Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss für medizinische Themen.

Schwangerschaftshormon HCG zur Gewichtsabnahme?


Am 7. Juli 2012 berichtete die BILD-Zeitung, dass Jessica Schwarz für den Film „Heiter bis wolkig“, in welchem sie eine krebskranke junge Frau zu spielen hat, mit der momentan auch in Holywood wieder hochaktuellen „HCG-Kur“ in 6 Wochen 8 kg abgenommen habe. Als Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie wurde ich um eine Stellungnahme dazu gebeten. Mein negativer Kommentar dazu ist heute in der Bild-Zeitung zu lesen, zusammen mit positiven Berichten von deutschen Ärzten, die in ihrer Praxis HCG-Behandlungen bei Übergewichtigen durchführen.

Die Anwendung von humanem Choriogonadotropin (HCG) während 4-6 Wochen, gleichzeitig mit einer strengen Kalorienreduktion auf 500 kcal täglich, geht auf den britischen Arzt A.T.W. Simeon zurück, die er im Jahre 1954 publizierte (1). Unter der hypokalorischen Diät war der Gewichtsverlust ohne oder mit zusätzlichem HCG, 125 IU/Tag i.m zwar nicht unterschiedlich, aber mit HCG sei der Fettverlust vorwiegend an Hüften, Bauch und Oberschenkeln lokalisiert gewesen. Auch sei das Hungergefühl tolerabler bis kaum vorhanden und man fühle sich dabei unverändert wohl. Seither wurde und wird dieses auch „cura romana“ genannte Verfahren immer wieder angewandt. Im Internet findet man heute zahlreiche Ankündigungen, sogar von „homöopathischen HCG-Tropfen“. Schon im Jahre 1987 publizierte die Arbeitsgruppe von Runnebaum (2) eine sorgfältige Analyse der damals vorliegenden Studien, darunter auch eine seiner eigenen Gruppe aus dem Jahre 1981. In den Schlußfolgerungen wurde betont, dass weiterhin die Stellungnahme der deutschen Kommission für Steroidtoxikologie gelte, HCH bei Gewichtsabnahme nicht anzuwenden. Über Anregung der niederländischen Gesundheitsbehörden erstellten Frau Lijesen und Mitarbeiter im Jahre 1995 eine Metaanalyse über 8 kontrollierte und 16 unkontrollierte Studien und kamen zu dem Schluß, dass dass es keine wissenschaftliche Evidenz für einen Nutzen von HCG bei der Gewichtsabnahme gebe, insbesondere nicht für eine Fettumverteilung, eine Reduktion des Hungergefühls oder allgemeines Wohlbefinden (3).

Angesichts dieser recht eindeutigen wissenschaftlichen Evidenzlage rät die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie von einem HCG-Einsatz bei Übergewicht zusätzlich zu einer hypokalorischen Kost ab, zumal auch Nebenwirkungen wie Regelstörungen und Haarausfall bis hin zu Thrombosen und Wachstumsprogression schon bestehender Tumore möglich erscheinen.

Literatur:
(1) A.T.W. Simeon: The action of chorionic gonadotropin in the obese. current date time Lancet 1954, ii, 946-947
(2) T. Rabe, S. Richter, L .Kiesel, B. Runnebaum: Risk-benefit-analysis of a hCG-500 kcal reducing diet (cura romana) in females. Geburtshilfe Frauenheilkd 1987. 47: 297-307
(3) G.K. Lijesen, I. Theeuven, W.J.Assendelft, G. Vad Der Wal: The effect of human chorionic gonadotropin (HCG) in the treatment of obesity by means of the Simeons therapy: a criteria-based meta-analysis

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , verschlagwortet. Permalink.

Mit dem Absenden des Formulars erklären Sie sich mit der Verarbeitung der übermittelten Daten einverstanden. Details hierzu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.