Dresden und Bochum, 22. April 2024:
Auf dem Kongress des American College of Cardiology (ACC) im April 2024 wurden von Eric Klug von der Division of Cardiology der University of Witwatersrand, Johannesburg, Südafrika die Ergebnisse des Phase 3 – LIBerate-HR-Trial mit dem Drittgenerations- Hemmer der Pro Convertin Subtilisin Kexin (PCSK) -9 vorgetragen, dem Lerodalcibep (1).
Methodik
Die Studie fand an 66 Zentren in 11 Ländern statt. Es wurden 922 Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen (CVD) oder mit hohem bis sehr hohem Risiko für Herzinfarkt- oder Schlaganfall rekrutiert. Die Hälfte davon fiel in die beiden Risiko-Kategorien. Mittleres Alter ~65 Jahre, 77% Weisse, 45% Frauen. 615 Patienten erhielten für 52 Wochen monatlich 300 mg (in 1,2 ml) Lerodalcibep subkutan injiziert, 307 eine s.c. Plazebo-Injektion . Das mittlere Low Densitiy Lipoprotein (LDL) betrug 116.3 mg/dl in der Verumgruppe und 116.9 mg/dl bei den Plazebo-Patienten. Primärer Wirkungsendpunkt war der prozentuale Abfall des LDL-Cholesterins vom Ausgangswert nach 52 Wochen und der Mittelwert der 50. und 52. Woche .
Ergebnisse
Im Vergleich zu Plazebo reduzierte Lerodalcibep das LDL um 56% nach 52 Wochen (p<0.0001) und um 62% im Mittel der zwei Wochen 50 und 52 (p<0.0001). Die absolute Reduktion betrug 60 mg/dl nach 52 Wochen und 74 mg/dl für das Mittel aus Woche 50 und 52. Es bestanden keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Subgruppen. Eine größere Reduktion als 50% – entsprechend den neueren, strengen Empfehlungen in den Leitlinien – erreichten 94% der Patienten unter Verum und 19% unter Plazebo. Das Nicht-HDL-Cholesterin wurde um 47% reduziert, Apolipoprotein B um 43% und Lp(a) um 33%. Unerwünschte Nebenwirkungen: Kein Unterschied zwischen beiden Gruppen. Die Reaktionen an den Injektionsstellen waren milde bis moderat. Abbruchraten wegen dieser Reaktionen: 4.2% unter Verum, 4.6% unter Plazebo.
Die Firma LIB Therapeutics, ein privates biopharmazeutisches Unternehmen plant, in 2-4 Monaten die Zulassung bei der Amerikanischen Arzneibehörde FDA zu beantragen.
Kommentar
Der Vorteil gegenüber den derzeit auf dem Markt befindlichen Präparaten Alirocumab (Praluent® ) und Evolocumab (Repatha®) bestünde im Falle einer Zulassung darin, dass Lerodalcibep nur in geringem Volumen von 1.2 ml injiziert werden kann und nicht gekühlt aufbewahrt und transportiert werden muß, sodaß es auch leicht auf längeren Reisen mitgenommen werden kann .
Auf der Pressekonferenz (1) nach der Präsentation auf dem Scientific Meeting 2024 des ACC gratulierte Dave L. Dixon, Mitglied des ACC Council for Prevention of Cardiovascular Disease, den Autoren „on moving this product forward and demonstrating the LDL-lowering efficacy, as well as providing some additional safety and tolerability data“. Und er fügte hinzu: „It´s clear“ from the baseline LDL characteristics that we have a lot of work to do in terms of helping patients achieve their lipid goals“. Etwa 30% der Patienten hätten irgendeine Form von Statinintoleranz. „So, we really have to utilize our non-statin therapies, and unfortunately, we’re not doing a great job of that. Dass in die Studie so viele Patientinnen einbezogen wurden, sei fantastisch, „the investigators did a great job of enrolling underrepresented minorities“. Dixon schloss mit der Feststellung: „Having a once-a-month self-injection option is great and fills a nice niche for patients“.
Ulrike Schatz, Dresden
Helmut Schatz, Bochum
Literatur
(1) Pauline Anderson; Novel PCSK9 Inhibitor Reduced LDL by 50%.
Medscape Medical Press News > Conference News > ACC 2024
Lerodalcibep ist ein PSCK9-Inhibitor der 3. Generation. Das kleine Bindungsprotein besteht aus einer Anti-PSCK9-Domäne (Adnectin), die von humanem Fibronectin abgeleitet ist. Diese ist an humanes Serum-Albumin gebunden. Das rekombinante Fusionsprotein hat eine Plasma-Halbwertszeit von 12 bis 15 Tagen.
Ähnlich wie die monoklonalen Antikörper bindet Lerodalcibep an PCSK9 und hemmt damit die Bindung von PCSK9 an den LDL-Rezeptor. Hierdurch wird der LDL-Rezeptor-Abbau verringert und das LDL-Cholesterin-Recycling erhöht. Das wiederum führt zu einer verstärkten LDL-Cholesterin-Clearance mit einer Senkung der LDL-Cholesterin-Spiegel als Folge.Im Unterschied zu den monoklonalen Antikörpern wird für das kleine und gut lösliche Molekül ein sehr viel kleineres Injektionsvolumen (1,2 ml) benötigt. Aufgrund der langen Halbwertszeit reicht 1 Injektion/Monat aus. Das Präparat muss nicht gekühlt gelagert werden, und die Patienten können es sich selbst spritzen (Susanne Heinzl, Medscape 12. April…