, wo diese Variante bereits im Juli 2021 knapp 70% aller Covid-Infektionen ausmachte. In Florida betraf MY damals etwa 9% der sequenzierten Virusgenome. Man findet MY in mehr als 40 Ländern, in den USA in allen Staaten ausser Nebraska. Weltweit liegt MY zur Zeit aber (noch?) bei 0.1%. Delta befindet sich in Europa zur Zeit mit 99% an der Spitze, 97% waren es im August 2021 in Miami.
Bei MY sind mehrere Mutationen assoziiert, von Delta und auch von Alpha (B.1.1.7), einer Variante, die als besonders übertragbar gilt. So kann man vermuten, dass MY gegenüber Delta, vom Virus aus gesehen, einen Überlebensvorteil hat. Heute ist bereits ein großer Bevölkerungsteil durch Impfung immun, auch gegen Delta. Die Frage ist, ob MY der Vakzination entkommen kann. MY weist die Mutationen E484K und K41N auf, bekannt aus der Beta-Variante, die immunologisch besonders resistent ist, auch im Vergleich zu Delta. Vor einigen Tagen erschien als Preprint eine Arbeit, die fand, dass MY tatsächlich etwas immun-resistenter ist als Beta. Man muss aber bedenken, dass eine Infektion nicht mit einer ernsten Erkrankung gleichzusetzen ist. Auch gegenüber den am stärksten Vakzine-resistenten Varianten übt eine Vakzination auf die geimpfte Person immer noch einen Schutz vor der Erkrankung aus, zumindest auf den Verlauf (2).
Kommentar
Dass Viren mutieren, ist jedem Arzt und Patienten von der jährlichen Grippeimpfung mit einer jeweils aktuellen Vakzine bekannt, die auf den Virusstämmen des Vorjahres beruht. Insofern dürfte es wohl zutreffend sein, wie auch von Virologen mehr oder weniger deutlich ausgesprochen, dass wir mit Coronaviren werden leben müssen. Erfreulicherweise sind die meisten Mutationen ungefährlich und das Erreger-Verhalten gegenüber den Menschen wird dadurch nicht verändert. Natürlich kann aber durch Mutationen die Wirksamkeit eines bereits vorhandenen (auch Corona-) Impfstoffes verändert werden. Diese werden bereits an die vorherrschenden Varianten angepasst, wie etwa auch der russische Sputnik V-Impfstoff für Delta (1).
Helmut Schatz
Literatur
(1) Helmut Schatz: Das Coronavirus und die Impfungen
DGE-Blogbeitrag vom 2. September 2021
(2) Damian McNamara: How Concerned Should We Be About Mu Variant?
https://www.medscape.com/viewarticle/958436_print
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