Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Schilddrüsenoperation bei Basedow-Hyperthyreose: Langzeitergebnisse nach subtotaler und totaler Schilddrüsenentfernung


In Deutschland wird bei einer Autoimmunhyperthyreose (Morbus Basedow/Graves disease) schon seit langem die operative Entfernung praktisch der gesamten Schilddrüse empfohlen und praktiziert („near total thyroidectomy“). Bei der früher auch hier meist geübten subtotalen Thyreoidektomie, bei der kleine Schilddrüsenreste stehengelassen wurden, war es nämlich häufig zu einem Wiederauftreten der Schilddrüsenüberfunktion gekommen. Jetzt wurde eine randomisierte Studie über 5 Jahre an je knapp 100 Basedow-Patienten publiziert (1). Ein Hyperthyreoserezidiv wurde mit der subtotalen Technik bei 9 der 95 Patienten beobachtet, mit der totalen Thyreoidektomie bei keinem einzigen der 96 Patienten in dieser Gruppe (p=0.002). Die entsprechenden Zahlen für die Komplikationen betrugen: Für eine permanente Kalziumerniedrigung im Blut zufolge Entfernung der Nebenschilddrüsen bei keinem der 95 subtotal operierten und 1 von 96 total operierten, für eine dauerhafte Stimmbandschädigung bei 2 der subtotal und 1 der total thyreoidektomierten Patienten.

Bei einer Autoimmunhyperthyreose Basedow/Graves bestehen typischerweise Augenveränderungen, vom Sanitätsrat Dr. Basedow in Merseburg vor >150 Jahren anschaulich als „Glotzaugen“ beschrieben. Daher war es von Interesse, dass kein signifikanter Unterschied in der Verschlechterung der Augen zwischen den beiden Operationstechniken beobachtet wurde. Von etlichen Autoren war nämlich schon vor Jahrzehnten die totale Thyreoidektomie wegen dieser Augenmitbeteiligung bevorzugt worden, da man meinte, mit der kompletten Entfernung des Schilddrüsengewebes auch die Immunprozesse am Auge zum Stillstand zu bringen und die Augensituation zu stabilisieren oder zu bessern. Dies ist offenbar auch hier nicht der Fall.

Insgesamt bestätigen diese neuen Resultate das in Deutschland empfohlene operative Vorgehen bei einer Basedow-Hyperthyreose, nämlich die totale Thyreoidektomie, weil sie die Überfunktion dauerhaft beseitigt. Freilich muß sie durch besonders erfahrene Schilddrüsenchirurgen erfolgen, damit es nicht zu den gefürchteten Komplikationen von Nebenschilddrüsenentfernung und Stimmbandverletzung kommt. In der Hand von spezialisierten Chirurgen besteht nämlich kein Unterschied zwischen beiden Techniken, wohl aber bei weniger geübten.

In einem DGE-Blog-Beitrag vom 26. April 2012 wurde eine Arbeit besprochen, die an 5 Zentren in Frankreich mit 28 verschiedenen Operateuren höhere Raten an Komplikationen nach totaler Thyreoidektomie gefunden hatte, wobei die günstigsten Ergebnisse von Chirurgen mit einer Berufserfahrung von 5-20 Jahren erzielt wurden. (2).

Literatur:
(1) M. Barczynski et al., Randomized Clinical Trial of Bilateral Subtotal Thyroidectomy Versus Total Thyroidectomy for Graves` Disease With a 5-Year Follow-Up.
Brit J Surg 2012; 99:515-52
(2) DGE-Blog-Beitrag vom 26. April 2012

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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