Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Langsamer essen und vor jeder Mahlzeit einen halben Liter Wasser trinken: So könnten Sie abnehmen!


Bochum, 16. Januar 2015:

Im November 2014 erschien in „Clinical Endocrinology“ ein Bericht, dass nach 40 min Essensdauer der thermogenetische Effekt der Nahrungsaufnahme, also die Energieabstrahlung über den Körper signifikant höher war als nach 10 minütigem Essen der gleichen Mahlzeit (1). Nach einer zweiten Arbeit, ebenfalls 2014 erschienen, fanden sich nach 8 Wochen eine stärkere Gewichtsabnahme, einen niedrigeren Body Mass Index (BMI), eine geringere Fettmasse und einen niedrigeren Appetit-Score, wenn 30 min vor dem Frühstück, dem Mittag- und dem Abendessen je ½ Liter Wasser getrunken wurde (2).

In der 1. Arbeit wurden 10 übergewichtige, normoglykämische, prämenopausale Frauen (Kaukasierinnen) untersucht, die einer Ganzkörper-Kalorimetrie für 8 Stunden an zwei verschiedenen Tagen unterzogen wurden. Nach einem Standard-Mittagessen, eingenommen während 40 oder 10 min wurde postprandial nach 4 Stunden analysiert. Der thermische Effekt nach der Nahrungsaufnahme betrug bei 40 min 80,9 kcal, bei 10 min 29.9 kcal, das sind 10.6% gegenüber 3.9 % der mit dem Essen aufgenommenen Kalorien (p= 0.006). Bei 40 min waren der postprandiale Anstieg der freien Fettsäuren geringer und die Adiponektin-Spiegel höher als bei 10 min.

In der 2. Arbeit hatten 50 übergewichtige Frauen während 8 Wochen jeweils ½ Stunde vor den 3 Hauptmahlzeiten ½ Liter Wasser über ihren üblichen Tagesbedarf hinaus zu trinken. Nach 8 Wochen waren unter diesem Regimen alle Parameter niedriger. So war das Körpergewicht von anfangs 65.8 kg auf 64.4 kg zurückgegangen (p<0.01), die Hautfaltendicke von 79,6mm auf 77,5 mm (p<0.01). Kommentar

Beide Studien liefern experimentelle Daten für Ratschläge, welche schon lange zur Abnahme, oder zumindest zur Verhinderung einer Zunahme des Gewichts von vielen gegeben wurden. Der Kommentator selbst hat sich im letzten Jahr als Mediensprecher nach seinen Kurzberichten zum Übergewicht im DGE-Blog (3) gegenüber Anfragen der Laienpresse zu äußern gehabt. Er empfahl (als Expertenmeinung, = „Evidenzklasse IV“), mindestens 20 min lang zu essen und dabei jeden Bissen mindestens 20x zu kauen. Plakativ meinte er, dass „Fast Food“ (auch) in diesem Sinne schädlich sei: Man esse die Burgers und Pommes zu schnell. Die neue S3-Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft hat übrigens betont, dass es die Gesamtkalorienzahl und nicht die Zusammensetzung der Nahrung sei, auf die man zu achten habe (3).

Und den Rat, vor jeder Mahlzeit kräftig Wasser zu trinken, gab dem Kommentator ein chirurgischer Kollege als ein an sich selbst („n=1“) erprobtes Mittel, um nicht an Gewicht zuzunehmen. Dies sei, wie er sagte, das Schicksal vieler seiner Fachkollegen, wohl bedingt durch zu reichliches Essen nach stressreichen Arbeitstagen.

Das langsame Essen mag unter standardisierten Bedingungen günstig sein. Ob es im Alltag freilich auch wirksam ist, bezweifelt der Kommentator leise. Es bedarf gewiß einer großen Selbstdisziplin, 40 min lang bei Tisch zu sitzen und dabei nicht mehr als geplant zu essen, wenn in einer Tischrunde unterschiedlich viel und verschieden schnell gegessen wird. Das Wassertrinken funktioniert aber recht gut.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Narendra Reddy et al.: Enhanced thermic effect of food, postprandial NEFA suppression and raised adiponectin in obese women who eat slowly.
Clin. Endocrinology online 2014.
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cen.12652/abstract

(2) Vinu Ashok Kumar, Anjali S Joshi: Effect of excessive water intake on body weight, body mass index, body fat, and appetite in overweight female participants.
J. Nat. Sc. Biol. Med. 2014; 5:340-344.
http://www.jnsbm.org/text.asp?2014/5/2/340/136180

(3) Helmut Schatz: Adipositas-Leitlinie 2014: Gesamtkalorienzahl der Reduktionskost entscheidend, nicht deren Zusammensetzung. Adipositas als Erkrankung definiert.
DGE-Blogbeitrag vom 4. Juli 2014

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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