Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Osteoporose-Medikament Raloxifen wird gegen COVID-19 getestet


Bochum, 1. November 2020:

Am 27. Oktober 2020 genehmigte die Italienische Arzneimittelbehörde klinische Studien bei COVID-19 – Patienten mit dem selektiven Östrogenrezeptor-Agonisten Raloxifen (1). Dieser ist seit 1998 für die Osteoporose zugelassen (2) von hoher Verträglichkeit und bereits breit als Generikum kostengünstig erhältlich. Das Medikament wurde als möglicher Kandidat zur COVID-19-Therapie  durch Einsatz von Supercomputern  unter ~400.000 Molekülen auf Grund seiner chemischen Charakteristika ausgewählt. Es könnte die Replikation des Virus in Zellen hemmen und den Progress einer COVID-19-Erkrankung verlangsamen. Auch die Infektiosität sollte durch Verringerung der Viruslast verringert werden, wie Andrea Beccari von Excalate4Cov sagte (1). Dieses ist ein privat-öffentliches Forschungskonsortium der Europäischen Union, welches mit mehreren Supercomputern unter rund 500 Milliarden Substanzen nach möglichen COVID-19 – Medikamenten suchen läßt. Zuerst wurden verschiedene Eiweissmodelle des Virus ermittelt, dann prüften die Computer chemische Substanzen, die dort angreifen.

In der geplanten Studie werden bis zu 450 COVID-19-infizierte Patienten mit milden Symptomen randomisiert plazebokontrolliert aufgenommen. Diese werden im  römischen Spallanzani-Krankenhaus  oder bei Humanitas in Mailand stationär oder auch ambulant sein. Die Patienten sollen 7 Tage lang Raloxifen oder Plazebo erhalten; über die Raloxifen- Dosierung wird noch diskutiert. Die Studie soll unter der Kontrolle des Italienischen Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten „L. Spallanzi“ in Rom laufen. Das Mailänder Pharmaunternehmen  Dompe Farmaceutici ist dabei führend beteiligt. Es hat bereits einen Patentantrag für den Einsatz von Raloxifen bei COVID-19 gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut und der Universität Löwen (Leuven) gestellt. Gemäß dem Europäischen Forschungskonsortium soll die allgemeine Verfügbarkeit des Östrogenrezeptor-Agonisten als Behandlungsoption bei COVID-19 gesichert werden, wenn dieser wirksam sein sollte.

Kommentar

Über die Resultate des Screenings durch die Supercomputer hinaus gab es auch Hinweise aus der frühen Phase der Coronavirus-Pandemie, dass die Östrogene  prämenopausaler Frauen möglicherweise vor dem Virus schützen. Man darf also vermuten, dass der Östrogenrezeptor-Agonist Raloxifen dieselbe Schutzfunktion wie Östrogene besitzen könnte. Wann die Resultate der Studie in Rom und Mailand verfügbar sein werden, ist noch nicht bekannt.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Emilio Parodi bei REUTERS: Italy Okays Trial of Osteoporosis Drug to Treat COVID-19.
https://www.medscape.com/viewarticle/939836

(2) Helmut Schatz: Neufassung 2014 der DVO-Leitlinie zur Osteoporose verabschiedet.
DGE-Blogbeitrag vom 8. Dezember 2014

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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