Bochum, 22. September 2021:
Das medulläre Schilddrüsenkarzinom hat eine etwas schlechtere Prognose als die differenzierten Karzinome der Schilddrüse. Es ist daher für die personalisierte Wahl der richtigen Therapie besonders wichtig, das Ausmaß der Erkrankung und das Risiko für die Entwicklung von Metastasen vorherzusagen.
Im aktuellen Septemberheft von Hormone and Metabolic Research berichten Andreas Machens und Mitarbeiter mit unserem DGE-Mitglied Henning Dralle als Seniorautor retrospektiv über die Befunde von Patienten, die an der Klinik in Halle an der Saale wegen eines medullären Schilddrüsenkarzinoms operiert wurden. (1).
Von 1994 bis 2021 wurden in Halle 484 Patienten mit medullärem Schilddrüsenkarzinom operiert. Studiert wurden die Patienten, bei denen nach totaler Thyreoidektomie fünf oder mehr Lymphknoten entfernt wurden. Eine systematische Lymphknotenuntersuchung erfolgte, wenn klinisch durch Lymphknotenvergrößerung, ultrasonographisch oder intraoperativ der Hinweis auf einen Lymphknotenbefall bestand. Fernmetastasen wurden durch die Standardverfahren der Bildgebung erfasst.
Interessanterweise sind die Ergebnisse unterschiedlich, je nachdem ob die Metastasierung in Lymphknoten oder die Bildung von Fernmetastasen untersucht wird: Der histologische Befund einer lymphatischen Invasion zeigte eine Lymphknotenmetastasierung besser an als die Primärtumorgröße, während die Größe des medullären Karzinoms Fernmetastasen besser erkennen ließ als eine histologisch festgestellte venöse Infiltration.
Kommentar
Die Ergebnisse der sorgfältigen Studie an einem sehr großen Patientengut des auf Schilddrüsenchirurgie hochspezialisierten Zentrum in Halle sind pathophysiologisch plausibel. Für die Nachsorge von operierten Patienten mit medullärem Schilddrüsenkarzinom sind sie von großer Wichtigkeit.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Andreas Machens, Kerstin Lorenz, Frank Weber und Henning Dralle: Metastatic Risc Profile of Microscopic Lymphatic and Venous Invasion in Medullary Thyroid Cancer.
Horm. Metab. Res. Sept. 2021. 53(9):588-593
Soll das bedeuten, dass nach einer Operation eines medullären Schilddtüsenkarzinoms bei der Nachsorge über das Calcitoninscreening hinausgehend der histologische Befund einer vaskulären Mikroinfiltration verstärkte Fernmetastasensuchen duch wiederholte Bildgebung , etwa ein (Ganzkörper-)MRT veranlassen sollte?
Diese Frage geht an Herrn Kollegen Dralle.
@ Schilddrüsenchirurg: Ihre Frage wurde von mir an Prof. Dralle weitergeleitet. Dieser wollte aber nicht öffentlich Antwort geben, sondern nur privat. Mailen oder rufen Sie ihn also bitte direkt an. Er arbeitet jetzt nicht mehr in Halle an der Saale, sondern an der Universität Essen, seine Koordinaten sind über „Dralle – Uni-Essen“ o.ä. zugänglich.
Helmut Schatz