Bochum, 17. September 2017:
Am 11. September 2017 erschien online im New England Journal of Medicine (1) die ARCH-Studie an postmenopausalen Frauen mit erniedrigter Knochendichte und mindestens einem bereits stattgehabten Wirbelbruch. Es erfolgte prospektiv, doppelblind und randomisiert 12 Monate lang eine Behandlung mit Alendronat oder mit dem Sklerostin-Antikörper Romosozumab (1x monatlich s.c.) (2,3), gefolgt von einer open-label – Therapie mit Alendronat für beide Gruppen (siehe Figure 1 aus Lit. 1). Die Romosozumab-Gruppe zeigte bei raschem und stärkerem Knochendichteanstieg ein geringeres Frakturrisiko (siehe Figure 2 aus Lit 2).
In der mit Romosozumab vorbehandelten Gruppe traten jedoch signifikant mehr ernste kardiovaskuläre (CV) Probleme auf. Im DGE-Blog vom 20. Juli 2017 (3) waren schon die globalen Prozentzahlen genannt worden: 2.5% versus 1.9% in der Vergleichsgruppe nur mit Alendronat. In der jetzt vorliegenden Publikation der ARCH-Studie (1) kann man die detaillierten Daten einsehen: Kardiale ischämische Ereignisse bei 16 (0.8%) Patienten versus 6 (0.3%), (odds ratio, 2.65; 95% CI, 1.03-6.77) und zerebrovaskuläre Ereignisse bei 16 (0.8%) Patienten versus 7 (0.3%), (odds ratio, 2.27; 95% CI, 0.93-5.22). Herzinsuffizienz, nicht-koronare Revaskularisation und peripher-ischämische Ereignisse waren in der Romosozumab-Gruppe numerisch geringer.
Die signifikant vermehrten, wenn auch nicht sehr häufigen CV Zwischenfälle hatten dazu geführt, dass dem Zulassungsantrag von der FDA nicht stattgegeben wurde, sondern von der amerikanischen Arzneibehörde alle Daten von AMGEN und UCB Pharma zur Überprüfung angefordert wurden (3).
Kommentar
Als Ursache für die unter dem Sklerostin-Antikörper im Vergleich zu Alendronat in der ARCH-Studie vermehrten CV Ereignisse diskutieren die Autoren mehrere Möglichkeiten. Theoretisch kann man zunächst vermuten, dass Alendronat einen CV schützenden Effekt hat, wie in manchen Studien gefunden wurde, allerdings nicht in 2 Metaanalysen. Eine der Limitationen der Studie ist es somit, dass in ARCH keine – ethisch kaum vertretbare – Plazebogruppe mitgeführt wurde. In der FRAME-Studie an über 7000 Patienten waren keine CV Probleme gesehen worden. Des weiteren könnte Sklerostin-Hemmung Gefäßverkalkungen fördern, diesbezügliche Resultate sind aber widersprüchlich. Sklerostin findet sich in Aortengewebe exprimiert und hochreguliert bei Verkalkungen in Gefäßen und Herzklappen. Sklerostin könnte somit ein negativer Regulator für Gefäßverkalkungen sein. Jetzt wird man noch auf die Resultate der BRIDGE-Studie an männlichen Osteoporosepatienten (3) warten müssen, um zu sehen, ob in dieser so wie in ARCH vermehrt CV Probleme aufgetreten sind.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Kenneth G. Saag et al.: Romosozumab or alendronate for fracture prevention in women with osteoporosis.
New Engl. J. Med. online September 11, 2017. DOI: 10.1056/NEJMoa1708322
(2) Helmut Schatz: Sklerostin-Antikörper Romosozumab zur Osteoporosebehandlung von FDA nicht zugelassen.
DGE-Blogbeitrag vom 20. Juli 2017
(3) Helmut Schatz: Neue Osteoporosemedikamente: Weiterentwicklung von Odanacatib wegen erhöhten Schlaganfallrisikos eingestellt, Romosozumab ebenfalls mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko?
DGE-Blogbeitrag vom 6. September 2017
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