Ein neuerliches Argument für das intraoperatives Monitoring des Nervus recurrens
Bochum, 16. November 2024:
Auf dem Jahrestreffen der Amerikanischen Akademie für Otolaryngologie – Kopf- und Halschirurgie in Miami Beach, Florida von 28. September bis 1. Oktober 2024 wurden von Ryland Spencer et al. die Ergebnisse der Auswertung der Datenbank des National Surgery Surgical Quality Improvement Program von 2017 – 2021 bei 31.605 Erwachsenen über die Assoziation zwischen Schädigungen des Stimmnerven (Nervus recurrens) mit peri- intra- und postoperativen Faktoren vorgetragen (1).
Von den untersuchten 18 perioperativen Faktoren (Indikationsstellung, Stadien, Knoten, Histologie der Biopsien, Neoplasmen, deren T- und M-Stadium Multilokularität u.a.) waren alle mit einem erhöhten Risiko einer Schädigung des N.recurrens assoziiert, am stärksten bei Hyperthyreose, Krebs und dessen M-Stadium . Von den intraoperativen Faktoren war es die Neck dissection, die signifikant mit einer Schädigung oder Dysfunktion des Stimmnerven assoziiert war (OR, 1.31). Unter den verfügbaren postoperativen Faktoren waren alle Assoziationen mit postoperativen Hypokalzämien einschließlich klinischer schwerer Fälle, Hämatomen und Blutungen am Hals und Halsdrainagen signifikant (alle p<0.00001).
Die Autoren betonen, dass aufgrund des Studiendesigns jedoch keine Schlußfolgerungen über eine Kausalität möglich waren. Obwohl sie nur Assoziationen gefunden hätten, müsse man aber aufgrund der Daten insbesondere bei aggressiveren Krebsformen mit den Patienten das erhöhte Risiko einer Nervenschädigung besprechen.
Kommentar
Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung an mehreren Hochschulorten in Österreich und Deutschland kann ich nur sagen, das an den Zentren, an denen ich tätig war, eine Schädigung des Nervus recurrens bei Schilddrüsenoperationen gleich welcher Art meist recht selten vorkam, bei „schweren“ Indikationen allerdings häufiger. Aber auch bei „üblichen“ Kropfoperationen musste ich feststellen, dass Recurrensschädigungen an den über das Land verteilten Operationsstätten oft wesentlich häufiger waren, zum Teil auch noch nach meiner Emeritierung während meiner Tätigkeit als in Bochum niedergelassener Endokrinologie bis Ende 2021 . An den Zentren freilich wurde schon lange, auch bei „normalen“ Schilddrüsenoperationen, routinemäßig ein Monitoring des Nervus recurrens – mit gutem Erfolg – eingesetzt.
Dies kann auch als Argument dafür gesehen werden, dass sich in Deutschland, wie jetzt gerade hochaktuell, die Krankenhäuser/Kliniken mehr als bisher auf bestimmte Indikationen spezialisieren sollten. Ich hatte während meiner gesamten klinischen und praktischen Tätigkeit meinen Patienten empfohlen, sich nicht gerade in ihrem nächstgelegenen Krankenhaus an der Schilddrüse operieren zu lassen, sondern ein dafür spezialisiertes Haus aufzusuchen.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Ryland Spence et al., Brown University, Providence, Rhode Island): Abstract Volume, Annual Meeting 2024, American Academy of Otolaryngology – Head- and Neck Surgery
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