Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Mikro- und Nanoplastik im Gehirn – Zusammenhang mit Demenz?


Bochum, 22. Februar 2025

Im DGE-Blog wurde in letzter Zeit mehrfach über Mikro- und Nanoplastik referiert. Am 3. Februar 2025 kann man jetzt online  in Nature Medicine einen Artikel lesen: „Bioaccumulation of microplastics in descendent human brain“ (1). Postmortal wurden Leber, Nieren und Gehirn von in den Jahren 2016 und 2024 verstorbenen Menschen auf Mikro- und Nanoplastik (MNP) mit der Pyrolyse-Gas Chromatographie-Massenspektrophotometrie untersucht. Während in Leber und Niere im Jahre 2024 etwa gleiche Konzentrationen an MNP gefunden wurden (433 und 404 µg/g), waren die Konzentrationen im frontalen Cortex des Gehirns 2024 um ein Vielfaches höher (4917 µg/g, p<0.0001).  Die Autoren hatten 28 Gehirnproben von 2016 und 24 von 2024 untersuchen können. Die Proben stammten von   demographisch vergleichbaren Personen. Es wird diskutiert, dass Leber und Nieren als Ausscheidungsorgane des Körpers möglicherweise den Organismus von MNP klären können, was beim Gehirn jedoch nicht der Fall ist.  Es werden auch Überlegungen angestellt, wie MNP-Teilchen ins Gehirn gelangen können und ob es möglich/wahrscheinlich ist, dass sie nicht nur von der Nahrung über den Darmtrakt ins Körperinnere transportiert werden. In einem Kommentar dazu diskutiert Oliver Stones von der RMIT Universität Melbourne (im Zusammenhang mit einer möglichen Assoziation von MNP zur Demenz, s.u.), dass ja auch andere kleine Partikel aus der Umwelt ins Gehirn gelangen könnten, was nicht untersucht wurde (2).

Die Autoren fanden nämlich in einer Kohorte von 12 Personen mit dokumentierter Demenz-Diagnose im Vergleich zu nicht-dementen Personen 3 – 5-fach höhere MNP-Konzentrationen. Es wird aber eindrücklich davor gewarnt, MNP als kausal für eine Demenz-Entstehung anzusehen.

Schlussfolgerungen der Autoren (1):

„The present data suggest a trend of increasing MNP concentrations in the brain and liver. The majority of MNPs found in tissues consist of polyethylene  and appear to be nanoplastic shards or flakes. MNP concentrations in normal decedent brain samples were 7–30 times greater than the concentrations seen in livers or kidneys, and brain samples from dementia cases exhibited even greater MNP presence. These data are associative and do not establish a causal role for such particles affecting health. For this, refinements to the analytical techniques, more complex study designs and much larger cohorts are needed. Given the exponentially rising environmental presence of MNPs, these data compel a much larger effort to understand whether MNPs have a role in neurological disorders or other human health effects“.

Helmut Schatz, Bochum

P.S. In der „WELT AM SONNTAG“ erschien  15. Februar 2025  auf der Titelseite ein großes Bild eines menschlichen Kopfes, voll bespickt mit bunten kleinen Kügelchen und Teilchen mit dem Kommentar: „Unser Gehirn ist voll von Mikro- und Nanoplastik“. Im Blattinneren fand sich darüber ein ganzseitiger Artikel.

 

Literatur

(1) Alexander J. Nihart et al.: Bioaccumulation of microplastics in decedent human brains. 3. February 2025 online.
Nature Medicine (2025): https://doi.org/10.138/s41591-024-03453-1

(2) Oliver Jones: in: Expert reaction to a study investigating the accumulation of microplastics im human organs.
sms@sciencemedicacentre.org

Posted on by Prof. Helmut Schatz
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