Varianten und/oder Störungen der Geschlechtsentwicklung sind relativ selten in Deutschland. Pro Jahr kommen etwa 150 Kinder mit nicht eindeutigem biologischen Geschlecht auf die Welt, sie lassen sich nicht zweifelsfrei den Kategorien „männlich“ oder „weiblich“ zuordnen. In der internationalen wissenschaftlichen Literatur werden seit 2006 diese Varianten/Störungen unter dem Begriff „Disorders (von den Betroffenen auch als „Differences“) of Sex Development (DSD)“ zusammengefasst. DSD sind vielfältig und ihre Behandlung erfordert eine spezielle medizinische Kompetenz. Medizinische Maßnahmen bei DSD berühren grundlegende, die Person in ihrem Wesenskern betreffende Eigenschaften. Aber es geht nicht nur um „biologische Aspekte“. Es geht auch um psychologische, soziale und kulturelle Fragen. Unter dem Schlagwort „Intersexualität“ wurden DSD in den vergangenen Jahren intensiv in den Medien diskutiert. Auch die DGE hat in mehreren Beiträgen darüber berichtet.(1,2)
Diese Kontroverse hat viel Verunsicherung geschaffen, nicht nur bei den Betroffenen und ihren Eltern, auch bei Medizinern. Ohne die ethischen, psychosozialen, rechtlichen und medizinischen Aspekte lässt sich das Thema nicht angemessen beleuchten.
Der interdisziplinäre Arbeitskreis des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, hat sich – unter Federführung von Prof. Dr. med. Dr. h. c. Eberhard Nieschlag – nun intensiv und kritisch mit dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft bei der Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit DSD auseinandergesetzt. Die Experten fordern unter anderem eine bessere Vernetzung und Kompatibilität der bestehenden Versorgungsangebote, eine Stärkung der Beratung sowie die Bildung von Kompetenzzentren.
Literatur:
(1) Helmut Schatz: Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur Intersexualität, Berlin 2012
DGE-Blogbeitrag vom 14. März 2012
(2) Helmut Schatz: Deutscher Bundestag debattiert als weltweit erstes Parlament über Verbot von Genitaloperationen bei Intersexualität
DGE-Blogbeitrag vom 16. Mai 2013
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