Bochum, 4. August 2015:
Am 1. August 2015 wurde bekanntgegeben, dass Alfredo Pontecorvi, Primarius der Endokrinologischen Abteilung der Gemelli-Klinik in Rom, neuer Leiter des Departments für Gesundheit und Hygiene des Vatikans wird, des Nationalen Gesundheitsdienstes dieses Staates. Er übernimmt die Funktion vom Kardiologen Patrizio Polisca. Prof. Polisca war zugleich Leibarzt des Papstes Benedikt XVI., was er auch nach dessen Emeritierung bleiben wird. Wer das Amt des päpstlichen Leibarztes übernimmt, der den Pontifex auch auf seinen Auslandsreisen begleiten wird, soll im September entschieden werden (1).
„Endokrinologie schlägt Kardiologie“ – so stand es im Titel des humoristischen DGE-Blogbeitrags vom 30. 11. 2013 über das Jugendwort des Jahres 2013 (2). Man könnte auch hier ähnlich titeln: „Endokrinologie (integrative Disziplin) übernimmt von Kardiologie (organspezifisches Fach) das Ruder im Gesundheitswesen“. Doch Spaß beiseite: Es sind natürlich, wie auch bei einem Amtswechsel in deutschen Ministerien, Persönlichkeitsmerkmale wie Fähigkeit zur Analyse, Entscheidungsstärke und Personalführung, welche bei der Auswahl mit von Bedeutung sind.
Professor Alfredo Pontecorvi erhielt 1984 sein Diplom als Hormon- und Stoffwechselspezialist an der römischen Universität „La Sapienza“, absolvierte anschließend mehrere Studienaufenthalte an den NIH in Bethesda, USA, Kurse bei der EMBO und bei weiteren Institutionen. Zuletzt war er Leiter („Primario“) der Endokrinologischen Abteilung der Gemelli-Klinik in Rom. Pontecorvi ist gemäß seinem Curriculum ein breit interessierter und aktiver Endokrinologe, seien es nun das Cushing-Syndrom, Hypophysentumoren oder andrologische und andere Fragen. Ein besonderes Augenmerk richtet er offensichtlich auf die Schilddrüse: So publizierte er 2012 über die BRAF V600E-Mutation beim papillären Schilddrüsenkarzinom (3) und 2014 über Schilddrüsen-Notfälle (4). In der italienischen Tageszeitung CORRIERE DELLA SERA ist er auf einem medizinischen Forum aktiv. Dort beantwortete am 26. Juli 2015 einer Patientin „Francesca“ ihre Fragen nach den Behandlungsmöglichkeiten ihrer Hashimoto-Thyreoiditis kombiniert mit Vitiligo und Urticaria (5).
Die Gemelli-Klinik gehört zur Medizinischen und Chirurgischen Fakultät der „Katholischen Universität vom Heiligen Herzen“ und wurde 1964 durch Papst Paul VI. eröffnet. Sie ist nach dem Franziskanermönch und Arzt Agostino Gemelli benannt, der 1921 zu den Universitätsgründern gehörte (6). Es umfasst 1.800 Betten, 39 Fachabteilungen und ~5.000 Mitarbeiter. Im 10. Stock werden Zimmer ständig für den jeweiligen Papst bereitgehalten.
Die Endokrinologie und mit ihr auch die deutsche Fachdisziplin darf sich über die Wahl eines ihrer Kollegen zum Leiter des Nationalen Gesundheitsdienstes des Vatikan freuen und ihm herzlich gratulieren!
Helmut Schatz
Literatur
(1) KATHweb: Hormonspezialist leitet medizinische Dienste im Vatikan.
Pressemitteilung 1.8.2015.
http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/71571.html
(2) Helmut Schatz: „Hormongeflashed“ – Endokrinologie schlägt Kardiologie.
DGE-Blogbeitrag vom 30.11.2013
(3) Carmelo Nucera and Alfredo Pontecorvi: Clinical outcome, role of BRAF-V600E, and molecular pathways in papillary thyroid microcarcinoma: Is it an indolent cancer or an early stage of papillary thyroid cancer?
Front Endocrinol (Lausanne) 2012. 3: 33
(4) Gianpaolo Papi, Salvatore Maria Corsello, and Alfredo Pontecorvi: Clinical concepts of thyroid emergencies.
Front Endocrinol (Lausanne) 2014. 5: 102
(5) Tiroidite di Hashimoto, vitiligine e orticaria. Alfredo Pontecorvi (mit Portrait-Foto) in: FORUM Tiroide.
http://forum.corriere.it/tiroide/?refresh_ce-cp
(6) WIKIPEDIA: Gemelli-Klinik. http://de.wikipedia.org/wiki/Gemelli-Klinik
Bitte kommentieren Sie diesen Artikel!
Der Tagespresse entnehme ich heute, daß nach Mitteilung aus dem Vatikan Fabrizio Soccorsi, ehemaliger Chefarzt des Krankenhauses San Camillo in Rom der neue Leibarzt von Papst Franziskus wird. Also war die Spekulation mancher, daß das Kirchenoberhaupt ein Schilddrüsen- oder anderes endokrines Leiden haben könnte, unzutreffend.
Das ist doch sehr erfreulich! Auf diese Weise ist eine kompetente endokrinologische Betreuung der betagten Kurie, auf welcher Ebene auch immer, gewährleistet!