Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Kardiovaskuläre Sicherheit einer Testosteron-Ersatztherapie


Bochum, 20. Juli 2023:

Vor 1 Woche erschien im New Eng. J. Med. das Resultat einer doppelblinden, prospektiven randomisierten Non-Inferiority -Studie (TRAVERSE Study) an ~5200 Männern im Alter von 45-80 Jahren mit hohem Risiko oder vorbestehender kardiovaskulärer (cv) Erkrankung, welche über Symptome eines Hypogonadismus klagten  und zwei Nüchtern-Testosteronspiegel unter 300 ng/dL aufwiesen (1). Sie erhielten täglich transdermal entweder  Plazebo-  oder 1.62%iges Testosteron-Gel zur Erreichung eines  Testosteronspiegels zwischen 350 und 750 ng/dL(Abb. 1). Primärer cv Sicherheitsendpunkt war das Eintreten eines Komposit-Endpunktes von cv Tod, nicht-tödlichem Herzinfarkt oder Schlaganfall, sekundäre Endpunkte waren das Erreichen einer der oben angeführten Einzelkomponenten oder  einer koronaren Revaskularisation . Noninferiorität erforderte einen Wert für die Obergrenze von weniger als 1.5 des 95%-Konfidenzintervalls (CI) der Hazard Ratio (HR). Die mittlere Dauer der Behandlung betrug 21 Monate, der Nachbeobachtung 33 Monate.

Abb. 1 (aus Lit.1)

Abb. 2 (aus Lit.1)

Ergebnisse:

Der primäre cv Endpunkt trat unter Testosteron bei 182 Patienten (7.0%) ein, unter Plazebo bei 190 (7.3%). Die HR betrug 0.93; 95% CI. 0.78-1.16; p<0.001 für non-inferiority (Abb. 2). Der sekundäre Endpunkt war zwischen den beiden Gruppen ebenfalls gleich (Abb. 2). In der Testosteron-Gruppe wurden höhere Inzidenzen an Vorhofflimmern, akuter Nierenschädigung und Lungenembolie beobachtet.

Kommentar

In unserem  DGE-Blog erschienen schon recht viele  Berichte über Testosterongabe und cv Ereignisse, die widersprüchlich waren (2-4 u.a.).  Diese Studie zeigte jetzt keine Unterlegenheit (Non-Inferiority) einer  Testosterongabe als tgl. Gel bei 45-80-jährigen Männern mit hohem cv Risiko oder schon bestehender cv Erkrankung. Allerdings  fanden sich vermehrt  kardiale, renale und pulmonale Ereignisse. Ob man nun hypogonaden Männern Testosteron geben soll oder nicht, und wenn ja in welcher Form und in welchem Abstand, bleibt somit für uns Ärzte eine mit dem Patienten gemeinsam zu treffende individuelle Entscheidung („shared decision“) , bei der nicht ausschließlich  die hier untersuchten  cv Momente zu berücksichtigen sind.

Helmut Schatz

Literatur

(1) A. Michael Lincoff et al., for the TRANSVERSE Investigators: Cardiovascular Safety of Testosterone-Replacement Therapy.
N Engl. J. Med., July 13, 2023. 389:107-117. DOI: 10.1056/NEJMoa2215025

(2) Helmut Schatz: Testosteron wird von der Europäischen Arzneibehörde EMA auf kardiovaskuläre Sicherheit überprüft.
DGE-Blogbeitrag vom 3. Mai 2014

(3) Helmut Schatz: Kardiovaskuläre Schädigung durch Testosteron nicht bewiesen, aber Änderungen im Beipackzettel gefordert.
DGE-Blogbeitrag vom 19. Oktober 2014

(4) Helmut Schatz: Testosterongabe an ältere Männer mit nachgewiesenem Testosteronmangel: Kein kardiovaskulärer Schaden, sondern von Nutzen.
DGE-Blogbeitrat vom 27. September 2018

Posted on by Prof. Helmut Schatz
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