Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Glücksgefühle nach Einreiben eines Schokolade-Mönchspfeffer-Extraktes unter die Nase


Bochum, 5. August 2021:

Vor etwa 2 Wochen kam ein RTL-Fernsehteam zu mir an die Klinik und wollte meine Meinung zu einem „Schokoladebalsam“ hören, der, eingerieben unter die Nase, Glücksgefühle wie nach Schokoladegenuss hervorrufen soll, ohne Schokolade zu essen. Im Internet ist zu diesem „Yabbaduu Happy Skin Balm“ von zwei deutschen Jungunternehmern zu lesen: „RIECH DICH GLÜCKLICH!“,  mit dem Versprechen von guter Laune, Glücksgefühlen und positiver Energie. Als Erklärung bieten sie an:  „Yabbaduu Happy Skin Balm aktiviert durch die Nase die Glückshormone Dopamin und Endorphin im Gehirn“.

Bei dem Fernseh-Interview erklärte ich,  unter anderem, dass über die Nasenschleimhaut Hormone wie Insulin oder auch Oxitocin (das „Vertrauens“- oder „Kuschel-Hormon“) direkt ins Gehirn gelangen können, und dies möglicherweise auch für Dopamin  und Endorphin zutreffen könnte.

Dass die beiden Jungunternehmer Fabian List  und sein Bruder  zum Schokoladeextrakt auch Auszüge aus dem Mönchspfeffer mischten, interessierte mich, da ich von Mönchspfeffer nicht sehr viel wusste, außer dass dieser Lippenblütler (siehe Abbildung) bei uns in Europa heimisch ist.

Seine Fruchtperlen sollen im Mittelalter von Mönchen und Nonnen zur Eindämmung der Libido genutzt worden sein. Umgangssprachlich bezeichnete man daher  den Mönchspfeffer auch als Keuschbaum, in Anlehnung an seinen lateinischen Namen Vitex agnus-castus auch als Keusch-lamm, oder als Liebfrauenbettstroh. Die Früchte dienten des weiteren als billiger Ersatz für den damals sehr teuren Pfeffer aus Indien.

Das Internet ist heute voll von Präparaten mit Mönchspfeffer als einer “Heilpflanze“. Klicken Sie doch einmal bei Google „Mönchspfeffer“ an. Wahrscheinlich werden viele von Ihnen ebenso erstaunt sein wie ich, was es da alles gibt. Präparate werden angeboten für Anomalien des weiblichen Zyklus, Spannungsgefühl der weiblichen Brust (Mastodynie), prämenstruellen Beschwerden, Unfruchtbarkeit, Wechselbeschwerden u.v. a. . Bei Männern wird Mönchspfeffer bei Entzündungen von Hoden und Prostata empfohlen. Als Wirkungsmechanismus werden mehrere Bestandteile genannt wie ätherische Öle, Linolsäure, Iridoidglykoside, Triglyceride und Flavonide. Mönchspfeffer soll auch „regulierend auf den Dopaminspiegel“ wirken. Dies ist wohl mit ein Grund, warum die Gebrüder List  Mönchspfeffer-Extrakt zu ihrem „Glücksbalsam“ dazumischen. Dopamin hemmt, allen Endokrinologen und Ärzten wohlbekannt,  die Prolaktin-Sekretion . Dies mag als Erklärung für die postulierte Wirkung bei Frauenleiden herangezogen werden, da bei gynäkologischen Störungen der Prolaktinspiegel des öfteren erhöht gefunden wird. Von Gynäkologinnen und Gynäkologen sollen diese Präparate oft gegeben werden. Mönchspfeffer soll aber auch den Antrieb und die Motivation steigern und Stimmungsstörungen bessern.

Ich gebe hier wieder, was ich frisch gelesen habe, als ich Informationen über den Mönchspfeffer suchte. Bitte kommentieren, korrigieren oder ergänzen Sie, liebe Leser. Wenn Sie eigene Erfahrungen als Arzt oder Patient mit Mönchspfeffer-Präparaten haben, so berichten Sie bitte darüber.

Die Jungunternehmer wollen mir demnächst Proben ihres Happy Skin Balm zusenden. Ich bin gespannt, ob sich nach Einreiben unter die Nase die versprochenen positiven Wirkungen bei mir zeigen werden: Gute Laune, Glücksgefühle und positive Energie.

Helmut Schatz

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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5 Antworten auf Glücksgefühle nach Einreiben eines Schokolade-Mönchspfeffer-Extraktes unter die Nase

  1. Johannes W. Dietrich sagt:

    Mönchspfeffer (Vitex agnus castus) wird ja immer wieder für die Behandlung des PCO-Syndroms empfohlen. Eine Untersuchung aus dem Iran konnte tatsächlich bei Ratten eine Normalisierung der dysregulierten Hormonspiegel durch Agnus castus beobachten:

    Feyzollahi Z, Mohseni Kouchesfehani H, Jalali H, Eslimi-Esfahani D, Sheikh Hosseini A. Effect of Vitex agnus-castus ethanolic extract on hypothalamic KISS-1 gene expression in a rat model of polycystic ovary syndrome. Avicenna J Phytomed. 2021 May-Jun;11(3):292-301. PMID: 34046325; PMCID: PMC8140208.
    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34046325/

    Leider ist das aber beim Menschen noch eine „Understudied drug“ (im Sinne der wissenschaftlichen Evidenz).

  2. Helmut Schatz sagt:

    Jetzt habe ich den Balsam erhalten und unter die Nase eingerieben. Der Schokoladegeruch war sehr angenehm und hielt 1-2 Stunden an. Ob ich „glücklicher und energiegeladener“ war? Es war jedenfalls positiv. Was bei der Ausstrahlung des Fernsehinterviews weggelassen wurde: Meine Aussage, dass man beim Essen, auch von Schokolade wie überhaupt von allem, nur süß, sauer, salzig und bitter schmecken kann, und noch umami sowie neuestens erkannt als 6. Geschmacksqualität fettsäurereich. ALLES ANDERE RIECHT MAN ! Halten Sie sich einmal die Nase zu, Sie können dann ein Wiener Schnitzel kaum von einem Fisch, oder einen Himbeersaft von einem Mangosaft unterscheiden.

  3. Helmut Schatz sagt:

    Beobachtung nach einigen Tagen: Anfangs ein sehr angenehmes Gefühl nach dem Einreiben, das allerdings dann etwas umschlug. Offenbar ist es wie bei Vielem, was man ißt: (Zu) Oft immer dasselbe will man nicht. Frage an die Jungunternehmer: Können Sie etwas Abwechslung in Ihr „Glücksbalsam-Menü“ bringen?

  4. Fabian List sagt:

    Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schatz,

    zunächst einmal bedanken wir uns recht herzlich für Ihre Unterstützung und die geteilten Erkenntnisse.

    Uns liegen bereits einige Erfahrungsberichte zu den angesprochenen Themen wie Häufigkeit der Anwendung und der Wahrnehmung von Glücksgefühlen von diversen Testern und Kunden vor. Einige Kunden benutzen Yabbaduu mehrmals täglich. Viele Kunden verbinden die Anwendung von Yabbaduu mit einer im Alltag integrierten Gewohnheit wie z.B. „Die Tasse Kaffee am Nachmittag“ oder „Abends auf der Couch anstatt das Stück Schokolade“. Aus dem bereits von Ihnen angesprochenen Grund der „Entwöhnung“ durch zu häufige Anwendung, sollte jeder Kunde seinen persönlichen Rhythmus finden, um langfristig die Vorteile des Produktes genießen zu können.
    Wir als Team Yabbaduu arbeiten bereits an weiteren Variationen um unseren Kunden Abwechslung und Vielfalt zu bieten. Es gibt eine Menge spannender Inhaltsstoffe die man für das Wohl des Menschen nutzen kann…

  5. Petra Plaum sagt:

    Fast jede Frau mit unerfülltem Kinderwunsch und unregelmäßigem Zyklus, PMS und/oder Wechseljahresbeschwerden kennt den Mönchspfeffer, liebevoll MöPF abgekürzt. Gynäkologinnen und Hebammen, aber auch Heilpraktiker empfehlen ihn rege und Nebenwirkungen halten sich in Grenzen. Ich (Medizinjournalistin) kenne einige Kinder, die erst nach mehrmonatiger MöPF-Einnahme ihrer Mütter „auf den Weg gebracht“ wurden. Placeboeffekt oder nicht … es ist beeindruckend. Gleichzeitig wird Mönchspfeffer traditionell angewandt, um die Lust des Mannes zu steigern oder zu dämpfen; das hängt von der Dosis ab. Nun wäre interessant, zu wissen, ob das Produkt entsprechende Auswirkungen auf Männer wie Frauen hat.

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