Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Metyrapon zur Therapie des Cushing-Syndroms


Publiziert von Prof. Helmut Schatz, Bochum und Prof. Christof Schöfl, Erlangen:

Bochum und Erlangen, 12. März 2014:

Auf der Jahrestagung der Britischen Society for Endocrinology in Liverpool vom 24.-27. März 2014 wird über den Effekt einer Metyrapontherapie bei Patienten mit Cushing-Syndrom berichtet werden. In der retrospektiven Studie wurde in über 80% der Patienten eine Normalisierung der Cortisolspiegel erzielt, bei einem akzeptablen Sicherheitsprofil (1).

An der retrospektiven Studie in 13 endokrinologischen Referenzzentren Großbritanniens wurden von 1997-2013 195 Patienten unter Metyrapon-Therapie, davon 160 unter Monotherapie ausgewertet. Ein zentrales Cushing-Syndrom hatten 59%, davon 32% ein hypophysäres Makroadenom, 19% ein ektopes ACTH-Syndrom, 15% ein Nebennierenrindenkarzinom und 7% ein Nebennierenadenom. 73% erhielten Metyrapon vor der Operation, und 13% bekamen nur Metyrapon. Die durchschnittliche Metyrapon-Startdosis lag bei 1000 Milligramm, dann wurde in unterschiedlichem Ausmaß titriert. Zur Verlaufs- bzw. Therapiekontrolle dienten meist Cortisoltagesprofile, gefolgt von einem 9.00 h-Cortisolwert und freiem Urincortisol. Die mittlere Therapiedauer betrug 8 Monate. Nebenwirkungen traten bei 25% der Patienten auf, „most commonly gastrointestinmal upset and hypoadrenalism“. Eine Hypokaliämie unter der Behandlung wurde therapiert Die Autoren empfehlen eine bessere Standardisierung der Überwachungsmethoden und der Dosistitration.

Kommentar

Metyrapon wurde früher in Deutschland als Metopiron breit als Diagnostikum eingesetzt. Als Therapeutikum hatte es in Deutschland keine Zulassung. Da bis zum Stichtag 30. April 1990 kein Nachzulassungsantrag gestellt wurde, endete die Verkehrsfähigkeit von Metopiron mit Jahresende 1992. Es ist in Deutschland nicht mehr erhältlich, kann aber aus dem Ausland bezogen werden. So ist es in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien auf dem Markt. Die Krankenkassen lehnen die Kostenübernahme jedoch meist ab. Nach Urteilen der Landessozialgerichte Berlin-Brandenburg und Potsdam, ergangen anlässlich eines besonders schweren Falles, sei die Einfuhr aber zulässig und die Kosten seien von den Krankenkassen zu erstatten. Nun plant die Firma HRA Pharma, Sitz in Bochum, in Deutschland Metyrapon wieder auf den Markt zu bringen, insbesondere als Therapeutikum. Es soll ein Antrag bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA gestellt werden.

Zunächst muss seitens der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie den deutschen Hypophysenchirurgen ein hohes Lob ausgesprochen werden: In der Regel können bei uns Patienten mit zentralem Cushing-Syndrom erfreulicherweise operativ geheilt werden. Gegebenenfalls wird auch die Strahlentherapie mit Erfolg eingesetzt. Auch die Nebennierenchirurgie ist bei uns gut entwickelt. Dennoch verbleiben Patienten, die so nicht geheilt werden können. Hier hatte man bisher nur begrenzte therapeutische Möglichkeiten: Ketoconazol, ein Antimykotikum, wurde off-label als Adrenostatikum eingesetzt, ist jetzt aber in Deutschland nur mehr zur topischen Anwendung als Creme oder Lösung auf dem Markt (Nizoral®, Terzolin®). Für die Behandlung des Morbus Cushing, also das zentrale Cushing-Syndrom steht seit 2012 das Somatostatin-Analogon Pasireotid (Signifor®) zur Verfügung (2,3).
Ein Hemmer der Cortisolsynthese wäre für Sonderfälle sicherlich eine Bereicherung des therapeutischen Repertoires in Deutschland.

Helmut Schatz und Christof Schöfl

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Literatur

(1) Eleni Daniel et al.: Effectiveness of metyrapone in 195 patients with Cushing´s syndrome.
Endocrine Abstracts (2014) 34 OC6.5 / DOI: 10.1530/endoabs.34.oc.5
http://www.endocrine-abstracts.org/ea/0034/ea0034oc6.5htm

(2) Helmut Schatz: Pasireotid für die Zulassung zur Behgandlung bei Morbus Cushing empfohlen.
DGE-Blogbeitrag vom 6. Februar 2012

(3) Helmut Schatz: Pasireotid zur Behandlung bei Morbus Cushing von der FDA zugelassen.
DGE-Blogbeitrag vom 2. Januar 2013

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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7 Antworten auf Metyrapon zur Therapie des Cushing-Syndroms

  1. Dr. Sylvère Störmann sagt:

    Als ergänzende Information zum Thema Zulassungsverfahren medikamentöser Therapie bei Cushing-Syndrom ist sicher auch der Glukokortikoid-Rezeptor-Antagonist Mifepriston erwähnenswert, der seit 2012 als Korlym® in den U.S.A. zugelassen ist (Tagestherapiekosten zwischen US$ 235 und 940!). Der Hersteller Corcept Therapeutics plant die Zulassung auf dem europäischen Markt als Corluxin® (1) und rechnet mit einer Zulassung noch in diesem Jahr. Insbesondere wegen der eher positiven Effekte auf den Blutzuckerhaushalt (2) lässt sich auch die Marketing-Strategie erahnen. Allerdings weist es auch eine hohe Rate an unerwünschten Arzneimittelwirkungen, u.a. auch gehäuften Addison-Krisen.

    (1) http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Report/2014/02/WC500161192.pdf
    (2) Fleseriu et al. Mifepristone, a Glucocorticoid Receptor Antagonist, Produces Clinical and Metabolic Benefits in Patients with Cushing’s Syndrome. JCEM. 2012.

  2. Helmut Schatz sagt:

    Serhr geehrte Frau Dr. Störmann,
    vielen Dank für diesen Hinweis. Über die FDA-Zulassung von Mifepristone zur Therapie bei chirurgisch nicht behandelbarem Cushing.Syndrom wurde im DGE-Blog am 7. März 2012 und am 9.Mai 2012 bereits berichtet.
    Helmut Schatz

  3. Helmut Schatz sagt:

    Pardon, Herr Kollege Störmann, habe jetzt erst realisiert, daß Sylvere ein männlicher Vorname ist. Und das Photo war sehr klein – ich habe Ihre Frisur für einen weiblichen „Bubikopf“ früherer Tage gehalten
    Helmut Schatz

  4. Chirurgiefreund sagt:

    Wenn die Hypophysenchirurgie +/- Bestrahlung nicht hilft, kann der Chirurg immer noch die beidseitige Adrenalektomie durchführen, die wohl nebenwirkungsärmer als eine Dauertherapie mit Mifepristone ist und in der Regel gut mit Gluko- und Mineralokortikoiden zu steuern ist. Ein alter Chirurgenspruch lautet: „Vulnerando sanamus“. Er steht über dem Haupteingang in das alte Chirurgiegebäude des Gießener Universitätsklinikums und gilt auch beim Cushing-Syndrom, egal ob zentral oder peripher. Neue Aktualität gewinnt der Spruch durch die boomende Bariatrische Chirurgie . Ob zu Recht, werden Langzeit- / Outcome-Studien zeigen müssen.

  5. Helmut Schatz sagt:

    Im Juli 2014 wurde Metyrapon (Metopiron(R)) in Deutschland zugelassen und ist ab Dezember 2014 auf dem Markt erhältlich. Die Zulassung gilt sowohl als Diagnostikum als auch als Therapeutikum bei Cushing-Syndrom. In den Endokrinologie-Informationen wird im Sonderheft 2015 darüber detailliert berichtet werden.
    Helmut Schatz

  6. Frustrated sagt:

    Erhoehte Cortisolwerte, geschwollene Hypophyse (kein Tumor), normale Nebennieren, normale ACTH Werte, Symptome von Cushings sind vorhanden (Stammbetonte Adopositas, Glukosetoleranzstoerung, Akne).
    (History: 2013 – erfolgreiche transphenoidale Adenomektomie).
    Welchen Behandlungsansatz soll man da folgen? Kein Tumor = Kein OP.
    Laut der Endokrinologen wird medikamentoese Therapie zum Leberversagen bzw. Tod fuehren.
    Wie soll ich weiter leben?
    Ich bitte um Rat :-(

  7. Helmut Schatz sagt:

    Fernbehandlungen einschließlich Therapievorschlägen sind standesrechtlich nicht zulässig, und ohne genaue Kenntnis der aktuellen körperlichen und Laborbefunde auch nicht möglich. Wie war der Dexamethasonhemmtest ausgefallen? Würde die Strahlentheraie schön diskutiert? Suchen Sie einen guten Endocrinologen auf, Liste unter http://www.endokrinologie.net.

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