Bochum, 1. Mai 2013:
Am 24. April 2013 besprachen bei einem „Capitol Hill Summit“ in Washington, DC weltweit führende Wissenschaftler die Möglichkeit, erstmals die Kombination aus Immunsuppression und Anregung der Betazellregeneration einzusetzen, um bei Typ-1-Diabetes Insulinunabhängigkeit zu erzielen. Jede der beiden Methoden allein war bisher beim Menschen erfolglos gewesen (1).
Claresa Levetan vom biopharmazeutischen Unternehmen „CureDM“ meinte, die ersten derartigen Versuche könnten bereits Ende 2013 durch Anwendung von bereits FDA-approbierten Substanzen beginnen. Robert Ratner von der Amerikanischen Diabetesgesellschaft befürwortete zwar die Kombination beider Prinzipien, bezweifelte jedoch, dass dies mit den bereits zugelassenen Substanzen Erfolg haben könnte. Stattdessen sollte eher das bei Mäusen wirksame, neuentdeckte Betatrophin eingesetzt werden, worüber erst vor wenigen Tagen berichtet wurde (2). Claresa Levatan wies darauf hin, dass in der langen Geschichte der Induktion einer Diabetesremission bei der Übertragung der Methodiken von Nagetieren auf den Menschen keine Erfolge erzielt wurden. Einer der Gründe sei wohl, dass die Inseln bei Nagetieren mit Betazellen vollgepackt seinen, im Unterschied zum Menschen, bei dem 5 verschiedene, durch Blutgefäße verbundene Zelltypen 6 Hormone sezernierten, die alle für die Glukosehomöostase nötig seien.
Als Immunsuppressivum schlug Paolo Pozzilli – nicht unwidersprochen – niedrigdosiertes Cyclosporin vor, als betazellregenerative Substanz Aaron Vinik das INGAP (islet neogenesis-associated protein), zusammen mit anti-apoptotischen oder anti-inflammatorischen Substanzen wie etwa Inkretinmimetika. Zur Regenationsförderung wurden auch Protonenpumenhemmer diskutiert, da diese das betazellwachstumsanregende Gastrin stimulieren. Dr. Levetan meinte, dass Protonenpumpenhemmer zusammen mit Cyclosporin möglicherweise die ersten Substanzen sein würden, die beim Menschen zum Einsatz kommen könnten.
Kommentar des Referenten
Die Stimulierung einer Inselregeneration ist nicht neu. Vor bald einem Jahrhundert versuchte Frederik Banting, einer der Mitentdecker des Insulins, durch Abklemmen des Pankreasganges bei Kindern mit Typ-1-Diabetes eine Inselneubildung zu induzieren. Dies besserte zwar oft den Diabetes, jedoch nur vorübergehend, da die neugebildeten Inseln durch den zugrundeliegenden Immunprozeß wieder rasch zerstört wurden. Die Autoimmun-Ätiologie des Typ-1-Diabetes wurde erst in den 1980er Jahren richtig erkannt. Eine Kombination beider Verfahren, wie sie jetzt in Angriff genommen wird, ist ein neuer Weg. Man kann nur hoffen und wünschen, dass er erfolgreich sein wird.
Helmut Schatz
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Literatur
(1) Miriam E. Tucker: Hope on Horizon for Type 1 Diabetes Reversal
Medscape. Apr. 29, 2013
http://www.medscape.com/viewarticle/803261_print
(2) Helmut Schatz: Betatrophin, ein neues Peptidhormon aus Leber und Fettgewebe, steigert die Neubildung insulinproduzierender Betazellen dreißigfach.
DGE-Blog-Beitrag vom 26. April 2013
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