Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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PCSK9-Hemmung statt durch Antikörper mit siRNA-Technologie oder durch Impfung


Bochum, 19. Oktober 2016:

Auf allen Kongressen für Endokrinologie, Diabetologie oder Kardiologie hört man stets neue Resultate von Studien über eine LDL-Senkung durch Hemmung von Proprotein-Convertase-Substilisin/Kexin Typ-9 (PCSK9) mit humanen monoklonalen Antikörpern. In Deutschland sind Alirocumab (Praluent® , Sanofi) und  Evolocumab (Repatha®, Amgen) bereits zugelassen, Bococizumab von Pfizer ist in Phase 3. Im DGE-Blog wurde über PCSK9-Hemmer mehrfach berichtet, zuletzt am 5. September über die Odyssey Escape – Studie (1).

PCSK9 bindet an den LDL-Rezeptor und führt zu seiner Degradation. Genetische Studien haben gezeigt, dass loss-of-function-Mutationen von PCSK9 zu verminderten LDL-Spiegeln  im Plasma und geringerem Risiko für koronare Herzkrankheit führen. Dies erreicht man heute durch den Einsatz von PCSK9-Antikörpern (s.o.). Seit Jahren wird auch an anderen Möglichkeiten einer Hemmung von PCSK9 geforscht, so mit der siRNA-Technologie und durch Impfung.

siRNA-Technologie: Small interfering RNA (siRNA, „kleine, eingreifende RNA“)  sind kurze, einzel- oder doppelsträngige Ribonukleinsäure-Moleküle mit der Länge von 20 bis 25 Basenpaaren, mit denen PCSK9  inaktiviert werden kann. Die natürliche aktive Form wird in eine nicht-aktive Isoform von PCSK9 übergeführt (2).  In einer Phase-1 – Studie der Firma Alnylam Pharmaceuticals mit ihrer Substanz ALN-PCS02 wurden 32 gesunde Probanden untersucht. Zirkulierendes PCSK9-Protein wurde um 70%, LDL-Cholesterin um 40% abgesenkt. Die Nebenwirkungsrate der injizierten Oligonukleotide lagen auf Plazebo-Niveau (3). Zur Zeit befindet sich die Substanz in Phase 2. Auch andere Firmen experimentierten mit dieser Technologie, so die Firma Idera.

Impfung: Forscher der University of New Mexico und den National Institutes of Health der USA impften Mäuse und Affen mit einem Impfstoff auf der Basis von Virus-ähnlichen Partikeln (VLP), der gegen die LDL-Rezeptor-Bindungsdomaine des PCSK9 gerichtet ist. Er hemmt die PCSK9-Bindung an den  LDL-Rezeptor und hindert so dessen Abbau. Besonders wirksam erwies sich die Impfung zusammen mit Statinen, war aber auch allein sehr effektiv (4,5).

Weitere gegen PCSK9 gerichtete Therapieformen befinden sich ebenfalls in zumeist präklinischer Entwicklung. Wann oder ob diese je zu Medikamenten führen werden, bleibt abzuwarten.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Ulrike Schatz: Odyssey Escape-Studie: unter dem PCSK9-Hemmer Alirocumab konnte die LDL-Apherese bei ca. zwei Drittel der Patienten abgesetzt werden.
DGE-Blogbeitrag vom 5. September 2016

(2) Cristina S. J. Rocha et al.: RNA therapeutics inactivate PCSK9 by inducing a unique intracellular retention form.
J. Molec. Cell. Cardiol. 2015. 82:186-193

(3) K. Fitzgerald et al.: Effect of an RNA interference drug on the synthesis of proprotein convertase subtilisin/kexin type 9 (PCSK9) and the concentration of serum LDL cholesterol in healthy volunteers: a randomized, single-blind, placebo-controlled, phase 1 trial.
Lancet 2014. 383: 60-68

(4) E.Crossey et al.: A cholesterol-lowering VLP vaccine that targets PCSK9.
Vaccine 2015. 33(43): 5747-5755

(5) M. Amar et al: Cholesterol-fighting vaccine targeting PCSK9
www.flintbox.com/public/project/29084

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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Eine Antwort auf PCSK9-Hemmung statt durch Antikörper mit siRNA-Technologie oder durch Impfung

  1. Helmut Schatz sagt:

    In diesem Zusammenhang ist von Interesse, dass Pfizer die Weiterentwicklung seines immunologischen PCSK9-Hemmes Bococizumab eingestellt hat, und auch alle laufenden Studien. Als Begründung wird angeführt, die Wirkung sei im Vergleich zu Praluent und Repatha zu schwach und es zu vermehren immunologischen und anderen unerwünschten Reaktionen gekommen sei, möglicherweise weil es ein humanisierter und kein vollhumaner Antikörper war . Seitens der Hersteller der beiden anderen PCSK9-Antikörper wird mitgeteilt, dass diese unerwünschten Reaktionen kein Klasseneffekt seien.

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