Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Die „Bergsucht“, Paracelsus und der Taler (=Dollar)


Eine medizin- und kulturhistorische Reise zu meinem 80. Geburtstag nach Schwaz in Tirol

Bochum, 9. Oktober 2017:

Zu meinem 80. Geburtstag, zu dem mir der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie gestern im DGE-Blog in so liebenswürdig-launiger Weise gratuliert hat, erhielt ich in Österreich eine Reise nach Schwaz in Tirol geschenkt. Dort wurde schon in vorchristlicher Zeit von den Römern das silberhaltige Fahlerz abgebaut. Für die Fugger war das Schwazer Silber mit eine Basis ihres Reichtums und ihrer Macht. Die Schwazer Silberproduktion umfasste damal 85% des gesamten Weltmarktes. Um 1500 war Schwaz nach Wien die zweitgrößte Stadt im Habsburgerreich.

Medizinhistorisches

Vor dem Besuch des Bergwerks entdeckte ich in den Straßen ein Bild von Paracelsus mit einer Gedenktafel (siehe Foto). Theophrastus Bombastus Paracelsus von Hohenheim reiste im Jahre 1530 nach Schwaz, um unter den damals 12.000 Knappen (drei 8-Stunden-Schichten zu je 4.000 unter Tage) die „Bergsucht“ zu studieren. Er verfasste darüber ein dreibändiges Werk. Als alten „Bergmannsheiler“ interessierte mich diese Tatsache natürlich sofort. Am Bochumer Klinikum „Bergmannsheil“ begegnete ich während meiner aktiven Zeit von 1989-2003 noch vielen alten Knappen aus den Kohlebergbauen des Ruhrgebiets, die an Silikose oder Silikotuberkulose erkrankt waren. Auch heute noch werden Bergleute – in immer geringer werdender Zahl – am dortigen „Silikoseforschungsinstitut“ und der daraus hervorgegangenen heutigen Pneumologischen Klinik betreut.

Für die Schwazer Knappen umfasste der Begriff „Bergsucht“ nicht nur Lungenerkrankungen, sondern auch viele andere Leiden, an denen die „im Berg“ arbeitenden Menschen erkrankten und die dazu führten, dass ihr Durchschnittsalter nicht höher als 35 Jahre war. Paracelsus erklärte die Bergsucht durch Strahlungen aus dem Gestein der insgesamt 500 km (!) Stollen, Kriechstollen und Schächte, aber auch durch verschiedene Stäube und eine Reihe anderer Ursachen. Er gliederte und beschrieb diese systematisch in den drei Bänden seines umfangreichen Werks.

Wer sich näher über die Bergsucht informieren will, sehe unter diesem Begriff im Internet nach. Aber Vorsicht: Man stößt auch auf „bergsüchtige“ Alpinisten, seien es nun begeisterte Bergwanderer oder Kletterer.

Kulturhistorisches

Von besonderem Interesse für mich war auch der kulturhistorische Aspekt: An der neben Schwaz liegenden damaligen Münzprägestätte Hall in Tirol begann man im 16. Jahrhundert, neben dem Gulden („aus Gold) doppelt so schwere Silbermünzen zu prägen, die man als „Guldinen“ bezeichnete. Diese eroberten rasch den europäischen Markt und wurden später auch im böhmischen Joachimsthal geprägt, wo ebenfalls Silber abgebaut wurde. Die Silbermünzen wurden daher später „Joachimsthaler“ genannt, verkürzt „Thaler“. Von diesem leiten sich die Bezeichnungen vieler europäischer Währungen ab, und auch der „Dollar“ vieler überseeischer Länder wie USA, Kanada oder Neuseeland. Slowenien verwendete übrigens seit der Selbständigkeit im Jahre 1991 noch bis zur Einführung des Euro 2007 den „Tolar“.

Helmut Schatz

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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