Bochum, zum Osterfest am 21. April 2019
Im vorigen Jahr schrieb ich im „DGE-Osterblog“ über die Ostereier und das Cholesterin (1). Auch in diesem Jahr gibt es zu diesem Thema wieder eine aktuelle Diskussion, beruhend auf neuen wissenschaftlichen Daten zur Frage, wie viel Eier man essen dürfe: Im JAMA erschien am 19. März 2019 eine Studie (2), welche dafür sprechen könnte, dass eine unbeschränkte Cholesterinzufuhr mit der Nahrung nicht unbedenklich ist. Es wird über sechs prospektive US-Kohorten berichtet, deren Daten zwischen 1985 und 2016 gesammelt wurden. Nach Standard-Protokollen wurde die selbst berichtete Diät, angegeben als Nahrungscholesterin in mg/Tag oder Anzahl Eier pro Tag harmonisiert. Die Analyse umfasste ~30.000 Personen. Nach im Mittel 17.5 Jahren wurde 5400 kardiovaskuläre Ereignisse (CVD) und ~6100 Gesamttodesfälle registriert. Je 300 mg zusätzliches Cholesterin pro Tag aus der Nahrung waren mit signifikant höherer CVD und Gesamtmortalität behaftet (HR 1.17 bzw. 1.18). Bei weniger Cholesterin aus der Nahrung sank hingegen die Inzidenz an Ereignissen. Es wird empfohlen, diese neuen Daten bei der Aktualisierung von Ernährungsleitlinien zu berücksichtigen (2).
Kommentar
Dass erhöhte Cholesterinspiegel im Blut ein wichtiger CV Risikofaktor sind und Cholesterinsenkung, wie in vielen Studien gezeigt, dieses Risiko senken kann, ist unbestritten. Weit weniger ist klar, welche Bedeutung die Cholesterinzufuhr mit der Nahrung für die Blutspiegel und das CV Risiko hat. Deshalb sind auch die Amerikanische Herzgesellschaft , das American College of Cardiology und das Beraterkomittee für die Ernährungsleitlinien der USA im Jahre 2015 von ihrer jahrzehntelangen Empfehlung abgewichen, nur 300 mg Cholesterin pro Tag mit der Nahrung zuzuführen. Die Europäische Präventionsleitlinie äußert sich nicht zur Menge von Nahrungscholesterin, da die gesättigten Fettsäuren das Serumcholesterin deutlich stärker erhöhen als das Cholesterin aus der Nahrung. Eine Studie aus Spanien an ~14.000 Personen fand keine höhere CV Ereignisrate, wenn vier Eier pro Woche verzehrt wurden (3). Eine schwedische Untersuchung stellte ebenfalls bei Eierkonsum bis zu sechs pro Woche kein erhöhtes Risiko fest, jedoch eine CV Ereignis-Zunahme bei höherem Konsum (4), was in Richtung der neuen US-amerikanischen Metaanalyse sprechen würde, nicht zu große Cholesterinmengen mit der Nahrung zuzuführen.
Die US-Daten kann man aber nicht ohne Weiteres auf (kontinental-) europäische oder gar deutsche Verhältnisse übertragen: In den USA werden die Frühstückseier meist zusammen mit gebratenem Speck und weiteren Quellen gesättigter Fettsäuren verzehrt, bei und bevorzugen doch viele, auch der Referent, ein kernweich gekochtes Frühstücksei.
Wenn Sie über die Ostertage – und nicht jahre- oder gar jahrzehntelang – etwas mehr Ostereier essen, wird dies Ihnen ganz gewiss nicht schaden.
Frohe Ostern!
Helmut Schatz
Literatur
(1) Schatz H.: Frohe Ostern – das höchste Fest der Christenheit, so wie es das Passah-Fest für die Juden ist. Oder ist es zu einem traditionellen Anlass geworden, bei dem ein Hase in der deutschen Multikulti-Gesellschaft cholesterinhaltige Eier bringt?
DGE-Blogbeitrag am Ostersonntag, 1. April 2019
(2) Zhong V.W. et al.: Associations of dietary cholesterol or egg consumption with incident cardiovascular disease and mortality.
JAMA 2019 Mar. 321(11):1081-1095. doi: 10.1001/jama.2019.1572
(3) Zazpe I. et al.: Egg consumption and risk of cardiovascular disease in the SUN project.
Eur. J. Clin. Nutr. 2011 Jun. 65(6):676-682.
(4) Larsson S.C. et al.: Egg consumption and risk of heart failure, myocardial infarction, and stroke: results from two prospective cohorts.
Amer. J. Clin. Nutr. 2015 Nov. 102:1007-1013
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Klassische Osterspeisen sind Schinken und Ostereier, auf die man während der
langen Fastenzeit verzichten musste und auch heute
noch verzichten sollte. Kommt es dadurch zu einem Cholesterinmangel, der am
Ende der Fastenzeit durch eine kollektive, spirituell
animierte Cholesterinaufbaudiät bis zur Wiederherstellung metabolischer
Normwerte ausgeglichen wurde und wird?
Lieber Klaus, Eier waren nur im Mittelalter, ebenso wie Fett und Milch, außer dem Fleisch verboten. Es ging also damals ganz vegan zu. Heute dürfen strenggläubige Katholiken aber Eier essen. Ja, und der Alkohol? In katholischen Messen geht es auch in der Fastenzeit nicht ohne Wein, in manchen protestantischen Kjrchen wird aber immer für das Abendmahl nur Traubensaft verwendet.
Wie schön, dass der Referent uns den Appetit auf die Ostereier nicht nimmt, egal ob bunte harte Eier mit kleinen Sardellen,oder weiche mit Salz, schöne Spiegeleier mit Bacon,oder Rührei mit Oregano, sie machen Appetit und Spaß. Sie werden sowieso nicht alle auf einmal verzehrt, aber man kann sie genießen ohne an den Cholesterinspiegel zu denken. Man kann sich an den vielen Tagen des Jahres zurückhalten und der Gesundheit Genüge tun.
Dass cholesterinsenkende Medikamente bei erhöhten Spiegeln aber für das Herz-Kreislaufsystem der Menschen ein Segen sind, wurde vom Referenten schon angesprochen. Frohe Ostern!