Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) bei unfruchtbaren Paaren mit normaler Anzahl und Motilität der Spermien der konventionellen In-Vitro-Fertilisation (IVF) nicht überlegen


Bochum, 24. April 2021:

Im DGE-Blog wurde wiederholt über künstliche Befruchtungsverfahren einschließlich IVF  und/oder ICSI  berichtet (siehe Lit. 1).  Jetzt erscheint am heutigen Tage im LANCET  eine Arbeit aus Vietnam, in der ICSI und konventionelle IVF bei infertilen Paaren mit normaler Spermienzahl und –motilität in einer open-label  randomisierten  Studie in zwei auf IVF spezialisierten Zentren in Vietnam verglichen wurden. Die ICSI erwies sich in der Rate an Lebendgeburten der konventionellen IVF nicht als überlegen (2).

Von den  532 Paaren mit ICSI  erfolgten bei 184 (35%) Lebendgeburten, bei den 532  mit konventioneller IVF 166 (31%). Es bestand kein signifikanter Unterschied (p=0.27), siehe Abbildung (aus Lit. 2)

Abbildung aus Lit. 2

Kommentar

In seinem Commentary (3) weist Sandro C. Esteves darauf hin, dass die ICSI, ursprünglich als eine Modifikation der konventionellen IVF zur Überwindung einer schweren männlichen Unfruchtbarkeit entwickelt,  mittlerweise die am häufigsten angewandte assistierte Reproduktionstechnologie darstellt. Statistisch erfolgte sie bereits vor einiger Zeit weltweit schon bei  ~70% der ~2.8 Millionen assistierten Reproduktionen, mit starken regionalen Unterschieden (4). Im Mittleren Osten wird die ICSI zu fast 100% eingesetzt, gefolgt von Lateinamerika mit 85%, Nordamerika 74%, Europa 70% und Asien 55%. Esteves betont, dass die jetzt vorgelegten Zahlen  von Dang et al. (2)  dafür sprechen , bei normalem Spermiogramm bei einem infertilen Paar eher die praktischen Vorteile der konventionellen IVF zu nutzen. Diese ist technisch weniger anspruchsvoll, verlangt nicht so viele geschickte Embryologen und bietet somit Vorteile auch für größere staatliche Kliniken (3).

Nötig sind nun Daten über die in der Untersuchung von Dang et al. (2) durch ICSI gezeugten Kinder und auch deren Nachkommen mit der Frage, ob sich einzelne Faktoren der müttlerlichen Unfruchtbarkeit vererben können. Für die ins Erwachsenenalter gekommenen männlichen Nachkommen nach ICSI-Zeugung von  infertilen Vätern liegen mittlerweile Zahlen vor. Diese wurden im DGE-Blogbeitrag vom 18. Oktober 2016 besprochen (5): Die Söhne wiesen häufiger als normal gezeugte Männer eine gestörte Spermiogenese auf, was auf eine genetische Komponenten hinweist.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Helmut Schatz: Lesbierinnen und alleinstehende Frauen können in Frankreich Kinder bekommen: In-vitro-Fertilisation vom französischen Senat genehmigt.
DGE-Blogbeitrag vom 5. Februar 2020

(2) Vinh Q Dang et al.: Intracytoplasmatic sperm injection versus conventional in-vitro fertilisation in couples with infertility in whom the male partner has normal total sperm count and motility: an open-label, randomised controlled trial.
THE LANCET, published April 24, 2021. Vol. 397, Issue 10284, p. 1554-1563

(3) Sandro C Esteves: Intracytoplasmytic sperm injection versus conventional IVF. Commentary.
THE LANCET, published April 24, 2021. Vol. 397, Issue 10284, p. 1521-1523.

(4) J de Mouzon et al. : International Committee for Monitoring Assisted Reproductive Technologies World Report: Assisted Reproductive Technology 2012.
Hum Reprod. 2020; 35: 1900-1913.

(5) Helmut Schatz: Verminderte Spermienqualität junger Männer, die durch intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) gezeugt wurden.
DGE-Blogbeitrag vom 18. Oktober 2016

Posted on by Prof. Helmut Schatz
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