Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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David Sackett, der ‚Vater der Evidenzbasierten Medizin‘ mit 80 Jahren gestorben


Bochum, 22. Mai 2015:

Am 13. Mai 2015 verstarb David Sackett im Alter von 80 Jahren an einem Gallengangskarzinom. Geboren in Chicago, studierte er Medizin an der Universität von Illinois, spezialisierte sich in Innerer Medizin und Nephrologie und erwarb ein Master Degree in Epidemiology an der Universität in Boston, Massachusetts. Bereits 1967 errichtete er das weltweit erste Department für Klinische Epidemiologie an der Medical School of Hamilton in Ontario, Kanada. Zusammen mit einem seiner Schüler Dr. Haynes und anderen verfasste er das heutige Standard-Lehrbuch für Klinische Epidemiologie.

Sackett war es, der die Kliniker lehrte, wie man die in Studien gewonnenen „Evidenzen“ (im Deutschen: „Beweise“) anwenden soll. Seine Hierachie der Evidenzen ist heute jedem Studenten bekannt. Darin ging er einen Schritt über die Studienresultate hinaus und bezog die klinischen Erfahrungen und persönlichen Fähigkeiten eines Arztes und auch die individuelle Situation und die Präferenzen des Patienten mit in die Entscheidungsfindung ein. In den 1990er Jahren kam seine Evidenz-basierte Medizin (EBM) zur vollen Blüte, nachdem er die Einladung angenommen hatte, in Oxford, UK ein Zentrum für Evidenz-basierte Medizin zu errichten. Die Einrichtung der Cochrane Collaboration geht maßgeblich auf ihn zurück.

Nach anfänglich heftiger Kritik überzeugte er zunehmend seine Gegner, weniger durch Diskussionen als durch den praktischen Einsatz der EBM bei seinen Visiten im John Radcliffe Hospital in Oxford. Dabei kamen ihm seine hervorragenden Fähigkeiten als Lehrer zugute. Sein Schüler und Mitstreiter Dr. Haynes betonte, dass David Sackett bei der Errichtung des Gebäudes der EBM aber keineswegs alles selbst gemacht habe, sondern vielmehr in der Lage war, seine Mitstreiter zu motivieren, Arbeiten zu übernehmen.

David Sacketts großes Verdienst ist es, das mit Statistiken beladene Gebiet der Epidemiologie, welches sich normalerweise an das Öffentliche Gesundheitswesen (Public Health) richtet, mit der täglichen ärztlichen Praxis kombiniert zu haben. Sackett selbst sagte dazu, dies sei „ the conscientious explicit and judicious use of current best evidence in making decisions about the care of individual patients”. Dass sich diese Idee durchgesetzt hat, sieht man daran, dass heute Ärzte bei ihrer täglichen Arbeit zunehmend ihre Smartphones benutzen, um beim individuellen Patienten, sei es am Krankenbett oder in der Sprechstunde, etwa die (Praxis-)Richtlinien der Fachgesellschaft für das jeweilige Krankheitsbild nachzulesen (1).

Helmut Schatz

Literatur

(1) David Sackett, „Father of Evidence-Based Medicine“, dies at 80.
Medscape, 18. Mai 2015

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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