Wien und Graz, 20./21. August 2019:
Am 25. Juli 2019 erschien im DGE-Blog ein Beitrag zur Neuroplastizität (1). Darüber diskutierte ich während des Urlaubs in Österreich eingehend mit meinem Grazer Schulkollegen und Freund, Herrn Univ.-Prof. (emer.) Dr. med. Klaus Ehrenberger. Dieser arbeitete nach dem Medizinstudium in Graz an deutschen, schweizerischen und US-amerikanischen Einrichtungen, so auch einige Jahre am Institut für Hirnforschung der Universität Zürich. Im Jahre 1983 übernahm er die Direktion der Universitätsklinik für Hals-Nasen- und Ohrenerkrankungen der Universität Wien. Ich bat Klaus Ehrenberger, für unseren DGE-Blog einiges aus unserem Gespräch über das menschliche Gehirn niederzuschreiben.
Künstliche versus Natürliche Intelligenz
Computer und Gehirn sind Informationsverarbeitungssysteme mit fundamental unterschiedlichen, energieverbrauchenden Betriebssystemen. Information ist an sich dimensionslos und wird in beiden Systemen in physikalisch fassbare Signale verpackt. Information kann durch Signale transparent werden.
Künstliche Intelligenz : Computer codieren Signale in Form von streng formierten, jederzeit reproduzierbaren Folgen binärer, digitaler Erregungen mit exakter Zeitstruktur. Störsignale und apparatives Rauschen werden peinlich vermieden und unterdrückt.
Natürliche Intelligenz : Das Gehirn dagegen verlässt sich auf analoge Codierungen der Signalfolgen sowohl in der Nervenfaser mit ihrer diskret-analogen Erregungsstruktur, als auch im Nervenzellkörper. Dieses System ist auffallend robust gegen Störsignale und benützt systemimmanentes Rauschen als Verstärker („Stochastische Resonanz“).
Beide Informationssysteme sind prinzipiell inkompatibel und benötigen für Interaktionen „Übersetzer“. Digital-analoge Signal- und damit Informationsübersetzer sind z.B. Bildschirme und Lautsprecher. Die digitale Welt erfordert also eine analoge Darstellung, um vom Gehirn via Sinnesorgane wahrgenommen zu werden.
EDV-gesteuerte künstliche Intelligenz hat enorme Vorteile und wird nur dann gefährlich, wenn wir die finale analoge Darstellung nicht mehr als „Darstellung“ erkennen. Analog arbeitende, nicht deterministische Computer könnten dagegen den fassbaren Unterschied zwischen Virtualität und Realität total verwischen.
Noch ist es nicht so weit.
Klaus Ehrenberger
Wien, 20.08.2019
Literatur
(1) Helmut Schatz: Neuroplastizität: Funktionelle und morphologische Veränderungen des Gehirns bis ins Alter: Es sind die Neurotransmitter an den Synapsen!
DGE-Blogbeitrag vom 25. Juli 2019
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