Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Ein hochinteressantes Tagungsprogramm, wie es in seiner Breite besser kaum sein kann


Bochum, 4. Februar 2019:

Die 24. Jahrestagung der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Endokrinologie & Diabetologie vom 1.-2. Februar 2019,  hervorragend organisiert vom Tagungspräsidenten Frank Demtröder in Dortmund war für eine Regionaltagung außergewöhnlich gut besucht. Insgesamt 250 Personen – Endokrinologen, Diabetologen, Allgemeinmediziner, medizinisches Fachpersonal und auch Angehörige anderer Berufsgruppen –  kamen an beiden Tagen im Lensing-Carree Conference Center und im Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie in Dortmund zusammen. Das Leitthema lautete

Endokrinologie & Diabetologie  – interdisziplinär – kooperativ – partizipativ

Die Tagung wurde dem gewählten Thema voll gerecht: Man konnte exzellente wissenschaftliche Vorträge der jüngeren und erfreulicherweise recht zahlreichen, auch neuen Mitglieder der Gesellschaft hören. Die  Trägerin des „Karl- Oberdisse – Preises 2019, Frau Ruth Hanssen  vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln sprach zum Thema  „The role of peripheral uridine in human food intake. Die älteren Kollegen hielten Übersichtsreferate und ordneten die neuen therapeutischen Entwicklungen in ihrer Wertigkeit für die Praxis aus Sicht ihrer langjährigen Erfahrungen ein. Workshops für Diabetesberater*innen und Endokrinologieassistent*innen ergänzten das wissenschaftliche Programm.  

Besonderes Interesse fand am Ende des 1. Tages eine berufspolitische Podiumsdiskussion über die „Herausforderungen für die Diabetes-Versorgung in NRW“ mit Beteiligung u.a. von  Vertretern der niedergelassenen Diabetologen, Chefärzten, Kostenträgern, dem Vorstandsvorsitzenden der KV Nordrhein, dem sozialpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW, Herrn Josef Neumann, sowie Frau  Ursula Breitbach, einer Betroffenen mit Typ-1-Diabetes als Sprecherin der Deutschen Diabetes Hilfe. Es wurde intensiv und  auch kontrovers darüber diskutiert, was etwa zur Aufrechterhaltung der Diabetikerversorgung in NRW den Universitäten zusteht und inwieweit die Politik eingreifen und steuern soll oder darf.

Am 2. Tag wurde zum Abschluss des Symposiums über den „Menschen an der Grenze des Lebens“  diskutiert: Die Thematik  „Hormonsubstitution bei sterbenden Menschen?“  behandelte  Matthias Böhme, Dortmund.  Anschließend sprach der Philosoph Jan Peter Beckmann von der Fern-Universität Hagen über „Ethische Fragen des Umgangs mit dem autonomen Patienten am Lebensende“.  Er wies auf die Definition von Autonomie als „selbstgesetzlich“ hin und betonte, dass jeder Mensch von Geburt an bis zum Tod, auch als Bewusstloser, autonom sei und bleibe. Des weiteren hob er den Unterschied zwischen  einer sich mit den Zeitläuften ändernden und in verschiedenen Kulturen unterschiedlichen „Moral“ hervor , anders als bei  der „Ethik“ ist. Zum Schluss behandelte er den Selbstmord. Im Anschluss entwickelte sich eine interessante Diskussion über den assistierten Suicid, über den gerade jetzt in Deutschland viele Auseinandersetzungen stattfinden.  Der Bericht von Markus Mickelat von der Selbsthilfegruppe für Patienten mit Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen aus Dortmund, der drei Hypophysenoperationen und eine Radiatio hinter sich hatte, gewährte allen Ärzten tiefen Einblick in die Probleme und Gedanken eines Betroffenen, der sich mit dem Sterben und dem Tod auseinandergesetzt hat und damit ständig lebt. Das Schlussreferat hielt der Tagungspräsident Frank Demtröder über „SELBST-Hilfe gegen die Krankheit zum Tode?“ Er berichtete als selbst seit seiner Kindheit Rheuma- Betroffener und in der Deutschen Rheuma-Liga aktiver Arzt, wie man mit einer chronischen Erkrankung umgehen müsse, um trotz der Beeinträchtigungen ein normales und sinnerfülltes Leben führen zu können. Dazu zitierte er den dänischen Philosophen, Theologen und Schriftsteller Soren Kierkegaard mit dem Ausspruch: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“. Deswegen solle sich ein Betroffener nie mit Nicht-Betroffenen oder Anders-Betroffenen vergleichen. Vielmehr sei es entscheidend, jegliche Verzweiflung (nach Kierkegaard „Die Krankheit zum Tode“) zu überwinden durch den festen Glauben, dass alles möglich sei, wenn man sein Selbst mit all seinen Stärken und Schwächen akzeptiere und verwirkliche.   Durch solche SELBST-Hilfe könne man  ein glückliches, zufriedenes und erfülltes Leben führen, wie er überzeugend mit Wort und eigener Biographie darlegte.

Das Programm mit Einbindung auch von Betroffenen bzw. Selbsthilfegruppen in die wissenschaftliche Tagung entsprach somit dem im DGE-Blogbeitrag vom 10. November 2018 gemachten Vorschlag, auch Patienten „auf Augenhöhe mit den Ärzten“ zu Wort kommen zu lassen, wie es Frank Demtröder in seinem einleiternden Grußwort treffend formulierte.

Helmut Schatz

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