Bochum, 16. Mai 2022
Über den Zusammenhang zwischen Kaffee, Herz und Cholesterin existieren viele, auch widersprüchliche Studien (siehe DGE-Blogbeitrag vom 17. August 2021, Lit.1). Große bevölkerungsbasierte Untersuchungen gibt es kaum. Eine davon ist jetzt die TROMSO STUDY 2015-2016, eine Querschnittsuntersuchung in Nord-Norwegen an 21 083 rekrutierten Personen ab dem 40. Lebensjahr. Sie erschien im Mai 2022 (2). Man fand, dass bei täglichem Konsum von 3-5 Tassen Espresso bei Männern das Gesamtcholesterin im Mittel um 0.16 mmol/L (6.1 mg/dl), bei Frauen um 0.09 mmol/L (3.5 mg/dl) höher lag als bei Personen, die keinen Espresso tranken.
Neben Espresso wurden auch andere Arten der Kaffeezubereitung sorgfältig und mit aufwendiger Statistik untersucht, wie etwa gekochter/Plunger-Kaffee (French Press), Filterkaffee oder löslicher Kaffee. Die Cholesterinsteigerungen waren unterschiedlich, auch bei Männern und Frauen.
Kommentar
Bei höheren Kaffeemengen ab 6 Portionen täglich ergaben sich in unterschiedlichem Ausmaß und auch bei Männern und Frauen verschieden z.T. beträchtlich höhere Werte. Geraten wird generell, möglichst weniger als sechs Tassen pro Tag zu trinken.
Limitierend zur Aussagekraft der gefundenen Cholesterinerhöhungen steht, dass sich keine Unterschiede im kardiovaskulären Outcome zeigten.
Wie soll sich der praktizierende Arzt nun verhalten? Ein Diskutant schlägt vor, bei jeder Anamneseerhebung nicht nur nach Nikotin und Alkohol, sondern auch nach dem Kaffeekonsum zu fragen. Abgesehen davon, dass man dadurch Einblick in den Lebensstil des Patienten gewinnen könnte. Wem von Ihnen, liebe Leser, erscheint eine solche anamnestische Frage angezeigt bzw. sinnvoll?
Helmut Schatz
Literatur
(1) Helmut Schatz: Kaffee steigert nicht, sondern reduziert sogar Herzrhythmusstörungen – hätten Sie das gedacht?
DGE-Blogbeitrag vom 17. August 2021
(2) Asne Lirhus Svatun et al.; Association between espresso coffee and serum total cholesterol: The Tromso Study 2015-2016.
BMJ Journals, Open Heart 10 May 2022; 9:e001946. Doi:10.1136/openhrt-2021-001946
Ich empfinde die Frage als sinnvoll. Der Kaffeekonsum zeigt eine Menge des Lebensstils und wenn bei einem Patienten die Werte nicht passen oder irgendwelche Probleme zu finden sind, dann sollte man direkt nach dem Konsum und dem Lebensstil fragen.
0,16 mmol/l…really? sowas ist kein veröffentlichung, keine frage und auch keiner aufmerksamkeit würdig!
Mir würde schon völlig reichen, wenn ein Arzt wissen würde, daß erhöhte Cholesterinwerte ein Symptom einer Hypothyreose ist, satt Statine zu verschreiben. Wenn er noch wissen würde, daß Müdigkeit auch zu den Symptomen zählt, würde er, vielleicht, verstehen, daß ein höher Kaffeekonsum, im Kampf gegen die ständige Müdigkeit, indirekt, ein Zeichen für eine unzureichende Hormonversorgung ist/sein kann. DAS erwarte ich von einem Arzt.
… und? erhöht der Espresso den Cholesterinspiegel oder trinken Menschen mit erhöhtem Cholesterin gerne Espresso. Kausalität oder Korrelation? Kam der Espresso aus der Siebträgermaschine, aus dem Vollautomaten oder gar aus einer Kapsel? War der Espresso mit Milchschaum vermischt oder wurde er pur oder mit Zucker getrunken. Waren die Bohnen eher hell (norditalienisch) oder eher dunkel (süditalienisch) geröstet? Enthielt die Bohnenmischung einen hohen Anteil Canephora (Robusta) oder tranken die Probanden überwiegend 100% Arabica. Hat man diese Variablen differenziert betrachtet oder alles in einen Topf geworfen?
Warum gibt man Empfehlungen wenn sich keine Unterschiede im kardiovaskulären Outcome zeigten?
Lieber Pjotr, das war eine retrospektive Auswertung einer Querschnittsstudie und die Unterschiede im Kaffeekonsum,. nach denen sie fragen, wurden nicht erhoben. Natürlich sind Assoziationen kein Kausalitätsbeweis. Empfehlungen darf man aber doch geben – oder? Wer weiß, was nach 5,10 oder 20 Jahren passieren wird. Honoré de Balzac trank täglich weit über 30 Tassen Kaffee und starb mit 51 Jahren an einem Herz-Kreislaufleiden.
„Empfehlungen darf man aber doch geben – oder?“ Ich meine man sollte zurückhaltend mit solchen Empfehlungen sein so lang man die Zusammenhänge nicht kennt bzw. so lang nicht bekannt ist welche Inhaltsstoffe des Kaffees möglicherweise die Blutfettwerte negativ beeinflussen. Es ist eventuell von Bedeutung ob man 6 Tassen Filterkaffee aus 36-42 Gramm eher groben Kaffeepulvers trinkt oder ob der Espressoliebhaber drei doppelte aus jeweils 14-22 Gramm fein gemahlenem Pulver unter Druck extrahiert und anschließend konsumiert. Beim Filterkaffee werden die in der Kaffeebohne enthaltenen Öle weitgehend im Filter zurückgehalten, bei anderen Zubereitungsarten gelangen diese Öle ins Getränk. Ich meine die Empfehlung „nicht mehr als 6 Tassen“ ist unpräzise, unwissenschaftlich und irreführend. Kaffee ist nicht gleich Kaffee. Der Gehalt an Inhaltsstoffen wie z.B. Koffein oder Chlorogensäure variiert erheblich …
„Der Kaffeekonsum zeigt eine Menge des Lebensstils und wenn bei einem Patienten die Werte nicht passen oder irgendwelche Probleme zu finden sind, dann sollte man direkt nach dem Konsum und dem Lebensstil fragen.“
Die Menge oder Anzahl der konsumierten Kaffeegetränke deutet nicht auf einen bestimmten Lebensstil hin. Der Eine schüttet viele Tassen schwarzer Plörre in sich hinein weil er hofft, dass die sympathomimtetische Wirkung des Koffeins Leistungssteigernd wirkt, der Andere zelebriert Kaffee als Genussmittel, macht dieses Getränk zu seinem Hobby und investiert viel Zeit und Geld um die Zubereitung und damit auch den Geschmack dieses Getränkes zu perfektionieren. Der Eine oder Andere trinkt möglicherweise täglich die gleiche Anzahl an kaffeebasierten Getränken, pflegt jedoch einen, bezogen auf das Getränk, sehr unterschiedlichen Lebensstil.