Bochum, 1. Dezember 2016:
Bei meinen Recherchen zum Eid des Hippokrates, der in der einen oder anderen Form in den USA, nicht aber in Deutschland bei Abschluss des Medizinstudiums meist zu leisten ist (1), suchte ich die Unterlagen meiner Promotion an der Karl-Franzens-Universität in Graz im Jahre 1964 heraus: Der Promotor hatte mir in der Aula den Text des Eides in lateinischer Sprache vorgelesen und ich musste, die zwei Schwurfinger der rechten Hand auf das Universitätsszepter haltend, die Schwurformel, ebenfalls in lateinischer Sprache sprechen: „Spondeo ac polliceor“. Dies wird in Österreich auch heute so gehandhabt, mit nur geringen Änderungen und Anpassungen des Textes an den einzelnen Universitäten und Fakultäten.
Auszug aus der österreichischen Promotionsordnung, die für alle Promotionen, egal welcher Fachrichtung gilt:
Der Promotor verliest die Gelöbnisformel, fast immer in lateinischer Sprache:
„Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben Ihr Studium gemäß den geltenden Vorschriften abgeschlossen, die vorgeschriebenen Prüfungen abgelegt und die geforderten schriftlichen Arbeiten verfasst. Sie haben ersucht, die Verleihung des akademischen Grades in feierlicher Form zu bestätigen. Sie werden nun eingeladen zu versprechen, sich stets so zu verhalten, wie es Ihre akademische Ausbildung gebietet.
Sie wollen also versprechen: Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie erworben haben, zu pflegen und ständig durch Fortbildung zu erweitern und zu verbessern, der Wissenschaft zu dienen, deren Ziele zu fördern und dadurch verantwortlich zur Lösung der Probleme der menschlichen Gesellschaft und deren gedeihlicher Weiterentwicklung beizutragen, nach Wahrheit zu streben und wissenschaftliche Erkenntnisse nicht zu unterdrücken oder zu verfälschen, Ihr Wissen und Können zum Wohle der Menschen, ohne Ansehung der Person einzusetzen, die Menschenwürde und die Menschenrechte stets zu achten, Ihre beruflichen Pflichten mit gleicher Menschlichkeit gegen alle auszuüben und weder eigenen Schwächen noch äußerem Druck oder Drohung nachzugeben, der ,Universität´ in Treue verbunden zu bleiben und sich des verliehenen akademischen Grades in Leben und Beruf würdig zu erweisen. Sind Sie bereit, dies nach bestem Wissen und Gewissen zu versprechen?“
Nun tritt der Pedell auf die Kandidatin/Kandidaten zu. Man legt die Schwurfinger der rechten Hand auf das Fakultätszepter und leistet das Gelöbnis mit den lateinischen Worten:
„Spondeo ac polliceor“ („Ich gelobe und verspreche es.“)
Kommentar
Auch bei Medizinern: kein Wort über Apollo oder Hippokrates.
Literatur
(1) Helmut Schatz: Hat der Eid des Hippokrates heute noch eine Bedeutung?
Blogbeitrag vom 28.11.2016
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