Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Publikationen von klinischen Studien enthalten nicht alle patientenrelevanten Daten


Bochum, 21. Oktober 2013

Weniger als die Hälfte aller patientenrelevanten Daten, die in den Studienprotokollen pharmazeutischer Firmen für die deutschen Behörden registriert werden, sind der Öffentlichkeit in Publikationen oder Studienberichten zugänglich (1).

Beate Wieseler und Mitarbeiter vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) verglichen die Studienprotokolle von 101 klinischen Studien, welche dem Institut auf Anfrage von Firmen zur Verfügung gestellt wurden mit den Publikationen und öffentlich zugänglichen Berichten. Es wurden die Daten für positive Ergebnisse und unerwünschte Nebenwirkungen erfaßt.

In den unveröffentlichten Studienberichten der Firmen für die Behörden fanden sich 86%, in den öffentlich zugänglichen Publikationen und Berichten 39% der relevanten Outcome-Daten. Bei den positiven Ergebnissen waren dies 78-100%, im Vergleich zu 20%-39% in den Publikationen. Bei den negativen Daten waren es 84%-92%, im Vergleich zu 27%-72%. Insgesamt werde ein wesentlicher Teil der patientenrelevanten Daten nicht publiziert, schlussfolgern die Autoren (1).

Kommentar

Zunächst muß man das Prüfergebnis als doch erfreulich ansehen: Wenn auch ein beträchtlicher Teil der Daten nicht publiziert wurde, so bestand offenbar in den Publikationen und öffentlich zugänglichen Berichten insgesamt keine Bevorzugung der positiven gegenüber den negativen Studienergebnissen. Freilich fand sich ein Publikations- und Berichts-Bias: Für 36% der Studien lag keine Publikation vor, für 15% kein öffentlich zugänglicher Bericht. Die Studie wird in ihrer Aussage dadurch limitiert, dass nur die von Firmen freiwillig zur Verfügung gestellten Daten analysiert werden konnten. Die zuständigen Behörden sind zu Verbesserungen aufgerufen, auch die Firmen bezüglich ihres Verhaltens. Die IQWiG-Analyse ergab zumindest nicht das von manchen wohl vermutete und befürchtete Resultat einer Unterdrückung negativer Ergebnisse, wie es nach einer Analyse im Verhalten der Firmenrepräsentanten den Ärzten gegenüber festgestellt wurde: Ein eindeutiges Überwiegen der positiven Arzneimittel-Information und eine mangelnde Aufklärung der Ärzte über schädliche Nebenwirkungen (2).

Helmut Schatz

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Literatur

(1) Beate Wieseler et al.: Completeness of reporting of patient-relevant clinical trials outcomes: comparison of unpublished clinical study reports with publicly available data.
PLoS Med. Published online October 8, 2013

(2) Helmut Schatz: Pharmavertreter informieren zu wenig über schädliche Nebenwirkungen von Medikamenten.
Beitrag im Bog der DGE vom 3. Mai 2013

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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2 Antworten auf Publikationen von klinischen Studien enthalten nicht alle patientenrelevanten Daten

  1. Grundsätzlich haben klinische Studien das Problem, ausreichend Probanden zu finden. Problematisch ist dabei meistens, dass die Patienten-zentrierte Suche nach geeigneten Studien in der Nähe des Wohnorts nur schwer möglich ist. Findet der Patient dann aber eine passende klinische Studie, muss er deren Beschreibung auch noch verstehen, was meistens nur dann möglich ist, wenn diese auch in einer Patienten-freundlichen Sprache verfasst ist.

  2. Das ist sicher auch ein wichtiger Aspekt. Hier geht es aber um etwas anderes, dass nämlich möglicherweise nicht über alle relevanten Ergebnisse bereits abgeschlossener Studien berichtet wird.

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