Vorsicht auch bei anderen Medikamenten
Bochum, 12. Mai 2025:
Im JAMA Int. Med. (1) und im J. Am. Pharm. Ass. (2) erschienen zwei Fallberichte von Adipösen, die unter Tirzepatid (-36 kg, Lit.1) und Semaglutid (- 10.5 kg, Lit. 2) kräftig an Gewicht verloren hatten, und ihre Schilddrüsenhormondosis (beide tgl. 200 mcg Levothyroxin) beibehalten hatten. Bei den zwei Patienten kam es zu einem TSH-Abfall. Beim 1. Patienten unter Tirzepatid (Lit.1) traten Symptome auf, weshalb er die Notfallaufnahme aufsuchte: Palpitationen, Schwitzen, Verwirrtheit. Fieber, Tremor sowie Vorhofflimmern. Es wurde eine manifeste Hyperthyreose diagnostiziert. Der Patient hatte den Termin zur Kontrolluntersuchung 1 Monat nach Therapiebeginn mit Tirzepatid nicht wahrgenommen. Bei der 2. Person, einer Patientin unter Semaglutid, die wegen einer Thyreoidektomie auch 200 mcg Levothyroxin erhalten hatte, trat ebenfalls ein TSH-Abfall sowie ein Anstieg des freien Thyroxins auf. Das TSH normalisierte sich bei ihr nach Reduktion des Levothyroxins auf tgl. 150 mcg.
Auch zu Personen ohne Schilddrüsenerkrankungen gibt es kleinere Studien unter GLP-1-Agonisten mit TSH- Abfall sowie drei prospektive Untersuchungen mit Exenatid (Bydureon, Byetta) und eine retrospektive Studie unter Liraglutid (Victoza, Saxenda).
Deren Ergebnisse bezüglich eines TSH-Abfalls sind uneinheitlich.
In einer Metaanalyse randomisierter Studien mit einer Dauer von mindestens 24 Wochen wurde kein signifikant erhöhtes Hyperthyreose-Risiko unter diesen geprüften Pharmaka gefunden, bei allerdings einer nur kleinen Zahl von Ereignissen (3).
Als eine mögliche Ursache wird neben dem Gewichtsverlust ein direkter Effekt von GLP-1-Agonisten auf den Hypothalamus diskutiert, von wo aus die TSH-Sekretion geregelt wird. Auch die verzögerte Magenentleerung unter GLP-1-Agonisten könnte eine Rolle spielen.
Diese muss bei der Behandlung mit anderen Pharmaka als den GLP-1-Agonisten ebenfalls beachtet und kontrolliert werden: Außer Levothyroxin gilt dies auch für Antikoagulanzien, Antiepileptica, bestimmte Antibiotika wie Gentamycin und auch Insulin.
Helmut Schatz, Bochum
Literatur:
(1) Karkus K.E. et al.: JAMA Int. Med.2024; 184: 1246-1247
(2) Wilcox L., van Dril E.J.: J. Am. Pharm. Assoc. 2024; 64: 102185
(3) Hu,W. et al.: Front. Endocrinol. 2022: 13: 927859
Konnen GLP-1 Analoga, durch die Reduktion der Schilddrüsenentzündung, zum Beispiel bei Hashimoto, die Hormonproduktion verbessern und so die Substitutionsdosis reduzieren?…Gibt es Forschung in dieser Richtung?
Kann ich nur bestätigen, lieber Herr Schatz! Habe auch einige Patienten gesehen, bei denen LT4 reduziert werden konnte, zum Glück noch, bevor die hier beschriebenen Nebenwirkungen auftraten.
Eine 51 jährige Pat. mit morbider Adipositas hat nach ca 2 Jahren Therapie mit Semaglutid einen massiven M. Basedow mit EO (CAS 4-5) entwickelt. Hochdosierte Cortison Stoss Therapie (Kahaly Schema) und 12 Monate Thiamazol Therapie führten zu einer kompletten Remission, die bis jetzt (2 Jahre nach Therapie Ende) anhält. Die Therapie mit Semaglutid wurde auf Wunsch der Patientin durchgehend beibehalten.
Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
# Corlan Ana Silvia: Mir sind keine Forschungen darüber bekannt. Ich meine aber, dass man die T4-Substitutionsdosis nicht reduzieren müsste, wenn ein nichtadipöser Hashi-Patient GLP1-RA nähme, um seine autoimmunologisch erkrankte Schilddtüse zu vermèhrter Hormonproduktion anzuregen.