Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Multivitaminpräparate senken nicht das Sterberisiko, sondern erhöhen es eher


Bochum, 8. Juli 2024

Am 3. Juni 2024 erschien  im JAMA Network Open (1) eine Publikation aus den USA , basierend auf den Daten von drei prospektiven Kohortenstudien  an 390 124  Erwachsenen (Alter 61-66 Jahre, 55% männlich) die,  nach eigener Angabe,  Multivitaminpräparate zu sich nahmen. Die Probanden wurden bis zu 27 Jahre nachverfolgt. Sie hatten zu Beginn keine Krebs- und keine anderen chronischen Erkrankungen in der Vorgeschichte.

Ergebnissse

Personen, die  Multivitaminpräparate einnahmen, wiesen  kein geringeres Mortalitätsrisiko auf. Im Gegenteil, es bestand sogar die Tendenz  zu erhöhter Sterblichkeit (in der 1. Hälfte der Nachbeobachtungzeit: HR, 1.04; 95% CI, 1.02 – 1.07, in der 2. Hälfte: HR 1.04; 95% CI, 0.99 – 1.08).

Diskussion

Die Resultate über einen fehlenden Nutzen von Multivitaminpräparaten decken sich über weite Strecken mit der  Literatur. Im Unterschied zu den publizierten Berichten  konnte in der vorliegenden Studie aber eine große Zahl von Einflußfaktoren (confounders) berücksichtigt werden, ebenso wie ein möglicher Bias  etwa durch Lebensstilfaktoren, die mit den einzelnen Substanzen der Supplemente zusammenhängen können.

In einem Invited Commentary (2) wird zunächst auf die Definition von Multivitamin- und Multimineral-Supplementen der NIH – Konferenz von 2004 eingegangen: Dies sind Produkte, die drei oder mehr Vitamine und Mineralstoffe enthalten, die alle unter der oberen Verträglichkeitsgrenze  des U.S. Food and Nutritional Board liegen und keine pflanzlichen Komponenten, Hormone oder Medikamente enthalten.

Dann wird im Commentary hervorgehoben, dass in der besprochenen Studie (1) nur die Mortalitätsdaten erfasst wurden, nicht aber die potenziellen Vorteile von Einzelkomponenten wie etwa Betacaroten, Vitamin C und E sowie  Zink, welche zum Beispiel eine altersassoziierte Makuladegeneration verzögern können,  oder auch bei älteren Personen eine verbesserte Gedächtnisleistung und eine verzögerte Abnahme der Kognition bewirken.

Von der Bevölkerung sollten nicht generell Multivitamin-Supplemente – etwa zur Prävention von Krebs und Herz-Kreislaufleiden – eingenommen werden, so die Empfehlung im Commentary. In den USA sei dies zur Zeit  bei jeder dritten Person der Fall. Mikronährstoffe würden am gesündesten auf natürlichem Wege mit der Ernährung durch Mischkost in den Körper gelangen.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Erikka Loftfield et al.: Multivitamin Use and Mortality Risk in 3 Prospective US Cohorts.
JAMA Netw Open. 2024; Jun 3; 7(6):e2418729. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.18729

(2) Neal D. Barnard et al.: The Limited Value of Multivitamin Supplements. Invited Commentary.
JAMA Netw Open. 2024; 7(6):e2418965. doi:10.1001/jamanetworkopen. 2024.18965

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