Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Papilläre Mikrokarzinome der Schilddrüse: Beobachten oder behandeln?


Bochum, 1. Februar 2025:

Am 9. Januar 2025 erschien im Organ der Europäischen Schilddrüsengesellschaft (ETA), dem „European Thyroid Journal“ ein  Artikel  „A national survey of physicians regarding active surveillance for low-risk thyroid cancer in Korea“ , verfasst von Min Joo Kim et al. (1). Die Thematik Active Surveillance (AS) versus  Operation und/oder Radiojodtherapie wurde im DGE-Blog bereits vielfach diskutiert (2-4).

Methodik

Min Joo Kim et al. (1) befragten im Jahre 2024 Mitglieder der Koreanischen Schilddrüsengesellschaft und erhielten von 287 Antworten, wie sie sich bei einem vorgegebenen männlichen Patienten von 65 Jahren mit einem 0.7 cm großen low-risk- (papillären) Schilddrüsenkarzinom verhalten würden. Von den 287 Ärzten waren 40% Endokrinologen, 21% Chirurgen und 20 % Hals-Nasen-Ohrenärzte. Die meisten von ihnen arbeiteten in Krankenhäusern der Tertiärversorgung und hatten eine über 10-jährige Berufserfahrung.

Resultate

Drei Viertel der Befragten bevorzugten die aktive Überwachung. Endokrinologen und Ärzte mit längerer Erfahrung und höherer Selbsteinschätzung, welche ihren Patienten die beobachtende Kontrolle erklärten, sprachen sich für diese aus. Die Vorteile sahen sie in der Vermeidung von Operation mit Verringerung von chirurgischen Komplikationen. Es bestanden aber auch Bedenken wegen potenzieller Risiken  wie  Klageerhebung von Patienten bei Progression des Mikrokarzinoms  sowie der Angst von Patienten. Eine besondere Sorge bereitete die Möglichkeit, eine Beteiligung des Stimmnerven oder auch Lymphknotenmetastasen nicht zu erkennen. Ärztlicherseits gab es auch Bedenken, dass bei einer active surveillance die Patienten psychologische Unterstützung bräuchten und die Kosten einer langfristigen Nachkontrolle hoch seien.

Schlussfolgerungen der Autoren

The survey underscored the need for further research and initiatives to overcome the barriers and implement AS for the management of low-risk thyroid cancer“.

Kommentar

Der Referent (H.S.) hat die lebhafte, kontroverse Diskussion zu diesem Thema auf der Tagung 2018 der Sektion Schilddüse in Essen miterlebt (siehe Lit. 2) und meint, dass die Situation heute in ganz Deutschland, abgesehen vielleicht von  Schilddrüsenzentren, wohl kaum viel anders sein dürfte als in Korea (1).

Helmut Schatz

Literatur

(1) Min Joo Kim et al.: A national survey of physicians regarding active surveillance for low-risk thyroid cancer in Korea.
European Thyroid Journal (2025). 14 e240281

(2) Helmut Schatz und Johannes Dietrich: Papilläres Mikrokarzinom der Schilddrüse: Operieren oder kontrollierend abwarten („active surveillance“)?
DGE-Blogbeitrag vom 1. Dezember 2018

(3) Helmut Schatz: Überdiagnostik von Schilddrüsenkarzinomen
DGE-Blogbeitrag vom 5. Dezember 2024

(4) Markus Luster und Helmut Höffken: Müssen wir bei der Behandlung des „kleinen“ papillären Karzinoms der Schilddrüse umdenken?
DGE-Blogbeitrag vom 17. Februar 2014

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