Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Inkretin-Mimetika werden jetzt von der FDA auf Risiko für Pankreatitis und präkanzeröse Pankreasveränderungen überprüft


Bochum, 15. März 2013:
Neue, noch nicht publizierte Befunde über histologische Pankreasveränderungen im Zusammenhang mit Inkretin-Mimetika lassen ein erhöhtes Risiko für Pankreatitis, subklinische Entzündungsprozesse und präkanzeröse Veränderungen wie Metaplasien in den Pankreasgängen annehmen. Die Ergebnisse veranlassten die Amerikanische Arzneibehörde FDA zu einer Untersuchung, wie sie am 14. 3. 2013 auf ihrer Website bekanntgab (1, 2).

Es wurden histologisch die Bauchspeicheldrüsen von Typ 2 –Diabetespatienten untersucht, die aus nicht spezifizierten Ursachen verstorben waren und Inkretin-Mimetika eingenommen hatten. Die FDA möchte jetzt eine potentielle Pankreastoxizität dieser Antidiabetika-Klasse untersuchen: dies betrifft die Glucagon-Like Peptide-1 (GLP-1)-Analoga Exenatid (Byetta, Bydureon) und Liraglutid (Victoza) sowie die Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren (DPP-4-Hemmer) Sitagliptin (z.B. Janumet), Saxagliptin (z.B: Onglyza), Linagliptin (Tradjenta) und Alogliptin (z.B. Nesina). Vildagliptin und Lixisenatid sind in den USA nicht auf dem Markt. Die FDA betont, dass sie noch zu keinen neuen Schlussfolgerungen für das Sicherheitsrisiko der Inkretin-Mimetika gekommen ist. Sie möchte mit dieser frühen Mitteilung die Öffentlichkeit und die medizinischen Berufe aber informieren, dass sie die neuen histologischen Befunde analysieren wird. Schon vor längerer Zeit hatte die FDA vor akuter Pankreatitis unter Exenatid und Sitagliptin gewarnt. Bisher hat sie sich noch nicht über ein potentielles Risiko für präkanzeröse Pankreasveränderungen geäussert. Ausdrücklich weist sie darauf hin, dass Patienten nicht selbst Inkretin-Mimetika absetzen, sondern mit ihrem Arzt sprechen sollten. Wenn dieser die Medikamente weiter verordnet, seien die Angaben in der Packungsbeilage zu beachten. Die FDA fordert sowohl Patienten als auch die medizinischen Berufe auf, entsprechende Nebenwirkungen von Inkretin-Mimetika an sie zu melden.

Kommentar des Referenten

Über die Pankreastoxizität der Inkretin-Mimetika wird seit Jahren diskutiert. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat sich bereits 2011 zu diesem Thema geäußert (3). In den letzten Jahren war es darüber ruhig geworden (4). Jetzt erschien wieder eine Studie online (5) über ein verdoppeltes Pankreatitis-Risiko unter dieser Substanzklasse, worüber von der DGE vor 3 Wochen berichtet wurde (6). Jetzt wird in den USA im Juni 2013 ein Workshop zum Thema Pankreatitis – Diabetes – Pankreaskrebs stattfinden, veranstaltet vom National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases und dem National Cancer Institute. Die FDA wird daran teilnehmen. Es ist zu hoffen, dass den Inkretin-Mimetika nicht das gleiche Schicksal zuteil wird wie den Thiazolidindionen: Bei dieser Antidiabetika-Klasse sind die schädlichen Nebenwirkungen erst längere Zeit nach der Zulassung manifest bzw. bekannt geworden, so dass sie wieder weitgehend vom Markt verschwunden sind.

Helmut Schatz

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Literatur

(1) FDA Drug Safety Communication: FDA investigating reports about possible increased risk of pancreatits and pre-cancerous findings of the pancreas from incretin mimetic drugs for type 2 diabetes.
http://www.fda/Drugs/DrugSafety/ucm343187.htm

(2) Lisa Nainggolan: FDA to examine pancreatic-duct metaplasia with incretins.
http://www.medscape.com/viewarticle/780838_print

(3) DGE-Pressemitteilung vom 9. März 2011: Erhöhtes Risiko für Bauchspeicheldrüsenentzündung durch neuere Diabetes-Medikamente?

(4) Helmut Schatz: Degludec-Insulin jetzt auch in der Europäischen Union zugelassen, die GLP-1-Analoga Lixisenatid und Albiglutid vor der Approbation.
DGE-Blog-Beitrag vom 23. Januar 2013

(5) Sonal Singh et al.: Glucagon-like peptide 1 – based therapies and risk of hospitalization for acute pancreatitis in type 2 diabetes mellitus: a population-based matched case-control study.
JAMA Intern Med 2013 Feb 25: 1-6. doi:10.1001/jamainternmed.2013.2720. Epub ahead of print

(6) Helmut Schatz: GLP-1-Mimetika verdoppeln nach neuer Studie das Pankreatitis-Risiko bei Diabetespatienten.
DGE-Blog-Beitrag vom 26. Februar 2013

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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Eine Antwort auf Inkretin-Mimetika werden jetzt von der FDA auf Risiko für Pankreatitis und präkanzeröse Pankreasveränderungen überprüft

  1. Helmut Schatz sagt:

    Anfang April 2014 hat die FDA Albiglutide, ein GLP-1-Analog von GSK zugelassen

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