Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Erhöht Metformin während der Schwangerschaft das spätere Gewicht der Kinder? Beim polyzystischen Ovarialsyndrom ja!


Bochum, 8. März 2018:

In zwei randomisiert doppelblinden plazebokontrollierten Studien in Norwegen fanden sich bei Patientinnen mit dem Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCOS), die während der Schwangerschaft Metformin bekommen hatten, im Vergleich zur Plazebogruppe signifikant mehr übergewichtige Kinder im Alter von 4 Jahren (1).

Die 1. Studie untersuchte 40 schwangere Frauen mit PCOS unter täglich 1700 mg Metformin vs. Plazebo, die 2. Studie 257 Frauen mit PCOS und 274 Schwangerschaften unter täglich 2000 mg Metformin vs. Plazebo. Von den insgesamt 292 Kindern und deren Müttern der zwei Studien nahmen 182 an den longitudinalen Untersuchungen nach der Entbindung teil. Für 154 Kinder lagen 4 Jahre nach der Geburt komplette Daten vor. Die Basisdaten der Verum- und Plazebogruppe bei der Geburt waren nicht unterschiedlich, hingegen wurden zwischen 6 Monaten und 4 Jahren Unterschiede sichtbar: Kinder der Metformingruppe wurden signifikant schwerer (p=0.015). Nach 4 Jahren wiesen sie einen signifikant höheren Z-Score für das Gewicht und den Body-Mass-Index (BMI) auf als die Kinder der Plazebo-Gruppe. Bei den 4-Jährigen fand man bei Metformin-Exposition während der Schwangerschaft 26 (=32%) und unter Plazebo 14 (=18%) übergewichtige bis adipöse Kinder (odds ratio, 2.7; p=0.038). Auf die Körpergröße zeigte Metformin keinen Einfluss.

Kommentar

Von Metformin weiß man, dass es über die Plazentaschranke hinweg in den Fetus gelangt. Wenn auch die bisher vorliegenden Resultate nicht einheitlich sind (2-5), so wird dennoch zumeist angenommen, dass Metformin einen günstigen oder zumindest keinen negativen Einfluß auf den Stoffwechsel des Embryos hat. Nun wird Metformin nicht nur in der Schwangerschaft bei PCOS-Patientinnen gegeben, sondern mit steigender Frequenz auch bei Gestationsdiabetes, bei Typ-2-Diabetes und bei Übergewicht bzw. Adipositas. Insofern sind die norwegischen Ergebnisse von hohem Interesse.

Die Autoren betonen, dass ihre Daten aus der größten longitudinalen follow-up – Studie über einen Einfluss von Metformin in utero stammen. Sie schränken ein, dass man daraus nur Aussagen über Metformin bei Embryonen von PCOS-Patientinnen treffen könne und nicht generell über Metformin in der Schwangerschaft. Als Ursache des beobachteten Effekts diskutieren sie, dass Metformin Änderungen des mütterlichen Stoffwechsels und als Folge das intrauterine Milieu beeinflussen könnte. Möglicherweise hemmt es auch die mitochondriale Atmungskette.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Liv Guro Engen Hanem et al.: Metformin use in PCOS pregnancies increases the risk of offspring overweight at 4 years of age: follow-up of two RCTs.
J Clin Endocrinol Metab published online February 27, 2018. jc.2017-02419, https://doi.org/10.1210/jc.2017-02419

(2) Morin-Papunen, J Clin Endocrinol Metab. 2012 May; 97(5):1492-500

(3) Zheng, J Endocrinol Invest. 2013 Nov; 36(10):797-802. doi: 10.3275/8932. Epub 2013 Apr 12.

(4) Cassina et al., HumReprodUp 2014, 20 (5): 656-69

(5) Tang et al., Cochrane Database Syst Rev. 2012 May 16; (5):CD003053

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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