Bochum, 27. Januar 2018:
Am 3. Januar 2018 berichten Kuroda et al. (1) über eine Studie an zwischen den Jahren 2014 und 2015 konsekutiv erfassten 1431 unfruchtbaren Frauen, von denen 311 TSH-Spiegel >/= 2.5 mU/l aufwiesen. Ihr Blut wurde auf Schilddrüsenfunktionsparameter und Schilddrüsenantikörper untersucht. Es wurden 174 infertile Patientinnen rekrutiert, wobei solche mit anderen möglichen Einflussfaktoren auf die Schilddrüsen- und die Ovarialfunktion ausgeschlossen wurden. Bei den Patientinnen wurden während der Behandlung mit assistierter Reproduktionstechnologie unter Levothyroxin-Supplementation die Veränderungen der Spiegel des Anti-Müller-Hormons (AMH) als Maß der Eierstocksfunktion sowie Schilddüsenfunktionsparameter erfasst.
Resultate: Insgesamt blieb der AMH-Spiegel unverändert. Bei den 35 Hashimoto-Patientinnen stieg er jedoch unter der T4-Behandlung signifikant an, nach 1 Monat auf das 1,3+/- 0.5 -fache, nach 3 Monaten das 1.3 +/- 0.4 – fache. Bei den Patientinnen mit positiven Antikörpern gegen Thyreoglobulin und negativen gegen TPO stieg AMH ebenfalls signifikant an (nach 1 und 3 Monaten 1.5 -fach). Die japanischen Autoren schlussfolgern, dass T4-Behandlung bereits vor der geplanten Konzeption negative Auswirkungen bei Hashimoto-Patientinnen verhindern könne und die Follikelreifung in den Ovarien unterstützt.
Kommentar
Wohl fast jeder Endokrinologe in Deutschland kennt das schöne Gefühl, wenn Patientinnen, bei denen er im Rahmen der Infertilitätsabklärung eine (latente) Hypothyreose und eine zugrundeliegende Hashimoto-Thyreoidits diagnostiziert und T4 verordnet hatte, nach einigen Wochen freudestrahlend in die Praxis kommen und berichten, dass es „jetzt geklappt hat“ und die ersehnte Schwangerschaft eingetreten ist. Die vorliegende japanische Arbeit bringt nun das Anti-Müller-Hormon als möglichen pathogenetischen Aspekt ins Spiel.
Diese Untersuchung ist allerdings nicht im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie erfolgt und es ist keine Kausalität nachgewiesen. Ferner ist nicht belegt, dass Frauen mit Kinderwunsch generell ein TSH <2,5 mU/l haben sollten. Anders ist die Situation bei unerfülltem Kinderwunsch und geplanter reproduktionsmedizinischer Therapie (ART). Hier wird bei mehrfach bestätigten TSH-Konzentrationen >/= 2,5 mU/l eine Levothyroxingabe empfohlen mit dem Ziel, den TSH-Wert auf <2,5 mU/l vor ART abzusenken.
Wie im DGE-Blog schon mehrmals geschrieben muß man TSH nicht unter 1 mU/l bringen, wie es von manchen Gynäkologen postuliert wird. Dafür gibt es keine Evidenz.
Bitte berichten Sie über Ihre eigenen Erfahrungen.
Helmut Schatz
Literatur
(1) M Kuroda et al.: Levothyroxine supplementation improves Anti-Müllerian hormone levels in infertile patients with Hashimoto´s thyroiditis.
J Obstet Gynaekol Res 2018 Jan 3. DOI: 10.1111/jog.13554 (Epub ahead of print)
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