Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Jod in Salz und Tierfutter – ein ‚heisses‘ Thema!


Bochum, 14. April 2014:

Die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie zur Fernsehsendung über Jod im ZDF am 30. März 2014 hat eine so lebhafte Diskussion in unserem Blog wie noch nie gezeitigt, so dass ich vorgestern gebeten habe, wie von einem Diskutanten vorgeschlagen, diese zu beenden. Sie zeigte das lebhafte Interesse in Deutschland und auch die unterschiedlichen Positionen zu dieser Thematik. Im Blog wurden fast nur ablehnende Meinungen geäußert, ich bekam aber auch ebenso viele zustimmende Äusserungen an meine e-mail-Adresse. Als Schlusswort bringe ich hier die Antwort unserer Gesellschaft auf ein detailliertes Schreiben von Frau Dagmar Braunschweig-Pauli, M.A., Sprecherin der Deutschen Selbsthilfegruppe der Jodallergiker, Morbus Basedow- und Hyperthyreosekranken vom 11. April 2014.

Bochum, 12. April 2014

Sehr geehrte Frau Braunschweig-Pauli,

vielen Dank für Ihre ausführliche Stellungnahme. Die DGE ist sich sehr bewusst darüber, dass es einige Punkte gibt, die kritisch gesehen werden müssen.
Grundsätzlich gilt für alle Spurenelemente und auch Vitamine, dass ein Zuwenig genauso schlecht ist wie ein Zuviel an diesen Substanzen. Es besteht aber kein Zweifel daran, dass Deutschland wie die meisten kontinentalen Länder einen mehr oder weniger ausgeprägten Jodmangel hatten, daher hatte sich die WHO/UNICEF auch das Ziel gesetzt, den Jodmangel weltweit durch den Einsatz von Jodsalz zu beseitigen. Diese Empfehlungen stammen von ausgewiesenen Experten und beruhen auf validen Studien zu diesem Thema.

Folgen des Jodmangels sind nicht nur Strumen und Knoten, sondern auch Entwicklungsstörungen der Kinder bis hin zum Kretinismus. Letzteres gibt es in Deutschland wie in vielen anderen Ländern erfreulicherweise nicht mehr, seit der Verbesserung der Jodversorgung. Für die Einführung von Jodsalz ist keineswegs der „Arbeitskreis Jodmangel“ verantwortlich. Er ist lediglich eine Vereinigung von Wissenschaftlern, um die von der Regierung erlassenen Diätverordnungen und vor allem die Hintergründe publik zu machen.

Es gibt derzeit Bestrebungen innerhalb der EU, die Höchstgrenzen des Jodzusatzes für Tierfutter einheitlich zu regeln. Für Deutschland soll der Jodzusatz von derzeit 10 auf 5 mg pro kg Futterzusatz als Höchstgrenze verringert werden. Im übrigen ist es nicht so, dass die Jodierung der Futtermittel deshalb durchgeführt wird, um die Menschen mit Jod zu versorgen, sondern um eine Unterversorgung der Tiere zu verhindern. Eine Kuh ohne Jod im Futter kann nicht 20-30 000 l Milch pro Jahr (in Deutschland durchschnittlich >7000 l, Weltrekord > 32 000 l) geben, da sie dann eine durch Jodmangel als Folge der Jodverluste verursachte Schilddrüsenunterfunktion bekäme.

Sie haben damit Recht, dass Kröpfe und Knoten nicht ausschließlich – aber überwiegend – durch Jodmangel hervorgerufen werden. Etwa 5% der Knoten sind genetisch bedingt oder durch andere Ursachen, die in der Tat noch nicht ausreichend bekannt sind. Das Thema der Autoimmunerkrankungen ist etwas schwieriger, denn die internationale Studienlage hierzu ist nicht einheitlich. Eine Ursache dafür ist, dass die Diagnose einer Hashimoto-Thyreoiditis nicht einheitlich gestellt wird. Eine klassische „Hashimoto- Thyreoiditis“ ist eine lymphozytäre Entzündung einer derben, vergrößerten Schilddrüse, die im Laufe der Zeit zu manifester Hypothyreose führt. Neben dieser „hypertophen“ Form existiert auch eine „atrophe“ Autoimmunthyreoiditis ohne Struma. Der Nachweis von Antikörpern bei normaler Schilddrüsenfunktion ist noch keine Erkrankung. Diese liegt dann vor, wenn eine Funktionsstörung eintritt. Solche Hypothyreosen sind nicht zunehmend, wohl aber ist es der Nachweis von Autoantikörpern. Letzteres kann auch mit der erhöhten Empfindlichkeit der Nachweisverfahren und auch dem häufigeren Testen auf Schilddrüsenantikörper erklärt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Robert-Koch-Institut überprüfen regelmäßig die Jodversorgung der deutschen Bevölkerung, um zu vermeiden dass es eine Gefahr durch die Jodprophylaxe für die Bevölkerung gibt. Sie zitieren für Ihre Argumente viele Kongressberichte und Dissertationen. Die DGE und auch das RfB berufen sich auf wissenschaftlich anerkannte Studien, einige hiervon legen wir in der Anlage bei.

Mit freundlichen Grüßen

Helmut Schatz
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Helmut Schatz
Direktor a.D. der Medizinischen Universitätsklinik Bergmannsheil Bochum
Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Tel. 0234-302 6324
E-Mail : helmut.schatz@rub.de

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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