Bochum, 17. November 2018:
Auf dem Kongress der American Heart Association (AHA) in Chicago wurden am 10. November 2018 die Ergebnisse der DECLARE-TIMI 58- Studie bei ~17.000 Typ-2 – Diabetespatienten aus 33 Ländern mit dem SGLT2-Hemmer Dapagliflozin vs. Plazebo über im Mittel 4.2 Jahre vorgestellt (1). Etwa 10.000 Patienten hatten keine vorbestehende kardiovaskuläre Erkrankung (CVD), sondern nur multiple Risikofaktoren, bei ~7000 bestand bereits eine CVD. Schon vor der offiziellen Publikation auf dem AHA-Kongress und zeitgleich im NEJM (1) waren am 25. September 2018 von der Sponsorfirma AstraZeneca Resultate bekanntgegeben worden. Dies wird aus wissenschaftlich/akademischer Sicht heute von manchen als ungewöhnlich angesehen, aber von vielen Firmen praktiziert.
Die Studie wurde zunächst gemäß behördlicher Vorgabe zum Ausschluß unerwünschter kardialer Nebenwirkungen von Diabetesmedikamenten durchgeführt: Das primäre Sicherheits-Outcome setzte sich aus ernsten CV Ereignissen (MACE) zusammen: CV Tod, Myokardinfarkt oder ischämischer Schlaganfall. Hier ergab sich gegenüber Plazebo eine non-inferiority. Ein später auf Grund der Daten der EMPA-REG Outcomes – Studie noch vor Bekanntwerden von Ergebnissen den Behörden gemeldeter und von diesen akzeptierter zweiter primärer Endpunkt, das primäre Wirkungs-Outcome, bestand aus MACE und einem Komposit aus CV Tod oder Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz: Die ernsten CV Ereignisse waren unter Dapagliflozin nicht unterschiedlich zu Plazebo, die MACE-Rate betrug 8.8% gegenüber 9.4% unter Plazebo (HR,0.93; 95% CI, 0.84 – 1.03, p=0.17), für Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz oder CV Tod errechnete sich für Dapagliflozin jedoch ein signifikanter Vorteil: 4.9% vs. 5.8% (HR, 0.83; 95%CI, 0.73-0.95, p=0.005), dies wegen einer deutlich niedrigeren Rate an Hospitalisationen. Ein sekundäres Wirkungs-Outcome umfasste renale Parameter wie eine Abnahme der glomulären Filtrationsrate, terminale Niereninsuffizienz oder renaler Tod: Hier betrug die Rate pro 1000 Patientenjahre unter Dapagliflozin 3.7 vs. 7.0 unter Plazebo (95% CI,0.53, 0.43-0.66).
Diabetische Ketoazidosen waren unter Dapagliflozin häufiger als unter Plazebo (0.3% vs. 0.1%, p=0.02) , ebenso Genitalinfekte, die zum Therapieabbruch führten oder als ernste unerwünschte Nebenwirkung eingestuft wurden (0.9% vs. 0.1%, p= 0.001). Unter Dapagliflozin vermehrte Amputationen wurden in der Studie nicht gesehen.
Kommentar
DECLARE-TIMI 58 zeigt für Dapagliflozin zwar nicht ein gleich breites Spektrum an CV Vorteilen wie bei anderen SGLT2-Hemmern, es wurden aber etwa 10.000 Patienten ohne etablierte CV Erkrankung untersucht, die „nur“ multiple CV Risikofaktoren aufwiesen. Auch bei diesem bisher nicht breiter untersuchten Kollektiv von Typ-2- Diabetespatienten fand sich ein signifikante Verringerung der Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz. Der Referent war von Anfang der Ära der SGLT2-Hemmer an der Meinung, dass bei den Effekten dieser Substanzklasse die osmotische Diurese mit eine Rolle spielen dürfte (2) und wurde deshalb des öfteren auch heftig attackiert. Wenn auch am Herzen Mechanismen gefunden wurden, die auf einen direkten Angriffspunkt der Substanzen am Myokard hindeuten, so wird in manchen Publikationen der letzten Zeit wieder eine mögliche Mitwirkung des osmotischen Effekts diskutiert. David Nathan aus Boston stellte im Zusammenhang mit der DECLARE-TIMI 58-Studie die Frage: „We could ask whether they (= the SGLT2 inhibitors) are actually just very expensive diuretics – would we get the same effect with a low dose of furosemide or thiazide diuretic with fewer side effects and much lower cost?” (3).
Helmut Schatz
Literatur
(1) Stephen D. Wiviott et al., for the DECLARE-TIMI 58 investigators: New Eng. J. Med. online November 10, 2018. DOI: 10.1056/NEJMoa1812389
(2) Helmut Schatz: Empagliflozin (Jardiance®), ein SGLT2-Hemmer, verringert signifikant kardiovaskuläre Ereignisse bei Hochrisiko-Typ-2 Diabetes-Patienten.
DGE-Blogbeitrag vom 18. September 2015
(3) David Nathan, in: Sue Hughes: DECLARE-TIMI 58: Dapagliflozin cuts heart failure in diabetes.
https://www.medscape.com/viewarticle/904739_print
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